Return   Facebook   Zip File

The Kitáb-i-Aqdas

1

"IM NAMEN DES HÖCHSTEN HERRSCHERS ÜBER ALLES, WAS WAR, IST UND WAS SEIN WIRD!"

Die erste Pflicht, die Gott Seinen Dienern auferlegt, ist die Anerkennung dessen, der der Tagesanbruch Seiner Offenbarung, der Urquell Seiner Gesetze ist und Gott im Reiche Seiner Sache und in der Welt der Schöpfung vertritt. Wer diese Pflicht erfüllt, hat alles Gute erreicht, und wer dessen beraubt ist, geht in die Irre, hätte er auch alle gerechten Werke vollbracht. Wer diese höchst erhabene Stufe, diesen Gipfel überragender Herrlichkeit erreicht, muß jedem Gebot dessen folgen, der der Ersehnte der Welt ist. Beide Pflichten sind untrennbar, und nur die Erfüllung beider wird angenommen. So wurde es von Ihm, dem Quell göttlicher Eingebung, verfügt. (sa.ÄL 155/1)

2

Wem Gott Einsicht gegeben, der wird leicht erkennen, daß Gottes Gesetz das beste Mittel ist, die Ordnung in der Welt zu erhalten und die Sicherheit ihrer Völker zu bewahren. Wer sich von ihm abwendet, zählt zu den Niedriggesinnten und Toren. Wir haben euch wahrlich geboten, euren üblen Leidenschaften und verderbten Neigungen den Befehl zu verweigern und nicht die Grenzen zu überschreiten, die die Feder des Höchsten gesetzt hat, denn diese Grenzen sind der Lebensodem für alles Erschaffene. Die Meere göttlicher Weisheit und göttlicher Rede wogen hoch im Windhauch des Allbarmherzigen. Eilt, euch satt zu trinken, o ihr Verständigen! Wer Gottes Bund verletzt, indem er Seine Gebote übertritt, wer auf dem Absatz kehrtmacht, hat sich vor Gott, dem Allbesitzenden, dem Höchsten, schmerzlich geirrt. (sa.ÄL 155/2)

3

O ihr Völker der Welt! Wisset mit Gewißheit, daß Meine Gebote die Lampen Meiner liebevollen Vorsehung unter Meinen Dienern und die Schlüssel Meiner Gnade für Meine Geschöpfe sind. So ist es aus dem Himmel des Willens eures Herrn, des Herrn der Offenbarung, herabgesandt. Sollte ein Mensch die Süße der Worte kosten, welche die Lippen des Allbarmherzigen zu äußern beliebten, und wären die Schätze der Erde in seinem Besitz, so würde er sie allesamt aufgeben, um die Wahrheit auch nur eines Seiner Gebote zu verteidigen, die über dem Morgen Seiner gnädigen Fürsorge und Güte leuchten. (sa.ÄL 155/3)

4

Sprich: Aus Meinen Gesetzen strömt der süße Duft Meines Gewandes¹, und mit ihrer Hilfe werden die Banner des Sieges auf den höchsten Höhen gehißt. Die Zunge Meiner Macht hat aus dem Himmel Meiner allmächtigen Herrlichkeit diese Worte an Meine Schöpfung gerichtet: "Haltet Meine Gebote aus Liebe zu Meiner Schönheit!" Glücklich der Liebende, der den göttlichen Duft seines Höchstgeliebten einatmet aus diesen Worten, erfüllt mit dem Wohlgeruch einer Gnade, die keine Zunge beschreiben kann. Bei Meinem Leben! Wer den erlesenen Wein der Gerechtigkeit aus den Händen Meiner großmütigen Gunst trinkt, wird Meine Gebote, die vom Morgen Meiner Schöpfung leuchten, umkreisen. (sa.ÄL 155/4)

5

Wähnt nicht, Wir hätten euch nur ein Gesetzbuch offenbart. Nein, Wir haben den erlesenen Wein mit den Fingern der Macht und Kraft entsiegelt¹. Dafür zeugt, was die Feder der Offenbarung enthüllt hat. Denkt darüber nach, o ihr Einsichtsvollen! (sa.ÄL 155/5)

6

Wir verordneten euch ein Pflichtgebet mit neun Rak'ah¹, das Gott, dem Offenbarer der Verse, am Mittag, am Morgen und am Abend² darzubringen ist. Von einer größeren Zahl haben Wir euch befreit³, wie im Buche Gottes befohlen. Er ist wahrlich der Gebieter, der Allmächtige, der Unbeschränkte. Wollt ihr dieses Gebet verrichten, so wendet euch dem Hof Meiner hochheiligen Gegenwart zu, diesem geweihten Ort, von Gott zur Mitte gemacht, darum die Höchste Schar kreist, und zum Punkt der Anbetung für die Bewohner der Städte der Ewigkeit bestimmt, zum Quell des Befehls für alle im Himmel und auf Erden. Und wenn die Sonne der Wahrheit und der Rede untergeht, so wendet euer Angesicht dem Orte zu, den Wir euch bestimmt haben. Er ist wahrlich der Allmächtige, der Allwissende.¹

7

Alles Seiende ist auf Sein unwiderstehliches Geheiß ins Dasein getreten. Wenn Meine Gesetze wie die Sonne am Himmel Meiner Rede erscheinen, so müssen alle sie getreulich befolgen, selbst wenn Mein Gebot den Himmel einer jeden Religion spaltete. Er tut, was Ihm beliebt. Er wählt, und niemand darf Seine Wahl in Zweifel ziehen. Was Er, der Vielgeliebte, bestimmt, ist wahrlich geliebt. Dafür ist der Herr der ganzen Schöpfung Mein Zeuge. Wer den süßen Duft des Allbarmherzigen verspürt und den Quell dieser Rede erkennt, wird sehenden Auges die Pfeile des Feindes willkommen heißen, um die Wahrheit des Gottesgesetzes unter den Menschen aufzurichten. Wohl dem, der sich dorthin wendet und die Bedeutung Seines entscheidenden Gebotes erfaßt. (sa.ÄL 155/6)

8

Die Einzelheiten des Pflichtgebets haben Wir auf einer anderen Tafel¹ ausgeführt. Selig ist, wer befolgt, was ihm durch Ihn, den Herrscher über die ganze Menschheit, geboten ward. Im Totengebet sind von Gott, dem Offenbarer der Verse, sechs besondere Abschnitte herabgesandt²³. Einer, der des Lesens kundig ist, trage vor, was vor diesen Abschnitten offenbart ist. Wer dessen nicht mächtig ist, den hat Gott von dieser Pflicht befreit. Er ist in Wahrheit der Mächtige, der Vergebende.

9

Haar macht euer Gebet nicht ungültig, auch nichts, woraus der Geist gewichen ist, wie Knochen und dergleichen. Es steht euch frei, den Pelz des Zobels zu tragen, auch den des Bibers, des Eichhörnchens und anderer Tiere¹. Das Verbot beruht nicht auf dem Qur'án, sondern auf dem Irrtum der Geistlichen. Er ist wahrlich der Allherrliche, der Allwissende.

10

Wir haben euch geboten, vom Reifealter an zu beten und zu fasten. Dies ist von Gott, eurem Herrn und dem Herrn eurer Väter, befohlen. Als Gnade aus Seiner Gegenwart hat Er jene ausgenommen, die durch Krankheit oder Alter geschwächt sind Er ist der Vergebende, der Großmütige. Gott stellt euch frei, euch auf jeder Fläche niederzuwerfen, die rein ist. In dieser Hinsicht haben Wir die Beschränkung aufgehoben, die im Buche verzeichnet war. Gott hat fürwahr Wissen von dem, was ihr nicht kennt. Wer für die Waschung kein Wasser findet, spreche fünfmal die Worte: "Im Namen Gottes, des Reinsten, des Reinsten"; dann verrichte er sein Gebet. Dies gebietet der Herr aller Welten. In Gegenden, wo die Tage und Nächte lang werden, sind die Gebetszeiten durch Uhren und andere den Gang der Stunden anzeigende Instrumente zu bestimmen. Er ist wahrlich der Erklärende, der Weise.¹

11

Wir befreien euch von dem Gebet der Zeichen¹. Treten furchterregende Naturereignisse ein, so ruft euch die Macht und Majestät eures Herrn vor Augen - Er, der alles hört und sieht - und sprecht: "Die Größe ist Gottes, des Herrn des Sichtbaren und des Unsichtbaren, des Herrn der Schöpfung."

12

Es wurde geboten, daß jeder das Pflichtgebet für sich allein verrichtet. Mit Ausnahme des Totengebets ist das Gemeinschaftsgebet abgeschafft¹. Er ist in Wahrheit der Gesetzgeber, der Allweise.

13

Gott hat die Frau für die Dauer der Monatsregel vom Pflichtgebet und vom Fasten befreit¹. Statt dessen preise sie nach ihren Waschungen Gott, indem sie zwischen dem Mittag eines Tages und dem folgenden fünfundneunzigmal spricht: "Verherrlicht sei Gott, der Herr des Glanzes und der Schönheit." So ist es verordnet in dem Buche - gehörtet ihr doch zu denen, die begreifen!

14

Wenn ihr - ob Mann oder Frau - auf einer Reise an einem sicheren Ort rastet, dann werft euch für jedes versäumte Pflichtgebet einmal nieder¹ und sprecht dabei: "Verherrlicht sei Gott, der Herr der Macht und Majestät, der Gnade und der Großmut!" Wer hierzu außerstande ist, sage nur: "Verherrlicht sei Gott!"; das wird fürwahr genügen. Er ist in Wahrheit der allgenügende, der ewigseiende, der vergebende, der barmherzige Gott. Nach euren Prostrationen setzt euch - ob Mann oder Frau - mit gekreuzten Beinen nieder² und sprecht achtzehnmal: "Verherrlicht sei Gott, der Herr beider Reiche, der Erde und des Himmels!" So macht euch der Herr die Wege der Wahrheit und der Führung deutlich, Wege, die zu einem Weg führen, der dieser gerade Pfad ist. Danket Gott für diese Gunst und Gnade; lobpreiset Ihn für diese Gabenfülle, welche die Himmel und die Erde umfängt; verherrlicht Ihn für diese Barmherzigkeit, welche der ganzen Schöpfung vorausging.

15

Sprich: Gott hat Meine verborgene Liebe zum Schlüssel für den verborgenen Schatz gemacht¹ - würdet ihr es doch erkennen! Ohne den Schlüssel bliebe der Schatz in alle Ewigkeit verborgen - wolltet ihr es doch glauben! Sprich: Hier ist der Quell der Offenbarung, der Aufgangsort des Strahlenglanzes, dessen Helle die Horizonte der Welt erleuchtet. O daß ihr es doch verstündet! Dies ist wahrlich das feste Gebot, durch das alle unwiderruflichen Gebote fest gegründet sind.

16

O Feder des Höchsten! Sprich: O Volk der Welt! Wir haben euch für eine kurze Zeit das Fasten geboten und euch an dessen Ende Naw-Rúz als Fest bestimmt. So erstrahlte die Sonne der Rede über dem Horizont des Buches, wie es Er, der Herr des Anfangs und des Endes, geboten. Legt des Jahres überzählige Tage vor den Fastenmonat. Wir bestimmten, daß diese Tage und Nächte die Offenbarungen des Buchstabens Há seien; so werden sie nicht begrenzt vom Jahr und seinen Monaten. Das Volk Bahas sollte während dieser Tage sich, den Verwandten und auch den Armen und Bedürftigen Festmahle bereiten, den Herrn mit jubelnder Freude preisen und verherrlichen, Sein Lob singen und Seinen Namen erhöhen. Und wenn sich diese Tage des Gebens, die der Zeit der Enthaltsamkeit vorangehen, zu Ende neigen, dann beginne es mit dem Fasten. So hat es der Herr der ganzen Menschheit geboten. Reisende, Kranke und jene, die schwanger sind oder stillen, sind nicht an das Fasten gebunden. Sie sind von Gott zum Zeichen Seiner Gnade davon befreit. Er ist wahrlich der Allmächtige, der Großzügigste.¹

17

Dies sind Gottes Gebote, niedergeschrieben von Seiner erhabensten Feder in den Büchern und Tafeln. Haltet euch fest an Seinen Satzungen und Befehlen und zählt nicht zu denen, die, eitlen Einbildungen und wertlosen Vorstellungen folgend, sich an ihre selbstgezimmerten Maßstäbe halten und das von Gott verfügte Richtmaß verwerfen. Enthaltet euch der Speise und des Tranks von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang¹ und habt acht, daß Gier euch nicht der Gnade beraube, die im Buche bestimmt ist.

18

Jedem, der an Gott, den Herrn des Gerichts, glaubt, ist geboten, sich täglich, nachdem er die Hände und dann das Gesicht gewaschen hat, niederzusetzen, sich Gott zuzuwenden und fünfundneunzigmal "Alláh-u-Abhá"¹ zu sprechen. Also befahl der Schöpfer der Himmel, als Er sich voll Macht und Majestät auf dem Thron Seiner Namen niederließ. Verrichtet ebenso die Waschungen für das Pflichtgebet.² Dies ist der Befehl Gottes, des Unvergleichlichen, des Uneingeschränkten.

19

Mord und Totschlag¹, der uneheliche Beischlaf², üble Nachrede und Verleumdung³ sind euch verboten. So haltet euch fern von dem, was in den heiligen Büchern und Tafeln verboten ward.

20

Wir haben die Erbschaft in sieben Kategorien eingeteilt: Den Kindern weisen Wir neun Teile mit fünfhundertvierzig Anteilen zu; der Ehefrau acht Teile mit vierhundertachtzig Anteilen; dem Vater sieben Teile mit vierhundertzwanzig Anteilen; der Mutter sechs Teile mit dreihundertsechzig Anteilen; den Brüdern fünf Teile oder dreihundert Anteile; den Schwestern vier Teile oder zweihundertvierzig Anteile und den Lehrern drei Teile oder hundertachtzig Anteile. So gebot es Mein Vorläufer, Er, der Meinen Namen zur Nachtzeit und in der Morgendämmerung pries. Als Wir das Klagen der noch ungeborenen Kinder vernahmen, verdoppelten Wir ihr Teil und verminderten die Teile der übrigen. Er hat in Wahrheit die Macht zu gebieten, was Er wünscht, und kraft Seiner souveränen Macht tut Er, was Er will.¹

21

Hinterläßt der Verstorbene keine Nachkommen, so fällt deren Anteil an das Haus der Gerechtigkeit¹, damit er von den Treuhändern des Allbarmlierzigen für Waisen und Witwen ausgegeben werde sowie für alles, was der Allgemeinheit nutzt, auf daß alle ihrem Herrn, dem Allgütigen, dem Vergeber, dankbar sind.

22

Hinterläßt der Verstorbene Nachkommen, aber keine Erben der übrigen im Buch genannten Kategorien¹, so erhalten seine Nachkommen zwei Drittel des Nachlasses. Das verbleibende Drittel fällt an das Haus der Gerechtigkeit. Dies ist das Gebot, gegeben in Majestät und Herrlichkeit von Ihm, dem Allbesitzenden, dem Höchsten.

23

Hinterläßt der Verstorbene keine der genannten Kategorien von Erben, hat er aber unter seinen Verwandten Neffen und Nichten von seiten seiner Brüder oder Schwestern, so gehen zwei Drittel des Erbes an sie; oder, wenn keine vorhanden sind, an seine Onkel und Tanten väterlicher- wie mütterlicherseits, und nach diesen an deren Söhne und Töchter. Das verbleibende Drittel kommt in jedem Fall dem Sitze der Gerechtigkeit zu. So ist es im Buche verfügt von Ihm, der über alle Menschen herrscht.

24

Überlebt den Verstorbenen keiner von denen, deren Namen die Feder des Höchsten aufgezeichnet hat, so fällt sein gesamtes Vermögen dem vorerwähnten Sitze an, damit es ausgegeben werde für den Zweck, den Gott verordnet hat. Er ist wahrlich der Allmächtige, der Gesetzgeber.

25

Das Wohnhaus und die persönliche Kleidung des Verstorbenen weisen Wir der männlichen, nicht der weiblichen Nachkommenschaft zu, und nicht den anderen Erben.¹ Er ist wahrlich der Freigebige, der Gabenreichste.

26

Ist der Sohn des Verstorbenen zu Lebzeiten des Vaters verschieden und hat er Kinder hinterlassen, so erben diese den Anteil ihres Vaters,¹ wie es das Buch Gottes vorsieht. Verteilt ihren Anteil mit unbedingter Gerechtigkeit! Also wogen die Meereswellen der Rede und spülen die Gesetze des Herrn der ganzen Menschheit wie Perlen ans Land.

27

Hinterläßt der Verstorbene minderjährige Kinder, so ist deren Erbteil einer vertrauenswürdigen Person oder Gesellschaft anzuvertrauen,¹ damit er für sie im Handel und in Geschäften angelegt wird, bis sie volljährig sind. Dem Treuhänder ist ein angemessener Teil des aus diesen Anlagen auflaufenden Gewinns zuzuweisen.

28

Das Vermögen ist erst dann aufzuteilen, wenn die Huqúqu'lláh bezahlt, die Schulden getilgt, die Bestattungskosten beglichen und Vorkehrungen getroffen sind,¹ daß der Verstorbene würdig und ehrenvoll zu seiner letzten Ruhe gebettet wird. So ist es geboten von Ihm, dem Herrn des Anfangs und des Endes.

29

Sprich: Dies ist das verborgene Wissen, das sich niemals wandelt, da sein Anbeginn bei Neun ist,¹ dem Sinnbild, das auf das Verborgene und das Offenbare hinweist, auf den unverletzlichen, unerreichbar erhabenen Namen. Was Wir den Kindern zuerkannt haben, ist eine Gnadengabe Gottes für sie, damit sie ihrem Herrn, dem Mitleidvollen, dem Barmherzigen, Dank sagen. Dies ist wahrlich Gottes Gesetz; übertretet es nicht, verlockt durch eure niederen, selbstischen Neigungen. Haltet die Gesetze, die Er, der Aufgangsort der Rede, euch auferlegt. Die Aufrichtigen unter Seinen Dienern sehen in den von Gott gegebenen Geboten das Wasser des Lebens für die Gläubigen aller Religionen, die Lampe der Weisheit und der liebenden Vorsehung für alle Bewohner der Erde und des Himmels.

30

Der Herr hat befohlen, daß in jeder Stadt ein Haus der Gerechtigkeit errichtet werde, in dem sich Beratende nach der Zahl Bahá versammeln sollen. Wird diese Zahl überschritten, so schadet dies nicht. Ihnen sei es, als beträten sie den Hof der Gegenwart Gottes, des Erhabenen, des Höchsten, und als schauten sie Ihn, den Unsichtbaren. Sie sollen die Treuhänder des Allbarmherzigen unter den Menschen sein und sich für alle Erdenbewohner als die von Gott bestimmten Hüter betrachten. Sie sollen miteinander beraten, Gott zuliebe auf die Belange Seiner Diener so achten, wie sie auf ihre eigenen Belange achten, und wählen, was gut und ziemlich ist. So hat es euch der Herr, euer Gott, befohlen. Hütet euch zu verwerfen, was klar offenbart ist auf Seiner Tafel. Fürchtet Gott, o ihr mit Einsicht Begabten!¹

31

O Volk der Welt! Bauet Andachtshäuser in allen Landen¹ im Namen dessen, der der Herr aller Religionen ist. Macht sie so vollkommen, wie es in der Welt des Seins möglich ist, und schmückt sie mit dem, was ihnen gebührt, nicht aber mit Bildern und Skulpturen. Sodann feiert darin in Freude und Heiterkeit den Lobpreis eures Herrn, des Allbarniherzigen. Wahrlich, Sein Gedenken erheitert das Auge und füllt das Herz mit Licht.

32

Der Herr hat geboten, daß wer dazu fähig ist, die Pilgerfahrt zum heiligen Hause unternimmt.¹ Davon hat Er, als Ausdruck Seiner Barmherzigkeit, die Frau befreit.² Er ist in Wahrheit der Gabenreichste, der Allgroßmütige.

33

O Volk Bahas! Es ist jedermanns Pflicht, einer Arbeit nachzugehen¹ - einem Handwerk, dem Handel oder dergleichen. Wir haben solche Arbeit in den Rang der Anbetung des einen wahren Gottes erhoben. Denket nach über die Gnade und die Segensgaben eures Herrn, o Volk, und bringet Ihm Dank dar am Abend und am Morgen! Vergeudet eure Stunden nicht in Faulheit und Müßiggang, sondern tut, was euch und anderen nützt. So ist es befohlen auf dieser Tafel, von deren Horizont die Sonne der Weisheit und der Rede scheint. Am verächtlichsten in den Augen Gottes ist, wer dasitzt und bettelt. Haltet euch fest am Seil der Mittel und setzt euer Vertrauen auf Gott, der für alle Mittel sorgt.

34

Der Handkuß wurde im Buche verboten.¹ Gott, der Herr der Herrlichkeit und des Befehls, hat diesen Brauch untersagt. Niemand soll einen anderen um Vergebung der Sünden bitten,² die Reue walte nur zwischen euch und Gott. Er ist wahrlich der Verzeihende, der Gabenreiche, der Gnädige, der dem Reuigen vergibt.

35

O ihr Diener des Barmherzigen! Erhebt euch, Gottes Sache so zu dienen, daß Kummer und Leid aus den Händen derer, die nicht an den Morgen der Zeichen Gottes glauben, euch nicht bedrücken. Zu der Zeit, als die Verheißung erfüllt und der Verheißene offenbart ward, kam es unter den Erdenbewohnern zum Streit, und alle sind ihren Einbildungen und wertlosen Vorstellungen gefolgt. (sa.STARW XIV p.112)

36

Manch einer setzt sich an der Tür zwischen die Sandalen, während es ihm im Herzen nach dem Ehrensitz gelüstet.¹ Sprich: Was für ein Mensch bist du, der du eitel und achtlos bist und anders scheinen willst, als du bist? Und manch einer erhebt den Anspruch auf inneres Wissen² und auf noch tieferes Wissen verborgen darin. Sprich: Du sprichst die Unwahrheit! Bei Gott! Was du besitzest, sind nur Schalen, die Wir dir überlassen haben, wie man Hunden die Knochen läßt. Bei der Gerechtigkeit Gottes! Wollte jemand der ganzen Menschheit die Füße waschen, sollte er Gott anbeten in den Wäldern, in den Tälern und auf den Bergen, auf hohen Hügeln und luftigen Gipfeln, und sollte er keinen Felsen, keinen Baum oder Krümel Erde als Zeugen seiner Andacht auslassen, so würden dennoch seine Werke von Gott niemals angenommen, wenn nicht der Duft Meines Wohlgefallens von ihm zu verspüren wäre. So ist es bestimmt von Ihm, der aller Menschen Herr ist. Wie viele haben sich in den Landstrichen Indiens abgesondert, allem entsagt, was Gott erlaubt, sich Härten und Kasteiungen auferlegt,³ und doch hat Gott, der Offenbarer der Verse, ihrer nicht gedacht. Macht eure Werke nicht zu einer Falle, mit der ihr das Ziel eures Sehnens einzufangen sucht, und beraubt euch nicht selbst dieses letzten Zieles, wonach sich alle Gott Nahen gesehnt haben. Sprich: Was Taten Leben schenkt, ist Mein Wohlgefallen, und von Meiner Annahme hängt alles ab. Lest die Tafeln, damit ihr erkennt, was gemeint ist in den Büchern Gottes, des Allherrlichen, des stets Freigebigen. Wer Meine Liebe erlangt, hat Anspruch auf einen Thron aus Gold, darauf über der ganzen Welt in Ehren zu sitzen. Doch säße, wer Meiner Liebe beraubt ist, auch im Staub der Erde - selbst dieser Staub suchte vor ihm Zuflucht bei Gott, dem Herrn aller Religionen.

37

Wer vor Ablauf eines vollen Jahrtausends den An-spruch auf eine unmittelbare Gottesoffenbarung erhebt,¹ ist gewiß ein Lügner und Betrüger. Wir beten zu Gott, daß Er ihm gnädig beistehe, einen solchen Anspruch zu widerrufen. So er bereut, wird Gott ihm zweifellos vergeben. Verharrt er jedoch in seinem Irrtum, so wird Gott sicherlich einen herabsenden, der erbarmungslos mit ihm verfährt. Gott ist fürwahr schrecklich, wenn Er straft. Wer immer diesen Vers anders deutet als nach seinem klaren Sinn, ist des Geistes Gottes und Seiner Barmherzigkeit, die alles Erschaffene umfaßt, beraubt. Fürchtet Gott und folgt nicht euren eitlen Einbildungen. Nein, folgt vielmehr dem Gebot eures Herrn, des Allmächtigen, des Allweisen.³ Binnen kurzem wird sich in den meisten Ländern lautes Geschrei erheben. Haltet euch von ihm fern, o Mein Volk, und folgt nicht den Frevlern, den Übelgesinnten. Dies ist, wovor Wir euch warnten, als Wir im Iráq weilten, und später im Lande des Geheimnisses, und jetzt von diesem strahlenden Orte.²

³ bis hier s.ÄL 165

38

Seid nicht verzagt, o Völker der Welt, wenn die Sonne Meiner Schönheit untergegangen und der Himmel Meines Heiligtums vor euren Augen verhüllt sein wird. Erhebt euch, um Meine Sache weiterzutragen und Mein Wort unter den Menschen zu erhöhen. Wir sind immer mit euch und werden euch durch die Macht der Wahrheit stärken. Wir sind wahrhaft allmächtig. Wer Mich erkannt hat, wird aufstehen und Mir mit solcher Entschlossenheit dienen, daß die Mächte von Erde und Himmel sein Vorhaben nicht vereiteln können. (sa.ÄL 71/1)

39

Die Völker der Welt schlafen tief. Erwachten sie aus ihrem Schlaf, so eilten sie voll Eifer zu Gott, dem Allwissenden, dem Allweisen. Sie gäben auf, was sie besitzen, und wären es alle Schätze der Erde, damit ihr Herr ihrer gedenke und sie eines einzigen Wortes würdige. So unterrichtet euch Er, der das Wissen um das Verborgene auf einer Tafel hält, die das Auge der Schöpfung nie sah, und die niemandem außer Seinem eigenen Selbst, dem allmächtigen Schirmherrn aller Welten, enthüllt wurde. So verwirrt sind sie im Rausch ihrer Begierden, daß sie außerstande sind, den Herrn allen Seins zu erkennen, dessen Stimme laut von allen Seiten ruft: "Es ist kein Gott außer Mir, dem Mächtigen, dem Allweisen." (sa.ÄL 71/2)

40

Sprich: Freut euch nicht dessen, was ihr besitzt. Heute nacht ist es noch euer, morgen werden andere es besitzen. So warnt euch der Allwissende, der Allunterrichtete. Sprich: Könnt ihr behaupten, euer Besitz sei dauerhaft oder sicher? Nein, bei Mir, dem Allbarmherzigen, ihr könnt es nicht, so ihr zu denen gehört, die gerecht urteilen! Die Tage eures Lebens verfliegen wie ein Windhauch, und all eure Pracht und Herrlichkeit wird vergehen wie die Pracht und Herrlichkeit derer, die vor euch waren. Bedenket, o Menschen! Was ist aus euren vergangenen Tagen geworden, was aus euren verlorenen Jahrhunderten? Glücklich die Tage, die dem Gedenken Gottes gewidmet waren, und selig die Stunden, die in Seinem, des Allweisen, Lobpreis verbracht wurden. Bei Meinem Leben! Weder die Pracht der Mächtigen noch der Überfluß der Reichen oder gar die Vorherrschaft der Frevler werden von Dauer sein. Alles wird vergehen auf ein Wort von Ihm. Wahrlich, Er ist der Allmachtvolle, der Allbezwingende, der Allmächtige. Welcher Nutzen liegt in der Menschen irdischem Besitz? Was ihnen Gewinn bringt, haben sie völlig vernachlässigt. Bald werden sie aus ihrem Schlaf erwachen und erkennen, daß für sie unwiederbringlich ist, was ihnen in den Tagen ihres Herrn, des Allmächtigen, des Allgepriesenen, entgangen ist. Wenn sie es wüßten, entsagten sie allem, damit ihre Namen vor Seinem Thron genannt werden. Sie zählen wahrlich zu den Toten. (sa.ÄL 71/3)

41

Manch einen unter den Menschen hat seine Gelehrsamkeit hochmütig gemacht und abgehalten von der Anerkennung Meines Namens, der Selbstbestehende. Wenn er hinter sich den Schritt von Sandalen hört, wächst er in seinem Eigendünkel größer als Nimrod.¹ Sprich: O du Verworfener! Wo ist seine Wohnstatt jetzt? Bei Gott, sie ist die unterste Hölle. Sprich: O Schar der Geistlichen! Hört ihr nicht die schrille Stimme Meiner Höchsterhabenen Feder? Seht ihr nicht die Sonne in ihrem Strahlenglanz über dem Allherrlichen Horizonte leuchten? Wie lange noch wollt ihr die Götzen eurer üblen Leidenschaften anbeten? Laßt ab von eurem leeren Trug und wendet euch hin zu Gott, eurem ewigen Herrn!

42

Wohltätige Stiftungen fallen an Gott, den Offenbarer der Zeichen, zurück. Niemand hat das Recht, ohne Erlaubnis von Ihm, dem Dämmerort der Offenbarung, über sie zu verfügen. Nach Ihm geht diese Amtsgewalt auf die Aghsán¹ über, nach diesen auf das Haus der Gerechtigkeit - wenn es zu dieser Zeit in der Welt errichtet sein wird -, damit sie diese Stiftungen für die Stätten verwenden, die in der Sache Gottes erhöht sind, sowie für alles, was ihnen von Ihm, dem Gott der Kraft und Macht, aufgetragen ist. Andernfalls fallen die Stiftungen an das Volk Bahás², das nicht spricht, außer mit Seiner Erlaubnis und nicht urteilt, außer im Einklang mit dem, was Gott auf dieser Tafel geboten hat -siehe, es sind die Kämpen des Sieges zwischen Himmel und Erde! -, damit sie sie so verwenden, wie es im Buche von Gott, dem Mächtigen, dem Gabenreichen, niedergelegt ist.

43

Klagt nicht in Zeiten der Heimsuchung, noch erfreut euch ihrer. Suchet den Mittelweg: Gedenket Meiner in eurer Betrübnis und bedenket, was euch in Zukunft widerfahren kann. Also unterrichtet euch Er, der Allwissende, der alles kennt. (sa.STARW XIV p.112)

44

Rasiert euch nicht das Haupt.¹ Gott hat es mit Haar geziert, und hierin liegen Zeichen vom Herrn der Schöpfung für jene, die über die Forderungen der Natur nachdenken. Er ist wahrlich der Gott der Kraft und der Weisheit. Das Haar darf jedoch nicht über das Ohrläppchen² reichen. So ist es geboten von Ihm, dem Herrn aller Welten.

45

Verbannung und Gefängnis sind verfügt für den Dieb¹, und nach der dritten Tat bringt ihm ein Mal auf seiner Stirn an, damit er, so gezeichnet, in den Städten Gottes und in Seinen Ländern keine Aufnahme finde.² Habt acht, daß Mitleid euch nicht davon abhalte, das Gesetz der Religion Gottes anzuwenden. Tut, was euch geboten ist von Ihm, der mitleidig und barmherzig ist. Wir erziehen euch mit der Rute der Weisheit und der Gesetze, wie ein Vater seinen Sohn erzieht, zu keinem anderen Zweck als zu eurem eigenen Schutz und zur Erhöhung eurer Stufe. Bei Meinem Leben, entdecktet ihr, was Wir bei der Offenbarung Unserer heiligen Gesetze für euch wünschten, ihr opfertet eure Seele für diesen geheiligten, diesen mächtigen, höchst erhabenen Glauben.

46

Wer von Geschirr aus Silber und Gold zu speisen wünscht, ist frei, dies zu tun.¹ Taucht beim Essen eure Finger nicht in Schalen und Schüsseln.² Nehmt solche Sitten an, die im höchsten Maße der Feinheit entsprechen.³ Wahrlich, Er wünscht bei euch die Sitten der Paradiesbewohner in Seinem mächtigen, höchst erhabenen Reich zu sehen. Haltet euch in jeder Lage an die feinen Sitten, so daß eure Augen davor bewahrt bleiben, Dinge zu schauen, die euch selbst und den Bewohnern des Paradieses zuwider sind. Wer davon abweicht, dessen Werk wird augenblicklich zunichte. Hat er jedoch einen triftigen Grund, so wird Gott ihm verzeihen. Er ist in Wahrheit der Gnädige, der Gabenreichste.

47

Er, der Aufgangsort der Sache Gottes, hat keinen Teilhaber an der Größten Unfehlbarkeit.¹ Im Reiche der Schöpfung ist Er die Manifestation des "Er tut, was immer Er will". Gott hat Seinem Selbst diese Auszeichnung vorbehalten und niemandem einen Anteil an dieser hehren, überragenden Stufe zuerkannt. Dies ist Gottes Ratschluß, bislang verborgen im Schleier undurchdringlichen Geheimnisses. Wir haben ihn in dieser Offenbarung enthüllt und zerrissen so die Schleier derer, die nicht anerkennen, was Gott im Buche geboten hat, und zu den Achtlosen zählen.

48

Die Väter sollen ihre Söhne und Töchter in der Kunst des Lesens und Schreibens unterweisen¹ sowie in allem, was auf der heiligen Tafel niedergelegt ist. Wer unterläßt, was ihm geboten, dem müssen die Treuhänder abverlangen, was für die Unterweisung der Kinder erforderlich ist, sofern er Vermögen hat; wo nicht, fällt die Aufgabe dem Haus der Gerechtigkeit zu. Wahrlich, Wir haben es zu einer Zuflucht für die Armen und Bedürftigen gemacht. So jemand seinen Sohn oder den Sohn eines anderen aufzieht, ist es, als erzöge er einen Meiner Söhne. Auf ihm ruhe Meine Herrlichkeit, Meine liebende Güte und Meine Barmherzigkeit, die der Schöpfung vorausging. (sa.STARW XIV p.112)

49

Gott unterwirft den, der außerhalb der Ehe den Beischlaf vollzieht - Mann oder Frau - einer Geldstrafe, die an das Haus der Gerechtigkeit zu entrichten ist:¹ neun Mithqál Gold, und im Wiederholungsfalle das Doppelte.² Das ist die Strafe, die Er, der Herr der Namen, ihnen in dieser Welt zugemessen hat. In der künftigen Welt hat Er ihnen eine erniedrigende Qual bestimmt. Quält jemanden eine Sünde, so soll er sie bereuen und zu seinem Herrn zurückkehren. Er schenkt wahrlich Vergebung, wem immer Er will, und niemand sollte in Zweifel ziehen, was Er zu gebieten wünscht. Er ist in Wahrheit der Immervergebende, der Allmächtige, der Allgepriesene.

50

Habt acht, daß die Schleier der Herrlichkeit euch nicht hindern, an den kristallenen Wassern dieses lebendigen Springquells teilzuhaben. Ergreifet zu dieser Morgenzeit den Kelch des Heils im Namen dessen, der den Tag anbrechen läßt, und trinkt die Fülle beim Lobpreis des Allherrlichen, des Unvergleichlichen.

51

Wir haben euch Musik und Gesang erlaubt¹, doch seht euch vor, daß dies euch nicht verleite, des Anstands und der Würde Grenzen zu überschreiten. Eure Freude entspringe Meinem Größten Namen, einem Namen, der das Herz frohlocken läßt und allen Gott Nahen den Geist mit Verzückung erfüllt. Wir haben wahrlich die Musik zu einer Leiter für eure Seelen gemacht, zu einem Mittel für ihren Aufschwung in das Reich der Höhe. So macht sie nicht zu einem Flügelpaar des Selbstes und der Leidenschaft. Wir wollen euch wahrlich nicht den Narren zugesellt sehen.

52

Wir bestimmen, daß ein Drittel aller Strafgelder an den Sitz der Gerechtigkeit gehe, und ermahnen seine Mitglieder, makellose Gerechtigkeit zu üben, damit sie das so Angesammelte für die Zwecke ausgeben, die ihnen von Ihm, dem Allwissenden, dem Allweisen, bestimmt sind. O ihr Männer der Gerechtigkeit!¹ Seid im Reiche Gottes Hirten Seiner Schafe und hütet sie vor den reißenden Wölfen, die in Verkleidung auftreten, so wie ihr über eure eigenen Söhne wacht. So ermahnt euch der Ratgeber, der Getreue. (sa.STARW XIX p.112)

53

Solltet ihr in einer Sache verschiedener Meinung sein, so übergebt sie Gott, solange die Sonne noch am Horizonte dieses Himmels scheint, und wenn sie untergegangen ist, befragt das, was von Ihm herabgesandt wurde. Wahrlich, es genügt den Völkern der Welt. Sprich: Eure Herzen seien nicht verstört, o Menschen, wenn die Herrlichkeit Meiner Gegenwart euren Augen entschwunden und das Meer Meiner Rede verebbt sein wird. In Meiner Gegenwart unter euch liegt eine Weisheit, und in Meiner Abwesenheit liegt eine andere, unergründlich für alle außer Gott, dem Unvergleichlichen, dem Allwissenden. Wahrlich, von Unserem Reiche der Herrlichkeit aus schauen Wir auf euch und werden jedem, der sich für den Triumph Unserer Sache erhebt, mit den himmlischen Heerscharen und einer Schar Unserer begünstigten Engel beistehen. (sa.ÄL 72/1)

54

O Völker der Erde! Gott, die Ewige Wahrheit, ist Mein Zeuge, daß die Süße der Worte eures Herrn, des Unbeschränkten, Ströme frischen, sanftfließenden Wassers aus den Felsen quellen ließ, und doch schlaft ihr noch immer. Gebt auf, was ihr besitzet, und erhebt euch auf den Schwingen der Loslösung über alles Erschaffene. So gebietet euch der Herr der Schöpfung, der durch die Bewegung Seiner Feder der Menschheit Seele verwandelt. (sa.ÄL 72/2)

55

Wißt ihr, aus welchen Höhen euer Herr, der Allherrliche, ruft? Glaubt ihr, die Feder erkannt zu haben, mit der euer Herr, der Herr aller Namen, euch gebietet? Nein, bei Meinem Leben! Wüßtet ihr es, so würdet ihr der Welt entsagen und mit ganzem Herzen in die Gegenwart des Vielgeliebten eilen. Ihr wäret von Seinem Wort verzückt, fähig, die Größere Welt in Erregung zu versetzen, wieviel mehr diese kleine, geringe! So sind die Regenschauer Meiner Großmut vom Himmel Meiner Güte herabgeströmt als ein Zeichen Meiner Gnade, damit ihr zu den Dankbaren gehört. (sa.ÄL 72/3)

56

So jemand einen anderen schlägt oder verwundet, hängt die Strafe von der Schwere der Körperverletzung ab. Für jeden Grad der Verletzung hat der Herr des Gerichts eine bestimmte Entschädigung vorgeschrieben.¹ Er ist in Wahrheit der Gesetzgeber, der Mächtige, der Erhabenste. Wir werden, so es Unser Wille ist, diese Zahlungen in ihrem rechten Maß festlegen. Dies ist Unser Versprechen, und Er ist es wahrlich, der Sein Versprechen hält und alle Dinge kennt.

57

Wahrlich, es ist euch geboten, jeden Monat ein Mahl zu geben¹, auch wenn dabei nur Wasser gereicht wird; denn Gott will die Herzen vereinen, sei es durch irdische oder himmlische Mittel.

58

Habt acht, daß nicht Fleischeslust und böse Neigung Zwietracht unter euch stiften. Seid wie die Finger einer Hand, die Glieder eines Leibes. So rät euch die Feder der Offenbarung, so ihr zu jenen gehöret, die glauben. (sa.ÄL 72/4)

59

Denkt nach über Gottes Barmherzigkeit und Seine Gaben. Er gebietet euch, was euch nützt, obgleich Er selbst alle Geschöpfe wohl entbehren kann. Eure bösen Taten können Uns niemals schaden noch eure guten Werke Uns nützen. Allein um Gottes willen ergeht Unsere Weisung. Jeder Verständige und Einsichtige wird dies bezeugen. (sa.ÄL 72/5)

60

Jagt ihr mit Raubtieren oder Greifvögeln, so rufet den Namen Gottes an, wenn ihr sie auf die Beute ansetzt; dann dürft ihr verzehren, was sie fangen, selbst wenn ihr feststellt, daß die Beute tot ist.¹ Er ist wahrlich der Allwissende, der Allkennende. Doch jaget nicht im Übermaß.² In allem wandelt auf dem Pfad der Gerechtigkeit. So gebietet euch Er, der Dämmerort der Offenbarung, wenn ihr es nur verstündet.

61

Gott hat euch geboten, Meiner Verwandtschaft Wohlwollen entgegenzubringen, aber ihr kein Recht auf das Vermögen anderer gewährt¹. Er ist wahrlich selbstgenügend und bedarf Seiner Geschöpfe nicht.

62

Wer ein Haus vorsätzlich durch Feuer zerstört, den sollt ihr auch verbrennen. Wer einem anderen vorsätzlich das Leben nimmt, den sollt ihr auch töten.¹ Haltet euch an Gottes Gesetz mit eurer ganzen Kraft und Macht und verlasset die Wege der Unwissenden. So ihr sie zu lebenslangem Gefängnis verurteilt, ist dies nach den Vorschriften des Buches statthaft.² Er hat wahrlich die Macht zu bestimmen, was immer Er wünscht.

63

Gott hat euch den Ehestand verordnet. Hütet euch, mehr als zwei Frauen zu nehmen. Wenn sich der Mann mit einer einzigen Gefährtin unter den Dienerinnen Gottes begnügt, so werden beide in Ruhe leben. Und wer eine Jungfer in Dienst nehmen will, mag dies mit Anstand tun. Dies Gebot ward in Wahrheit und Gerechtigkeit von der Feder der Offenbarung verzeichnet. Tretet in den Stand der Ehe, o Menschen, auf daß aus euch ein Nachkomme erstehe, der Meiner unter Meinen Dienern gedenkt. Dies ist Mein Gebot, das Ich euch gebe. Haltet euch daran zu eurem eigenen Nutzen.¹

64

O Volk der Welt! Folgt nicht den Forderungen des Selbstes, denn es verlangt unnachgiebig nach Bosheit und Laster. Folgt vielmehr Ihm, dem Besitzer alles Erschaffenen, der euch gebietet, Frömmigkeit zu bezeigen und Gottesfurcht zu offenbaren. Er ist wahrlich unabhängig von allen Seinen Geschöpfen. Stiftet im Lande kein Unheil, nachdem es wohlgeordnet ward. Wer so handelt, gehört nicht zu Uns, mit ihm haben Wir nichts zu schaffen. Dies ist der Befehl, der durch die Macht der Wahrheit vom Himmel der Offenbarung kundgetan ward.

65

Im Bayán wurde verfügt, daß die Eheschließung die Einigung beider Partner voraussetzt. In dem Wunsche, Liebe, Einheit und Harmonie unter Unseren Dienern zu stiften, haben Wir sie, sobald der Wunsch des Paares bekannt ist, von der Zustimmung ihrer Eltern abhängig gemacht¹, damit nicht Feindschaft oder Groll unter ihnen entstehe. Und Wir verfolgen damit noch andere Zwecke. Also ist Unser Befehl ergangen.

66

Die Ehe darf nicht geschlossen werden, ehe die Morgengabe gezahlt ist¹, die für Stadtbewohner auf neunzehn Mithqál reinen Goldes, für Dorfbewohner auf denselben Betrag in Silber festgelegt ist.² Wer diese Summe aufstocken will, dem ist verboten, die Grenze von fünfundneunzig Mithqál zu überschreiten. Also erging der Befehl in Majestät und Macht. Gibt man sich jedoch mit der Zahlung des Mindestbetrages zufrieden, so ist dies nach dem Buche besser.³ Gott bereichert wahrlich, wen immer Er will, mit himmlischen wie mit irdischen Gütern, und Er hat in Wahrheit Macht über alle Dinge.

67

Hat einer Seiner Diener eine Reise vor, so soll er nach dem Befehle Gottes seiner Ehefrau den Zeitpunkt seiner Rückkehr nennen. Kehrt er zur versprochenen Zeit zurück, so gehorcht er dem Gebot seines Herrn und wird von der Feder Seines Geheißes zu den Gerechten gezählt. Andernfalls muß er, so ein triftiger Grund für seinen Verzug vorliegt, seine Frau unterrichten und sich aufs äußerste bemühen, zu ihr zurückzukehren. Geschieht keines von beidem, so gilt für sie eine Wartezeit von neun Monaten, nach deren Ablauf für sie kein Hindernis besteht, sich wieder zu verheiraten. Doch wenn sie länger wartet - Gott liebt fürwahr Frauen und Männer, die geduldig sind. Gehorcht Meinen Befehlen und folgt nicht den Frevlern, die auf Gottes heiliger Tafel zu den Sündern zählen. Erhält die Ehefrau während der Wartezeit eine Nachricht von ihrem Ehemann, so sollte sie den Weg des Guten nehmen. Er wünscht wahrlich, daß Seine Diener und Mägde miteinander in Frieden leben. Habt acht, daß ihr nichts tut, was zu Unversöhnlichkeit zwischen euch führt. So wurde es bestimmt und das Versprechen eingelöst. Erhält sie jedoch die Nachricht vom natürlichen oder gewaltsamen Tod ihres Ehemanns und wird diese Nachricht durch öffentlichen Bericht oder durch das Zeugnis zweier gerechter Zeugen belegt, dann sollte sie allein bleiben. Nach Ablauf der festgesetzten Zahl von Monaten kann sie sich frei entscheiden. Dies ist das Gebot dessen, der mächtig und gewaltig ist in Seinem Befehl.¹

68

Entsteht Entfremdung oder Widerwille zwischen Ehemann und Ehefrau, so darf er sich nicht von ihr scheiden. Er soll sich vielmehr ein volles Jahr in Geduld üben¹, damit vielleicht der Duft der Zuneigung zwischen ihnen wiederkehre. Ist nach Ablauf dieser Zeit ihre Liebe nicht zurückgekehrt, so kann die Scheidung erfolgen. Gottes Weisheit umfaßt wahrlich alle Dinge. Auf einer Tafel hat der Herr mit der Feder Seines Befehls die frühere Praxis verboten, wenn ihr eine Frau dreimal geschieden hattet.² Dies ist ein Zeichen Seiner Gunst, damit ihr zu den Dankbaren zählt. Wer sich von seiner Ehefrau scheiden ließ, darf, wenn zwischen beiden Zuneigung und Einvernehmen besteht, nach Ablauf jedes Monats erneut die Ehe mit ihr eingehen, solange sie nicht wieder verheiratet ist. Hat sie sich wieder verheiratet, so ist durch diese neue Vereinigung die Trennung bestätigt und die Sache beendet, sofern sich ihre Verhältnisse nicht eindeutig ändern.³ So ist der Befehl durch Ihn, den Dämmerort der Schönheit, majestätisch aufgezeichnet auf dieser ruhmreichen Tafel.

69

Begleitet die Ehefrau ihren Mann auf einer Reise und entzweien sie sich unterwegs, so ist er gehalten, sie mit dem Unterhalt eines Jahres auszustatten und sie entweder zurückzuschicken, woher sie gekommen, oder sie mit den notwendigen Mitteln für die Reise einer verläßlichen Person anzuvertrauen, die sie nach Hause begleiten soll. Wahrlich, dein Herr gibt Gesetze, wie es Ihm gefällt, kraft einer Souveränität, welche die Völker der Erde überschattet.

70

Wird eine Frau wegen erwiesener Untreue geschieden, so soll sie während der Wartezeit keinen Unterhalt erhalten. Also erstrahlte das Tagesgestirn Unseres Befehls vom Himmelszelt der Gerechtigkeit. Fürwahr, der Herr liebt Einheit und Harmonie und verabscheut Trennung und Scheidung. Lebt miteinander in Heiterkeit und strahlender Freude, o Volk! Bei Meinem Leben! Alle auf Erden werden vergehen, nur gute Werke sind von Dauer. Gott selbst bezeugt die Wahrheit Meiner Worte. Schlichtet euren Zwist, o Meine Diener. Dann achtet der Ermahnungen Unserer Feder der Herrlichkeit und folgt nicht den Anmaßenden und Widerspenstigen, die in die Irre gehen.

71

Habt acht, daß euch die Welt nicht betöre, wie sie das Volk betörte, das vor euch dahinging! Haltet die Gesetze und Satzungen eures Herrn und beschreitet diesen Pfad, der vor euch gebahnt wurde in Gerechtigkeit und Wahrheit. Wer Unrecht und Irrtum verabscheut und sich an die Tugend hält, zählt in den Augen des einen wahren Gottes zu den erlesensten Seiner Geschöpfe. Sein Name wird in den Reichen der Höhe gerühmt von der himmlischen Schar und von den Bewohnern dieses Tabernakels, das im Namen Gottes errichtet ward.

72

Es ist euch verboten, mit Sklaven - ob Mann oder Frau - zu handeln. Dem, der selbst ein Diener ist, steht es nicht zu, einen anderen Diener Gottes zu kaufen. Dies ist auf Seiner heiligen Tafel verboten. So wurde durch Seine Gnade der Befehl aufgezeichnet von der Feder der Gerechtigkeit. Keiner erhebe sich über den anderen. Alle sind nur Sklaven vor dem Herrn, und alle sind Symbole für die Wahrheit, daß außer Ihm kein Gott ist. Er ist wahrlich der Allweise, dessen Weisheit alle Dinge umfängt.

73

Schmückt euch mit dem Gewand guter Werke. Wessen Werke Gottes Wohlgefallen erlangen, der zählt gewiß zum Volke Bahás. Seiner wird vor Seinem Thron gedacht. Steht dem Herrn der ganzen Schöpfung bei mit rechtschaffenen Werken, aber auch durch Weisheit und durch Rede. Dies wurde euch fürwahr auf den meisten Tafeln befohlen von Ihm, dem Allbarmherzigen. Er weiß wahrlich, was Ich sage. Streitet euch nicht, noch töte einer den anderen. Dies war euch wahrlich schon verboten in einem Buch, das im Tabernakel der Herrlichkeit verborgen lag. Wie, wollt ihr den töten, den Gott belebt hat, dem Er durch Seinen Hauch Geist verlieh? Schwer wäre da eure Sünde vor Seinem Thron! Fürchtet Gott und erhebet nicht die Hand des Unrechts und der Unterdrückung, um zu zerstören, was Er selbst erschaffen hat. Nein, wandelt in dem Pfade Gottes, des Wahren. Kaum waren die Heerscharen wahren Wissens, die Banner göttlicher Rede in Händen, erschienen, als die Scharen der Religionen auch schon in die Flucht geschlagen wurden, ausgenommen jene, die trinken wollten vom Strom ewigen Lebens in einem Paradiese, das der Odem des Allherrlichen geschaffen hat.

74

Gott hat zum Zeichen Seiner Barmherzigkeit für Seine Geschöpfe verfügt, daß Samen nicht unrein ist.¹ Danket Ihm in strahlender Freude und folget nicht denen, die vom Dämmerort Seiner Nähe weit entfernt sind. Erhebt euch in jeder Lage, um der Sache Gottes zu dienen, denn Gott wird euch sicherlich beistehen durch die Macht Seiner Souveränität, welche die Welten überschattet. Ergreift das Seil der Feinheit² so fest, daß keine Spur von Schmutz auf euren Gewändern zu sehen ist. Das ist das Gebot dessen, der über alle Feinheit geheiligt ist. Wer aus zureichendem Grund hinter diesem Maßstab zurückbleibt, den trifft kein Tadel. Gott ist wahrlich der Vergeber, der Barmherzige. Waschet alles Verschmutzte mit Wasser, das in keiner der drei Hinsichten verändert ist.³ Habt acht, daß ihr kein Wasser verwendet, das durch die Luft oder durch einen anderen Stoff verändert ist. Seid das Wesen der Sauberkeit unter den Menschen. Das ist fürwahr, was euer Herr, der Unvergleichliche, der Allweise, für euch wünscht.

75

Als Zeichen Seiner Gnade hat Gott das Konzept der "Unreinheit" abgeschafft, wonach verschiedene Sachen und Gruppen der Bevölkerung als unrein galten.¹ Er ist gewißlich der Immervergebende, der Großzügigste. Wahrlich, alles Erschaffene ward an jenem ersten Tag des Ridván² in das Meer der Reinigung getaucht, als Wir über die ganze Schöpfung den Strahlenglanz Unserer vortrefflichsten Namen und Unserer höchsten Attribute ergossen. Dies ist fürwahr ein Zeichen Meiner liebevollen Vorsehung, die alle Welten umfängt. Pflegt Gemeinschaft mit den Gläubigen aller Religionen und verkündet die Sache eures Herrn, des Allerbarmers. Das ist die Krone aller Werke, so ihr zu denen gehört, die verstehen.

76

Gott hat euch größte Sauberkeit geboten. Wascht, was mit Staub bedeckt ist, ganz zu schweigen von verhärtetem Schmutz und ähnlichen Verunreinigungen. Fürchtet Ihn und gehört zu den Reinen. Wer mit erkennbar schmutzigem Gewande betet, dessen Gebet steigt nicht zu Gott empor, und die himmlische Schar wendet sich von ihm ab. Verwendet Rosenwasser und reines Parfüm. Dies, wahrlich, liebt Gott vom Anfang an, der keinen Anfang hat. So möge von euch verbreitet werden, was euer Herr, der Unvergleichliche, der Allweise, wünscht.

77

Gott hat euch von dem Gebot des Bayán¹ befreit, Bücher zu vernichten.² Wir erlauben euch, Wissenschaften zu studieren, die euch von Nutzen sind, doch keine, die in müßigem Wortstreit enden.³ Das ist besser für euch, so ihr zu denen gehört, die begreifen.

78

O Könige der Erde! Er, der souveräne Herr aller, ist gekommen. Das Reich ist Gottes, des allmächtigen Beschützers, des Selbstbestehenden. Betet niemanden an außer Gott, und erhebt euer Angesicht strahlenden Herzens zu eurem Herrn, dem Herrn aller Namen. Dies ist eine Offenbarung, mit der niemals vergleichbar ist, was ihr besitzet, o daß ihr es doch wüßtet! (sa.ÄL 105/1)

79

Wir sehen, wie ihr euch dessen freut, was ihr für andere angesammelt, und euch ausschließt von den Welten, die nichts außer Meiner wohlverwahrten Tafel bewerten kann. Die Schätze, die ihr sammelt, lenken euch weit ab von eurem letzten Ziel. Dies steht euch übel an - könntet ihr es doch verstehen! Reinigt eure Herzen von allem irdischen Schmutz und eilt in das Reich eures Herrn, des Schöpfers von Erde und Himmel, der die Welt erzittern und alle ihre Völker wehklagen ließ, außer jenen, die allem entsagten und sich an das hielten, was die Verborgene Tafel verfügt hat. (sa.ÄL 105/2)

80

Dies ist der Tag, da Er, der mit Gott Zwiesprache hielt, das Licht des Altehrwürdigen der Tage erlangte und das reine Wasser der Wiedervereinigung aus diesem Kelche trank, der die Meere anschwellen ließ. Sprich: Bei dem einen wahren Gott! Sinai kreist um den Morgen der Offenbarung, während von den Höhen des Königreiches die Stimme des Geistes Gottes vernommen wird, wie sie verkündet: "Machet euch auf, ihr Hochmütigen auf Erden, und eilet zu Ihm!" Karmel eilt an diesem Tage in sehnsüchtiger Anbetung, Seinen Hof zu erreichen, während aus dem Herzen Zions der Ruf ertönt: "Die Verheißung ist erfüllt. Was in der heiligen Schrift Gottes, des Erhabensten, des Allmächtigen, des Höchstgeliebten, angekündigt war, ist offenbar geworden." (sa.ÄL 105/3)

81

O Könige der Erde! Das Größte Gesetz ward an diesem Ort, an dieser Stätte höchsten Glanzes, offenbart. Alles Verborgene wurde ans Licht gebracht durch den Willen des höchsten Gesetzgebers, dessen, der die letzte Stunde anbrechen ließ, der den Mond gespalten und jeden unwiderruflichen Ratschluß ausgeführt hat. (sa.ÄL 105/4)

82

Ihr seid nur Vasallen, o Könige der Erde! Er, der König der Könige, ist erschienen, gekleidet in Seine wunderbarste Herrlichkeit, und lädt euch vor sich, den Helfer in Gefahr, den Selbstbestehenden. Habt acht, daß Hochmut euch nicht abhalte, den Quell der Offenbarung zu erkennen, daß die Dinge dieser Welt euch nicht wie ein Schleier von Ihm, dem Schöpfer des Himmels, trennen. Erhebet euch und dienet Ihm, dem Verlangen aller Völker, der euch durch ein Wort erschaffen und euch für alle Zeit zu Sinnbildern Seiner Souveränität bestimmt hat. (sa.ÄL 105/5)

83

Bei der Gerechtigkeit Gottes! Wir haben nicht den Wunsch, Hand an eure Reiche zu legen. Unser Auftrag ist, von den Herzen der Menschen Besitz zu ergreifen. Auf sie sind die Augen Bahás gerichtet. Dies bezeugt das Reich der Namen, könntet ihr es doch verstehen. Wer seinem Herrn folgt, wird der Welt und allem darin entsagen. Wieviel größer muß da die Loslösung dessen sein, der eine so erhabene Stufe innehat! Gebt eure Paläste auf und eilt, Zutritt in Sein Reich zu erlangen. Dies wird euch wahrlich in dieser und der künftigen Welt nützen. Der Herr des Reiches der Höhe bezeugt es, würdet ihr es doch erkennen. (sa.ÄL 105/6)

84

Welch großer Segen harrt des Königs, der sich erhebt, Meiner Sache in Meinem Reiche beizustehen, und sich von allem loslöst außer von Mir! Ein solcher König zählt zu den Gefährten der Roten Arche¹ - der Arche, die Gott dem Volke Bahás bereitet hat. Alle müssen seinen Namen verherrlichen, seine Stufe ehren und ihm helfen, die Städte aufzuschließen mit den Schlüsseln Meines Namens, der Allmächtige Beschützer für alle Bewohner der sichtbaren und der unsichtbaren Reiche. Ein solcher König ist das Auge der Menschheit, der leuchtende Schmuck auf der Stirn der Schöpfung, der Brunnquell des Segens für die ganze Welt. O Volk Bahas, opfert eure Habe, ja euer Leben zu seinem Beistand! (sa.ÄL 105/7)

85

O Kaiser von Österreich! Er, der Tagesanbruch des Lichtes Gottes, lag im Gefängnis von Akká zu der Zeit, da du dich aufmachtest, die Aqsá-Moschee¹ zu besuchen. Du zogest vorbei an Ihm und forschtest nicht nach dem, durch den jedes Haus erhöht und jedes erhabene Tor geöffnet ward. Wir machten es fürwahr zu einem Ort, dahin die Welt sich wenden soll, Meiner zu gedenken. Du aber hast Ihn, das Ziel dieses Gedenkens, verschmäht, als Er erschien mit dem Reiche Gottes, deines Herrn und des Herrn der Welten. Wir waren allezeit mit dir und fanden dich an den Zweig geklammert, der Wurzel nicht achtend. Wahrlich, dein Herr ist Zeuge dessen, was Ich sage. Betrübt sahen Wir dich Unseren Namen umkreisen, Unser nicht achtend, obwohl Wir dir vor Augen waren. So öffne deine Augen, damit du dieses hehre Bild schauest und Ihn erkennest, den du des Tages und zur Nachtzeit anrufst, und schaue auf das Licht, das über diesem leuchtenden Horizont erstrahlt. (sa.VT S.67)

86

Sprich: O König von Berlin!¹ Horch auf die Stimme, die aus diesem offenbaren Tempel ruft: "Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir, dem Immerwährenden, dem Unvergleichlichen, dem Altehrwürdigen der Tage." Hab acht, daß Hochmut dich nicht hindere, den Morgen göttlicher Offenbarung zu erkennen, daß irdische Wünsche dich nicht wie ein Schleier abhalten vom Herrn des Thrones in der Höhe und auf der Erde hienieden. Also rät dir die Feder des Höchsten. Er ist wahrlich der Gnädige, der Allgroßmütige. Rufe dir den² ins Gedächtnis, dessen Macht die deine überragte und dessen Rang den deinen übertraf.² Wo ist er, wohin entschwunden, was er besaß? Sei gewarnt und gehöre nicht zu denen, die tief schlafen. Er war es, der den Sendbrief Gottes in den Wind schlug, als Wir ihm kundtaten, was die Scharen der Tyrannei Uns erleiden ließen. Darum überfiel ihn Schmach von allen Seiten, und mit großem Verlust sank er hinab in den Staub der Erde. Denke tief über ihn nach, o König, und über solche, die gleich dir Städte eroberten und über Menschen herrschten. Aus ihren Palästen sandte sie der Allerbarmer hinab ins Grab. Sei gewarnt! Gehöre zu denen, die nachdenken. (sa.VT S.66)

³ Napoleon III.

87

Wir haben nichts von euch erbeten. Wahrlich, um Gottes willen ermahnen Wir euch, und Wir werden geduldig sein, wie Wir geduldig waren in dem, was Uns aus euren Händen widerfuhr, o Schar der Könige! (sa.VT S.92)

88

O ihr Herrscher Amerikas und ihr Präsidenten seiner Republiken! Horcht, was die Taube auf dem Zweig der Ewigkeit singt: "Es ist kein Gott außer Mir, dem Ewigwährenden, dem Vergeber, dem Allgroßmütigen." Schmückt den Tempel der Herrschaft mit der Zier der Gerechtigkeit und der Gottesfurcht und krönt ihn mit dem Gedenken eures Herrn, des Schöpfers der Himmel. Dies rät euch Er, der Tagesanbruch der Namen, wie es Ihm von dem Allwissenden, dem Allweisen, befohlen ist. Der Verheißene ist auf dieser herrlichen Stufe erschienen, und alle Wesen, sichtbar und unsichtbar, frohlockten darob. Nutzet den Tag Gottes! Ihm zu begegnen ist fürwahr besser für euch als alles, was die Sonne bescheint - O daß ihr es doch wüßtet! O Schar der Herrscher! Hört auf das, was vom Tagesanbruch der Erhabenheit aufsteigt: "Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir, dem Herrn der Rede, dem Allwissenden." Verbindet den Verletzten mit den Händen der Gerechtigkeit und zermalmet den Unterdrücker auf der Höhe seiner Macht mit der Rute der Gebote eures Herrn, des Gesetzgebers, des Allweisen.

89

O Volk von Konstantinopel!¹ Siehe, aus deiner Mitte hören Wir den Schrei der Eule. Seid ihr dem Rausch der Leidenschaft erlegen oder versunken in Achtlosig-keit? O Ort, an den Küsten der beiden Meere gelegen!² Wahrlich, der Thron der Tyrannei wurde in dir errichtet und die Flamme des Hasses in deinem Busen so entfacht, daß die himmlischen Heerscharen und die, welche den Erhabenen Thron umkreisen, jammern und wehklagen. Wir sehen in dir die Narren über die Weisen herrschen, die Finsternis vor dem Lichte sich brüsten. Du bist fürwahr sichtlich mit Hochmut erfüllt. Ließ dich dein äußerer Glanz hoffärtig werden? Bei Ihm, dem Herrn der Menschheit! Bald wird er vergehen, und deine Töchter und Witwen und alle Geschlechter, die in dir leben, werden wehklagen. Also unterrichtet dich der Allwissende, der Allweise. (sa.VT S.71)

90

Ufer des Rheins!¹ Wir sehen euch mit Blut bedeckt, da die Schwerter der Vergeltung gegen euch gezückt wurden; und noch einmal wird es euch so ergehen. Und Wir hören das Wehklagen Berlins, obwohl es heute in sichtbarem Ruhme strahlt. (sa.VT S.66)

91

Laß dich durch nichts betrüben, o Land von Tá¹, denn Gott hat dich auserkoren zum Quell der Freude für die ganze Menschheit. Er wird, so es Sein Wille ist, deinen Thron segnen mit einem, der mit Gerechtigkeit regieren und die Herde Gottes sammeln wird, die von Wölfen zerstreut ward. Ein solcher Herrscher wird mit Freude und Frohsinn sein Antlitz dem Volke Bahás zuwenden und ihm seine Gunst erweisen. Er gilt wahrlich in den Augen Gottes als Kleinod unter den Menschen. Auf ihm ruhe für immer die Herrlichkeit Gottes und die Herrlichkeit aller, die im Reiche Seiner Offenbarung wohnen. (sa.ÄL 56/1)

¹ Teheran s.n122

92

Jauchze mit großer Freude, denn Gott hat dich zum "Tagesanbruch Seines Lichtes" gemacht, da in dir die Manifestation Seiner Herrlichkeit geboren ward.¹ Freue dich dieses Namens, der dir verliehen ward, eines Namens, durch den die Sonne der Gnade ihren Glanz ergoß, durch den Erde und Himmel erleuchtet wurden. (sa.ÄL 56/2)

93

Bald werden sich die Verhältnisse in dir ändern und die Zügel der Macht in die Hände des Volkes übergehen. Wahrlich, dein Herr ist der Allwissende. Seine Gewalt umfaßt alle Dinge. Sei der gnädigen Gunst deines Herrn gewiß. Das Auge Seiner Güte ist ewiglich auf dich gerichtet. Der Tag naht, da deine Erregung in Frieden und Ruhe verwandelt sein wird. So ist es verfügt in dem wundersamen Buche. (sa.ÄL 56/3)

94

O Land von Khá!¹ Wir hören aus dir die Stimme der Helden, erhoben zur Verherrlichung deines Herrn, des Allbesitzenden, des Erhabensten. Gesegnet der Tag, da in Meinem Namen, der Allherrliche, die Banner der göttlichen Namen im Reiche der Schöpfung entfaltet werden. An diesem Tage werden die Getreuen frohlocken über den Sieg Gottes, und die Ungläubigen werden wehklagen.

¹ Khurasan s.n124

95

Niemand streite mit denen, die Amtsgewalt über das Volk haben. Überlaßt ihnen, was ihrer ist, und richtet euer Augenmerk auf die Menschenherzen.

96

Du Mächtigstes Weltmeer! Verbreite unter den Nationen, was Dir aufgetragen ist von Ihm, dem Herrn der Ewigkeit, und schmücke die Tempel aller Erdenbewohner mit dem Gewande Seines Gesetzes, durch das alle Herzen frohlocken und alle Augen erhellt werden.

97

So jemand einhundert Mithqál Gold erwirbt, gehören neunzehn Mithqál davon Gott und sind Ihm, dem Schöpfer von Erde und Himmel, zu geben.¹ Habt acht, o Volk, daß ihr euch eine so große Gnade nicht versagt. Dies haben Wir euch befohlen, wiewohl Wir durchaus auf euch und alle im Himmel und auf Erden verzichten können. Es liegt Weisheit und Nutzen darin, die das Wissen aller außer Gott, dem Allwissenden, dem Allunterrichteten, übersteigt. Sprich: Hierdurch will Er reinigen, was ihr besitzet, und euch befähigen, Stufen zu nahen, die nur der begreift, den Gott es begreifen läßt. Er ist in Wahrheit der Wohltätige, der Gnädige, der Gabenreiche. O Volk! Verfahret nicht treulos mit dem Rechte Gottes noch verfügt darüber ohne Seine Erlaubnis. So ist Sein Befehl ergangen in den heiligen Tafeln und in diesem erhabenen Buche. Wer Gott gegenüber treulos ist, wird gerechterweise selbst Treulosigkeit erfahren. Wer jedoch nach Gottes Geheiß handelt, wird einen Segen empfangen aus dem Himmel der Gnadengaben seines Herrn, des Gnädigen, des Schenkenden, des Großzügigen, des Altehrwürdigen der Tage. Wahrlich, Er will für euch, was eure Kenntnis jetzt noch übersteigt, euch aber bekannt wird, wenn nach diesem flüchtigen Leben eure Seelen himmelwärts steigen und die Teppiche eurer irdischen Freuden zusammengerollt werden. So ermahnt euch Er, in dessen Besitz die Verwahrte Tafel ist.

98

Zahlreiche Bittgesuche der Gläubigen um das Gesetz Gottes, des Herrn des Sichtbaren und des Unsichtbaren, des Herrn aller Welten, sind vor Unseren Thron gelangt. Darum haben Wir diese heilige Tafel offenbart und sie mit dem Mantel Seines Gesetzes geschmückt, auf daß das Volk die Befehle seines Herrn befolge.¹ Ähnliche Anfragen waren über mehrere Jahre hinweg an Uns gestellt worden, doch in Unserer Weisheit hatten wir Unsere Feder zurückgehalten, bis vor wenigen Tagen Briefe von einigen Freunden eintrafen, und Wir deshalb durch die Macht der Wahrheit nunmehr mit dem antworten, was die Menschenherzen beleben wird.

99

Sprich: O ihr Schar der Geistlichen! Wägt Gottes Buch nicht mit Maßstäben und Wissenschaften, wie sie bei euch im Schwange sind. Denn das Buch selbst ist die untrügliche Waage, die unter den Menschen aufgestellt ist. Auf dieser vollkommenen Waage muß alles gewogen werden, was die Völker und Geschlechter der Erde besitzen, während ihre Gewichte nach ihrem eigenen Richtmaß geprüft werden sollten - könntet ihr es doch erkennen! (sa.ÄL 98/1)

100

Bitterlich weint das Auge Meiner liebenden Güte über euch, weil ihr versäumt habt, Ihn zu erkennen, den ihr Tag und Nacht, des Abends wie des Morgens, anruft. O ihr Menschen, schreitet mit schneeweißem Antlitz und strahlendem Herzen voran zu dem gesegneten, hochroten Ort¹, wo der Sidratu'l-Muntahá² ruft: "Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir, dem allmächtigen Beschirmer, dem Selbstbestehenden!" (sa.ÄL 98/2)

101

O ihr Schar der Geistlichen! Wer ist unter euch, der sich an enthüllender Schau und Einsicht mit Mir messen könnte? Wo ist der zu finden, der zu behaupten wagt, Mir an Rede und Weisheit ebenbürtig zu sein? Nein, bei Meinem Herrn, dem Allbarmherzigen! Alles auf Erden wird vergehen, dies aber ist das Antlitz eures Herrn, des Allmächtigen, des Vielgeliebten. (sa.ÄL 98/3)

102

Wir haben bestimmt, O Menschen, daß der höchste, letzte Zweck aller Gelehrsamkeit die Anerkennung dessen sei, der das Ziel aller Erkenntnis ist; und doch seht, wie ihr eurer Gelehrsamkeit gestattet habt, euch wie durch einen Schleier zu trennen von Ihm, dem Tagesanbruch dieses Lichtes, durch den alles Verborgene offenbart worden ist. Könntet ihr den Quell entdecken, woraus der Glanz dieser Rede strömt, ihr würdet die Völker der Welt und all ihren Besitz verwerfen und euch diesem gesegneten Throne der Herrlichkeit nahen. (sa.ÄL 98/4)

103

Sprich: Dies ist wahrlich der Himmel, in dem das Mutterbuch¹ verwahrt ist, könntet ihr es doch verstehen! Er ist es, der den Felsen rufen ließ, der den Brennenden Busch auf dem Berge hoch über dem Heiligen Lande die Stimme erheben und verkünden ließ: "Das Reich ist Gottes, des souveränen Herrn über alle, des Allmachtvollen, des Liebenden!" (sa.ÄL 98/5)

104

Wir haben weder eine Schule besucht noch eure Abhandlungen gelesen. Neigt euer Ohr den Worten dieses Ungelehrten. Er ruft euch vor Gott, den Ewigbestehenden. Dies ist besser für euch als alle Schätze der Erde, könntet ihr es doch begreifen. (sa.ÄL 98/6)

105

Wer auslegt, was vom Himmel der Offenbarung herabgesandt ward, und dessen offenkundigen Sinn ändert¹, gehört wahrlich zu denen, die das erhabene Wort Gottes verdrehen, und zu den Verlorenen im Deutlichen Buche. (BSW S.116)

106

Euch wurde geboten, die Nägel zu schneiden, euch jede Woche zu baden, und euch mit dem zu reinigen, was ihr schon bisher dazu benutztet. Habt acht, daß ihr nicht aus Nachlässigkeit zu befolgen versäumt, was Er, der Unvergleichliche, der Gnädige, euch geboten. Steiget in reines Wasser. Es ist euch verboten, in Wasser zu baden, das schon benutzt wurde. Meidet die Gemeinschaftsbecken der persischen Bäder.¹ Wer sich solchen Bädern nähert, riecht ihren Gestank, bevor er sie betritt. Meidet sie, o Volk, und zählt nicht zu denen, die derlei Widerwärtigkeit schmählich übernehmen. Sie gleichen in Wahrheit faulen, verseuchten Kloaken, so ihr zu denen gehört, die begreifen. Meidet auch die übelriechenden Wasserbecken in den Höfen der persischen Häuser² und gehört zu den Reinen und Geheiligten. Wahrlich, als Offenbarungen des Paradieses auf Erden wünschen Wir euch zu sehen. Ihr sollt einen Wohlgeruch verbreiten, der die Herzen der Gott Nahen frohlocken läßt. Wäscht der Badende sich, indem er das Wasser auf seinen Leib gießt, statt hineinzusteigen, so ist das besser für ihn und enthebt ihn der Notwendigkeit körperlichen Untertauchens. Der Herr wünscht euch wahrlich, als Zeichen Seiner Gunst, das Leben zu erleichtern, damit ihr zu denen gehöret, die wirklich dankbar sind.

107

Es ist euch verboten, eine Ehefrau eures Vaters zu heiraten.¹ Aus Scham scheuen Wir Uns, das Thema der Knaben zu behandeln.² Fürchtet den Barmherzigen, o Völker der Welt! Begehet nicht, was euch auf Unserer heiligen Tafel verboten ist, und zählt nicht zu denen, die verwirrt in der Wüste ihrer Lüste schweifen.

108

Niemand soll vor aller Augen heilige Verse murmeln, während er durch die Straßen oder über den Markt geht.¹ Will man den Herrn lobpreisen, so an Orten, die für das Gedenken Gottes errichtet sind, oder aber bei sich zu Hause. Das ist der Aufrichtigkeit und Frömmigkeit eher angemessen. So scheint die Sonne Unseres Befehls über dem Horizont Unserer Rede. Selig also, wer Unser Geheiß erfüllt.

109

Jedem ist geboten, ein Testament zu verfassen.¹ Er sollte den Kopf dieser Urkunde mit dem Größten Namen schmücken², die Einheit Gottes im Tagesanbruch Seiner Offenbarung bezeugen und, wie es ihm gefällt, zum Ausdruck bringen, was zu loben ist, auf daß es ein Zeugnis für ihn sei in den Reichen der Offenbarung und der Schöpfung sowie ein Schatz bei seinem Herrn, dem höchsten Beschützer, dem Getreuen.

110

Aller Feste Krönung sind die beiden Größten Feste und die beiden anderen Feste, die auf die Zwillingstage fallen.¹ Das erste der beiden Größten Feste umfaßt die Tage, da der Allbarmherzige die strahlende Herrlichkeit Seiner erhabensten Namen und Seiner hehrsten Attribute über die ganze Schöpfung ergoß. Das zweite ist der Tag, da Wir den erhoben, welcher der Menschheit die frohe Botschaft dieses Namens ankündete, durch den die Toten auferweckt und alle im Himmel und auf Erden versammelt wurden. So ward es verordnet von Ihm, dem Gesetzgeber, dem Allwissenden.

111

Glücklich, wer den ersten Tag des Monats Bahá¹ erlangt, den Tag, den Gott diesem Großen Namen weihte. Und selig, wer an diesem Tage Zeugnis ablegt von den Gnadengaben, die Gott ihm geschenkt hat. Er zählt wahrlich zu denen, die ihren Dank an Gott durch Taten bezeigen, welche die alle Welten umspannende Freigebigkeit Gottes bekunden. Sprich: Dieser Tag ist wahrlich die Krone aller Monate und deren Ursprung, der Tag, da der Odem des Lebens über alles Erschaffene weht. Groß ist der Segen dessen, der ihn mit Heiterkeit und Frohmut begrüßt. Wir bezeugen, daß er in Wahrheit zu denen gehört, die ihr Ziel erreicht haben.

112

Sprich: Das Größte Fest ist fürwahr der König aller Feste.¹ Ruft euch, o Volk, die Gabenfülle in Erinnerung, die Gott euch verliehen hat. Ihr waret in Schlaf versunken, und siehe, Er erweckte euch mit den lebenspendenden Lüften Seiner Offenbarung und gab euch Kenntnis von Seinem klaren, nicht in die Irre führenden Pfad.

113

Bei Krankheit wendet euch an fähige Ärzte. Wir haben den Gebrauch stofflicher Mittel nicht verworfen, vielmehr bestätigten Wir ihn durch diese Feder, die Gott zum Dämmerort Seiner strahlenden, herrlichen Sache gemacht hat.

114

Gott hat vormals allen Gläubigen geboten, vor Unserem Thron einzigartige Gegenstände als Gabe aus ihrem Besitz darzubringen. Zum Zeichen Unserer gnädigen Gunst haben Wir sie von dieser Pflicht befreit.¹ Er ist in Wahrheit der Großzügigste, der Gabenreichste.

115

Selig ist, wer zur Stunde der Morgendämmerung¹ seine Gedanken auf Gott richtet und, Seinem Gedenken hingegeben und Seine Vergebung erflehend, seine Schritte zum Mashriqu'l-Adhhkár lenkt, sich dort schweigend setzt und den Versen Gottes, des Souveräns, des Mächtigen, des Allgepriesenen lauscht. Sprich: Der Mashriqu'l-Adhkár ist ein jedes Bauwerk, das in Städten und Dörfern zu Meinem Lobpreis errichtet ist. Dies ist der Name, der ihm vor Gottes Thron verliehen ward, so ihr zu den Verständigen gehöret.

116

Wer die Verse des Allbarmherzigen in den melodischsten Tönen vorträgt, wird durch sie zu einer Erkenntnis gelangen, mit der sich die Souveränität über Erde und Himmel nicht vergleichen läßt. Aus ihnen werden die Menschen den Duft Meiner Welten verspüren - Welten, die an diesem Tage keiner erkennen kann außer denen, die durch diese hehre, diese strahlend schöne Offenbarung mit Scharfblick ausgestattet sind. Sprich: Diese Verse ziehen Herzen, die rein sind, hin zu jenen geistigen Welten, die weder beschrieben noch angedeutet werden können. Selig sind die Hörenden.

117

Helfet, o Mein Volk, Meinen erwählten Dienern, die sich aufgemacht haben, Meiner unter Meinen Geschöpfen zu gedenken und Mein Wort in Meinem Reiche zu erhöhen. Sie sind in Wahrheit die Sterne am Himmel Meiner liebenden Vorsehung, die Lampen Meiner Führung für die ganze Menschheit. Wessen Worte aber dem widersprechen, was auf Meinen heiligen Tafeln herabgesandt ist, der ist nicht von Mir. Habet acht, daß ihr nicht ruchlosen Scharlatanen folgt. Diese Tafeln sind geschmückt mit dem Siegel dessen, der den Morgen dämmern läßt, der Seine Stimme erhebt zwischen Himmel und Erde.¹ Haltet euch an diesen Sicheren Griff und an das Seil Meiner mächtigen, unanfechtbaren Sache.

118

Der Herr hat jedem, der es wünscht, gestattet, die verschiedenen Sprachen der Welt zu erlernen, damit er überall im Osten und im Westen die Botschaft der Sache Gottes weitergebe und unter den Völkern und Geschlechtern der Welt so von Ihm künde, daß die Herzen wiederbelebt und die modernden Gebeine wieder lebendig werden. (sa.STARW XIV p.113)

119

Dem Menschen ist Verstand gegeben. Darum nehme er nichts zu sich, was ihn dessen beraubt.¹ Er soll sich verhalten, wie es seiner Stufe würdig ist, und nicht den Missetaten achtloser, schwankender Seelen folgen.

120

Kränzt euch das Haupt mit Vertrauenswürdigkeit und Treue, schmückt euer Herz mit der Zier der Gottesfurcht, eure Zunge mit unbedingter Wahrhaftigkeit, euren Leib mit dem Gewand der Höflichkeit. Dies ist wahrlich der rechte Schmuck für den Tempel des Menschen - gehörtet ihr doch zu denen, die nachdenken! O Volk Bahas, klammert euch an das Seil der Dienstbarkeit vor Gott, dem Wahren, denn so wird eure Stufe offenbar, euer Name aufgezeichnet und verwahrt, euer Rang erhöht und euer Andenken geehrt werden auf der Verwahrten Tafel. Habt acht, daß euch die Erdenbewohner nicht von dieser herrlichen, erhabenen Stufe abhalten. Also ermahnten Wir euch in den meisten Unserer Sendbriefe und nun hier auf Unserer heiligen Tafel, über der das Tagesgestirn der Gesetze des Herrn, eures Gottes, des Gewaltigen, des Allweisen, erstrahlt. (sa.STARW XIV p.113)

121

Wenn das Meer Meiner Gegenwart verebbt, und das Buch Meiner Offenbarung abgeschlossen ist, wendet euer Angesicht Ihm zu, den Gott bestimmt hat, der aus dieser urewigen Wurzel entsproß.¹ (sa.WOB S.195)

122

Seht die Kleingeistigkeit der Menschen! Sie verlangen nach dem, was ihnen schadet, und verwerfen, was ihnen nützt. Sie gehören fürwahr zu denen, die weit abgeirrt sind. Wir sehen Menschen, die Freiheit begehren und stolz darauf sind. Sie befinden sich in den Tiefen der Unwissenheit. (sa.ÄL 159/1)

123

Freiheit muß letzten Endes zu Aufruhr führen, dessen Flammen niemand löschen kann. So warnt euch Er, der Rechnende, der Allwissende. Wißt, daß die Verkörperung der Freiheit und ihr Sinnbild das Tier ist. Was dem Menschen ziemt, ist, daß er sich in Schranken fügt, die ihn vor seiner eigenen Unwissenheit beschützen und vor dem Schaden des Unheilstifters bewahren. Freiheit läßt den Menschen die Grenzen des Schicklichen überschreiten und die Würde seiner Stufe verletzen. Sie erniedrigt ihn auf die Ebene tiefster Verderbtheit und Schlechtigkeit. (sa.ÄL 159/2)

124

Seht die Menschen an als eine Herde Schafe, die zu ihrem Schutze eines Hirten bedarf. Dies ist gewiß die Wahrheit, die unumstößliche Wahrheit. Wir billigen die Freiheit unter bestimmten Bedingungen, unter anderen verwerfen Wir sie. Wir sind wahrlich der Allwissende. (sa.ÄL 159/3)

125

Sprich: Wahre Freiheit besteht in der Unterwerfung des Menschen unter Meine Gebote, so wenig ihr dies auch versteht. Würden die Menschen befolgen, was Wir aus dem Himmel der Offenbarung auf sie herabsandten, so erlangten sie sicherlich vollkommene Freiheit. Glücklich der Mensch, der die Absicht Gottes in allem erfaßt, was Er aus dem Himmel Seines Willens, der alles Erschaffene durchdringt, offenbart! Sprich: Die Freiheit, die euch nützt, ist nirgendwo zu finden außer in vollkommener Dienstbarkeit vor Gott, der Ewigen Wahrheit. Wer ihre Süße kostet, wird es verschmähen, sie gegen alle Herrschaft der Erde und des Himmels zu tauschen. (sa.ÄL 159/4)

126

Im Bayán wurde euch verboten, Uns Fragen zu stellen.¹ Der Herr hat euch nun von diesem Verbot befreit, so daß ihr frei seid, solche Fragen zu stellen, die euch nötig erscheinen, doch nicht müßige Fragen wie die, mit denen sich die Menschen früherer Zeiten befaßten. Fürchtet Gott und gehört zu den Gerechten! Fraget, was euch in der Sache Gottes und in Seinem Reiche Nutzen bringt, denn die Tore Seines zarten Erbarmens sind weit geöffnet vor allen, die im Himmel und auf Erden wohnen.

127

Die Zahl der Monate eines Jahres, festgelegt im Buche Gottes, ist neunzehn.¹ Der erste von ihnen ward geschmückt mit diesem Namen, der die Welt der Schöp-fung beschirmt.²

128

Der Herr hat bestimmt, daß die Toten in Särgen aus Kristall, aus hartem, widerstandsfähigem Stein oder aus feinem, haltbarem Holz beerdigt werden.¹ An den Finger soll ein gravierter Ring gesteckt werden. Er ist wahrlich der Höchste Gebieter, der Allwissende.

129

Die Inschrift auf diesem Ring soll beim Manne lauten: "Gottes ist alles in den Himmeln und auf Erden und zwischen ihnen, und Er weiß in Wahrheit um alle Dinge", und bei der Frau: "Gottes ist die Herrschaft über Himmel und Erde und über alles zwischen ihnen, und Er ist in Wahrheit mächtig über alle Dinge." Dies sind die vormals offenbarten Verse, aber siehe, der Punkt des Bayán ruft jetzt aus und spricht: "O Du Meistgeliebter der Welten! Offenbare an deren Stelle Worte, welche den Duft Deiner gnädigen Gunst über die ganze Menschheit verbreiten. Wir haben jedermann verkündet, daß ein einziges Wort von Dir alles übertrifft, was im Bayán herabgesandt ward. Du hast fürwahr die Macht zu tun, was Du wünschest. Beraube Deine Diener nicht der überströmenden Gabenfülle aus dem Weltmeer Deiner Barmherzigkeit! Du bist in Wahrheit der, dessen Gnade grenzenlos ist." Seht, Wir haben auf Seinen Ruf gehört und erfüllen nunmehr Seinen Wunsch. Er ist wahrlich der Meistgeliebte, der auf den Ruf hört. Graviert man den folgenden Vers, soeben von Gott herabgesandt, auf die Totenringe von Männern wie Frauen, so wird es besser für sie sein. Wir sind gewißlich der Höchste Gebieter: "Von Gott kam ich und zu Ihm kehre ich zurück, losgelöst von allem außer Ihm, und halte mich fest an Seinem Namen, der Barmherzige, der Mitleidvolle." So erwählt der Herr für Seine Gnade, wen immer Er wünscht. Er ist in aller Wahrheit der Gott der Kraft und der Macht.

130

Der Herr hat überdies verordnet, daß der Verstorbene in fünf Tücher aus Seide oder Baumwolle gehüllt werde.¹ Wer über begrenzte Mittel verfügt, für den genügt ein einziges Tuch aus einem der beiden Stoffe. So ward es geboten von Ihm, dem Allwissenden, dem Allunterrichteten. Es ist euch verboten, den Leichnam mehr als eine Stunde Weges aus der Stadt zu bringen²; vielmehr soll er freudig, voll Seelenfrieden an einem nahen Ort begraben werden.

131

Gott hebt die im Bayán verfügten Reisebeschränkungen auf.¹ Er ist wahrlich der Uneingeschränkte; Er tut, was Ihm gefällt, und gebietet, was Er will.

132

O Völker der Welt! Höret auf den Ruf dessen, der der Herr der Namen ist, der euch aus Seiner Wohnstatt im Größten Gefängnis verkündet: "Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir, dem Machtvollen, dem Mächtigen, dem Allunterwerfenden, dem Erhabensten, dem Allwissenden, dem Allweisen." Fürwahr, es ist kein Gott außer Ihm, dem allmächtigen Beherrscher der Welten. Wäre es Sein Wille, Er nähme durch ein einziges Wort aus Seiner Gegenwart die ganze Menschheit in Seinen Griff. Hütet euch, mit der Annahme dieser Sache zu zögern - einer Sache, vor der sich die Höchste Schar und die Bewohner der Städte der Namen niederbeugen. Fürchtet Gott und gehört nicht zu denen, die wie durch einen Schleier ausgeschlossen sind. Verbrennt die Schleier mit dem Feuer Meiner Liebe und vertreibt die Nebel nichtiger Vorstellungen mit der Macht dieses Namens, durch den Wir die ganze Schöpfung unterworfen haben.

133

Erhöht und lobpreiset die beiden Häuser an den geheiligten Zwillingsorten sowie die anderen Orte, an denen der Thron eures Herrn, des Allbarmherzigen, aufgestellt war.¹ Dies befiehlt euch der Herr jedes verstehenden Herzens.

134

Seid wachsam, daß die Geschäfte dieser Welt euch nicht von dem abhalten, was euch von Ihm, dem Mächtigen, dem Getreuen, geboten ward. Seid die Verkörperungen solcher Standhaftigkeit unter den Menschen, daß ihr nicht von Gott zurückgehalten werdet durch die Zweifel derer, die nicht an Ihn glaubten, als Er sich offenbarte, bekleidet mit machtvoller Souveränität. Habt acht, daß nichts, was im Buch verzeichnet war, euch hindere, auf dieses Lebendige Buch zu hören¹, das die Wahrheit verkündet: "Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir, dem Erhabensten, dem Allgepriesenen." Schaut mit den Augen der Gerechtigkeit auf Ihn, der herniedergestiegen ist aus dem Himmel göttlichen Willens und göttlicher Macht, und gehöret nicht zu denen, die Unrecht tun.

135

Alsdann ruft euch jene Worte ins Gedächtnis, die zum Preise dieser Offenbarung aus der Feder Meines Herolds strömten¹, und denket nach über das, was die Hände der Unterdrücker in Meinen Tagen verübt haben. Sie zählen fürwahr zu den Verlorenen. Er sprach: "Solltet ihr in die Gegenwart dessen gelangen, den Wir offenbaren werden, so flehet zu Gott, daß Er in Seiner Großmut geruht, bei euch auf dem Diwan zu sitzen, denn schon dies würde euch zu unvergleichlicher, allüberragender Ehre gereichen. Sollte Er in eurer Wohnung einen Becher Wasser trinken, so wäre dies für euch segensreicher, als wenn ihr allen Seelen, ja jedem erschaffenen Ding das Wasser seines Lebens reichtet. Wisset dies, O ihr Meine Diener!"

136

Dies sind die Worte, mit denen Er¹ Mein Sein verherrlicht - könntet ihr es doch verstehen! Wer über diese Verse nachdenkt und erkennt, welche verborgenen Perlen darin verwahrt sind, wird - bei der Gerechtigkeit Gottes! - den Duft des Allbarmherzigen atmen, wie er aus diesem Gefängnis weht, und wird mit ganzem Herzen und mit solcher Sehnsucht zu Ihm eilen, daß alle Scharen von Erde und Himmel machtlos wären, ihn davon abzuhalten. Sprich: Dies ist eine Offenbarung, um die jeder Beweis und jedes Zeugnis kreisen. So ward es herabgesandt von eurem Herrn, dem Gott der Barmherzigkeit, wolltet ihr doch zu denen gehören, die gerecht urteilen. Sprich: Dies ist der Geist aller heiligen Schriften, gehaucht in die Feder des Höchsten. Alles Erschaffene ist davon wie vom Donner gerührt, ausgenommen jene, die hingerissen sind von den zarten Winden Meiner Gnade und den süßen Düften Meiner Großmut, welche die ganze Schöpfung durchdringen.

¹ der Báb

137

O Volk des Bayán! Fürchtet den Allbarmherzigen und bedenket, was Er an anderer Stelle offenbart hat. Er sprach: "Die Qibla ist fürwahr Er, den Gott offenbaren wird. Wohin Er sich begibt, dahin folgt sie, bis Er Seine letzte Ruhe findet."¹ So ward es herabgesandt vom Höchsten Gebieter, als Er von dieser Größten Schönheit zu sprechen beliebte. Sinnet darüber nach, o Volk, und gehört nicht zu denen, die verwirrt in der Wildnis des Irrtums schweifen. Wenn ihr auf Geheiß eurer eitlen Vorstellungen Ihn verwerft, wo ist dann die Qibla, der ihr euch zuwenden wollt, o Versammlung der Achtlosen? Denket nach über diesen Vers und urteilt gerecht vor Gott, damit ihr vielleicht die Perlen der Geheimnisse sammelt aus dem Weltmeer, das da wogt in Meinem Namen, der Allherrliche, der Höchste.

138

An diesem Tag müssen sich alle einzig an das halten, was in dieser Offenbarung verkündet ist. Dies ist Gottes Gebot, in früheren wie in künftigen Zeiten - ein Gebot, mit dem von jeher die Schriften der Boten geschmückt sind. Dies ist die Ermahnung des Herrn, in früheren wie in künftigen Zeiten - eine Ermahnung, mit der die Vorrede zum Buche des Lebens geziert ist, so ihr es doch wahrnähmet! Dies ist der Befehl des Herrn, in früheren wie in künftigen Zeiten; hütet euch, daß ihr nicht Schmach und Erniedrigung vorzieht. Nichts wird euch an diesem Tage helfen außer Gott, keine Zuflucht gibt es außer bei Ihm, dem Allwissenden, dem Allweisen. Wer Mich erkennt, hat das Ziel aller Sehnsucht erkannt, und wer sich Mir zuwendet, wendet sich dem Ziel aller Anbetung zu. So ist es verfügt im Buche, und so ist es beschlossen bei Gott, dem Herrn aller Welten. Einen einzigen Vers Meiner Offenbarung zu lesen ist besser, als die Schriften der früheren und späteren Geschlechter zu studieren. Dies ist die Rede des Allbarmherzigen, hättet ihr doch Ohren zu hören! Sprich: Dies ist das Wesen des Wissens, wenn ihr es doch verstündet.

139

Und nun bedenket, was an einer anderen Stelle offenbart wurde, damit ihr eure eigenen Vorstellungen aufgebt und euer Angesicht auf Gott, den Herrn des Seins, richtet. Er¹ sagte: "Es ist nicht erlaubt, jemanden zu ehelichen, der nicht an den Bayán glaubt. Nimmt nur ein Ehepartner diesen Glauben an, so hat der andere keinen Anspruch auf dessen Habe², bis sich auch der andere bekehrt. Dieses Gesetz tritt jedoch erst in Kraft nach der Erhöhung der Sache Dessen, den Wir in Wahrheit offenbaren werden, oder dessen, was bereits in Gerechtigkeit offenbart ward. Vorher steht euch frei zu heiraten, wie ihr wollt, auf daß ihr vielleicht so die Sache Gottes erhöht." Also sang die Nachtigall ihr süßes Lied auf dem himmlischen Zweig zum Lobpreis ihres Herrn, des Allbarmherzigen. Wohl denen, die da hören!

140

O Volk des Bayán, Ich beschwöre euch bei eurem Herrn, dem Gott der Gnade: Schaut mit dem Auge der Gerechtigkeit auf diese Rede, welche die Macht der Wahrheit herabgesandt, und gehört nicht zu denen, die das Zeugnis Gottes sehen, es aber dennoch verwerfen und leugnen. Sie zählen in Wahrheit zu denen, die sicherlich zugrunde gehen werden. Ausdrücklich erklärte der Punkt des Bayán¹ in diesem Vers, daß Meine Sache vor Seiner eigenen erhöht werde; dies kann jeder gerechte, verständige Geist bezeugen. Wie ihr heute leicht feststellt, können diese Erhöhung nur noch jene leugnen, deren Augen vom sterblichen Leben trunken sind. Sie erwartet im künftigen Leben eine demütigende Züchtigung.

141

Sprich: Bei der Gerechtigkeit Gottes! Ich bin wahrlich Sein¹ Höchstgeliebter. In diesem Augenblick hört Er, wie diese Verse vom Himmel der Offenbarung herniedersteigen, und wehklagt über das Unrecht, das ihr in diesen Tagen begangen habt. Fürchtet Gott und macht euch nicht gemein mit dem Angreifer. Sprich: O Volk, wenn ihr schon nicht an Ihn² glauben wollt, dann lehnt euch wenigstens nicht gegen Ihn auf! Bei Gott! Es genügt, daß die Scharen der Tyrannei sich gegen Ihn verbünden!

¹ des Báb

² Bahá'u'lláh

142

Wahrlich, Er¹ offenbarte einige Gesetze, damit in dieser göttlichen Sendung die Feder des Höchsten sich nur zur Verherrlichung Seiner allüberragenden Stufe und Seiner strahlenden Schönheit zu bewegen brauche. Da Wir jedoch Unsere Gnade für euch darzutun wünschen, legen Wir durch die Macht der Wahrheit diese Gesetze in aller Klarheit nieder und mildern sie ab auf das, was Wir von euch beachtet haben wollen. Er ist wahrlich der Freigebige, der Großzügige.

¹ der Báb

143

Er¹ hat euch früher enthüllt, was heute von diesem Tagesanbruch göttlicher Weisheit geäußert werde. Er sagte, und Er spricht die Wahrheit: "Er² ist es, der in jeder Lage verkünden wird: `Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir, dem Einen, dem Unvergleichlichen, dem Allwissenden, dem Allkennenden.`"³ Dies ist eine Stufe, die Gott allein dieser hehren, dieser einzigartigen, wundersamen Offenbarung zuerkannt hat. Dies ist ein Zeichen Seiner Gunst und Gabenfülle, so ihr zu denen gehört, die begreifen, und ein Beweis Seines unwiderstehlichen Ratschlusses. Dies ist Sein Größter Name, Sein erhabenstes Wort und der Tagesanbruch Seiner hehrsten Titel, könntet ihr es nur verstehen. Nein, mehr noch: Durch Ihn wird jeder Springquell, jeder Dämmerort göttlicher Führung offenbar. Denket nach über das, o Volk, was in Wahrheit herabgesandt ist; meditiert darüber und zählet nicht zu den Übertretern.

¹ der Báb

² Bahá'u'lláh

144

Verkehret mit allen Religionen in Herzlichkeit und Eintracht, auf daß sie Gottes süße Düfte von euch einatmen. Hütet euch, daß euch im Umgang mit den Menschen nicht die Hitze törichter Unwissenheit übermanne. Alles hat seinen Anfang in Gott und alles kehrt zu Ihm zurück. Er ist aller Dinge Ursprung, und in Ihm haben alle Dinge ihr Ende. (sa.STARW XIV p.114)

145

Betretet kein Haus in Abwesenheit seines Besitzers ohne dessen Erlaubnis. Handelt allezeit mit Anstand und gehöret nicht zu den Achtlosen.

146

Es ist euch geboten, durch die Zahlung der Zakát¹ eure Mittel für den Unterhalt und dergleichen zu reinigen. So wurde es auf dieser erhabenen Tafel verfügt durch Ihn, den Offenbarer der Verse. Wenn es Gottes Wille ist, werden Wir die Bemessungsgrundlage demnächst festlegen. Er erläutert wahrlich, was immer Er wünscht, kraft Seines Wissens, und Er ist fürwahr der Allwissende, der Allweise.

147

Betteln ist verboten, und es ist verboten, dem Bettler zu geben.¹ Alle sind gehalten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und was die anbelangt, die dazu außerstande sind, so ist es die Pflicht der Bevollmächtigten Gottes und der Wohlhabenden, in angemessenem Umfang für sie zu sorgen. Haltet euch an Gottes Satzung und Befehl, nein, schützet sie, wie ihr eure Augen schützet, und gehört nicht zu denen, die schweren Verlust erleiden.

148

Es ist euch im Buche Gottes verboten, euch auf Wortstreit und Konflikte einzulassen, einen anderen zu schlagen oder ähnliches zu begehen, was die Herzen und Seelen betrübt. Eine Geldstrafe von neunzehn Mithqál Gold ward ehedem von Ihm, dem Herrn der ganzen Menschheit, für den bestimmt, der einem anderen Kummer bereitet hat.¹ In dieser göttlichen Sendung hat Er euch jedoch davon befreit und ermahnt euch, Gerechtigkeit und Frömmigkeit an den Tag zu legen. Dies ist der Befehl, den Er euch auf dieser strahlenden Tafel erteilt. Wünschet anderen nichts, was ihr nicht für euch selbst wünschet. Fürchtet Gott und gehöret nicht zu den Hochmütigen. Ihr seid alle aus Wasser erschaffen, und zum Staub kehret ihr zurück. Denkt an das Ende, das euch erwartet, und wandelt nicht auf den Wegen des Unterdrückers. Höret auf die Verse Gottes, die Er, der geheiligte Lotosbaum², euch vorträgt. Sie sind gewißlich die unfehlbare Waage, aufgestellt von Gott, dem Herrn dieser und der künftigen Welt. Sie lassen die Menschenseele ihren Flug zum Morgen der Offenbarung nehmen. Durch sie wird das Herz eines jeden wahren Gläubigen mit Licht erfüllt. Dies sind die Gesetze, die Gott euch gibt, dies sind Seine Gebote, die euch auf Seiner heiligen Tafel gegeben sind. Gehorchet ihnen in Freude und Heiterkeit, denn dies ist das Beste für euch, o daß ihr es doch wüßtet!

149

Sprecht die Verse Gottes jeden Morgen und jeden Abend.¹ Wer versäumt, sie zu sprechen, ist Gottes Bund und Seinem Testament nicht treu, und wer sich an diesem Tage von den heiligen Versen abkehrt, zählt zu denen, die sich seit Ewigkeit von Gott abgekehrt haben. Fürchtet Gott, o Meine Diener! Rühmt euch nicht der langen Schriftlektüre und vieler frommer Handlungen bei Tag und Nacht. So jemand einen einzigen Vers in Freude und Heiterkeit liest, ist es besser für ihn, als wenn er ermüdet alle Bücher Gottes liest, des Helfers in Gefahr, des Selbstbestehenden. Lest Gottes Verse in solchem Maße, daß nicht Schwäche und Verzagtheit euch überkommen. Bürdet euren Seelen nicht auf, was sie ermattet und niederdrückt, sondern gebt ihnen, was sie erleichtert und emporhebt, so daß sie sich auf den Flügeln der Verse Gottes aufschwingen zum Dämmerort Seiner offenbaren Zeichen. Dies wird euch Gott näherbringen, wenn ihr es nur begriffet.

150

Lehret eure Kinder die Verse, die vom Himmel der Majestät und Macht offenbart wurden, auf daß sie in den melodischsten Tönen die Tafeln des Allbarmherzigen in den Hallen des Mashriqu'l-Adhkár vortragen. Wer durch die Anbetung Meines Namens, der Mitleidvollste, in Verzückung gerät, wird Gottes Verse so vortragen, daß er die Herzen der noch Schlummernden bezaubert. Wohl dem, der den mystischen Wein ewigen Lebens aus dem Worte seines barmherzigen Herrn trank in Meinem Namen - einem Namen, der jeden majestätisch ragenden Berg zu Staub zermalmt.

151

Es ward euch geboten, die Möbel eurer Wohnung alle neunzehn Jahre zu erneuern.¹ So ist es verordnet von dem, der alles weiß und alles durchschaut. Er wünscht wahrlich Feinheit für euch und alles, was ihr besitzet. Fürchtet Gott und gehört nicht zu den Nachlässigen. Wer findet, daß seine Mittel für diesen Zweck nicht ausreichen, ist befreit von Gott, dem Ewigvergebenden, dem Gabenreichsten.

152

Wascht euch die Füße¹ jeden Tag im Sommer und alle drei Tage im Winter.

153

Wird jemand auf euch zornig, so begegnet ihm mit Milde, und schilt euch jemand, so scheltet nicht zurück, sondern überlaßt ihn sich selbst und setzt euer Vertrauen auf Gott, den allmächtigen Rächer, den Herrn der Gerechtigkeit und der Macht.

154

Der Gebrauch von Kanzeln ist euch verboten. Wer euch die Verse seines Herrn vortragen will, der sitze auf einem Stuhl auf erhöhtem Platz¹ und gedenke Gottes, seines Herrn und des Herrn der ganzen Menschheit. Es ist Gott gefällig, daß ihr um der Liebe willen, die ihr für Ihn und die Manifestation Seiner herrlichen, strahlenden Sache hegt, und zum Zeichen der Ehrfurcht auf Stühlen und Bänken sitzt.

155

Glücksspiel¹ und Opium sind euch verboten. Haltet euch fern von beidem, o Menschen, und gehört nicht zu den Übertretern. Hütet euch vor allen Stoffen, die den Tempel des Menschen stumpf und träge machen und dem Leib schaden.² Wir wünschen wahrlich nur, was euch nützt. Dies bezeugt alles Erschaffene - wenn ihr doch Ohren hättet zu hören!

156

Werdet ihr zu einem Festmahl oder zu einer Feier eingeladen, so geht darauf mit Freude und Fröhlichkeit ein, und wer sein Versprechen erfüllt, der ist gegen Tadel gefeit. Dies ist ein Tag, da Gottes weise Befehle allesamt erläutert wurden.

157

Seht, das "Geheimnis der Großen Umkehr im Zeichen des Souveräns"¹ ist jetzt offenbar. Wohl dem, den Gott die "Sechs" erkennen läßt, die kraft dieses "aufrechten Alif" erhoben ist.² Er gehört wahrlich zu denen, deren Glauben aufrichtig ist. Wie viele äußerlich Fromme haben sich abgewandt, und wie viele Verirrte sind nahegekommen mit dem Ruf: "Aller Lobpreis sei Dir, Du Verlangen der Welten!" Es liegt fürwahr in Gottes Hand zu geben, was Er wünscht, wem immer Er will, und vorzuenthalten, was Ihm gefällt, wem immer Ihm beliebt. Er kennt die tiefsten Geheimnisse der Herzen und weiß, was hinter dem Augenzwinkern eines Spötters steckt. Wie viele Verkörperungen der Achtlosigkeit, die reinen Herzens zu Uns kamen, haben Wir auf den Sitz Unserer Annahme gesetzt, und wie viele Vertreter der Weisheit haben Wir in Unserer Gerechtigkeit dem Feuer überantwortet. Wir sind in Wahrheit der Richter. Er ist die Manifestation des "Gott tut, was Ihm gefällt", und Er ruht auf dem Thron des "Er gebietet, was Ihm beliebt".

158

Selig, wer den Duft innerer Bedeutungen entdeckt in den Spuren dieser Feder, durch deren Bewegung der Windhauch Gottes über die ganze Schöpfung weht und durch deren Ruhe das Wesen der Ruhe im Reiche des Seins erscheint. Verherrlicht sei der Allerbarmer, der Offenbarer solch unschätzbarer Gaben. Sprich: Weil Er das Unrecht trug, erschien die Gerechtigkeit auf Erden, und weil Er Erniedrigung auf sich nahm, erstrahlte Gottes Majestät inmitten der Menschheit.

159

Es ist euch verboten, Waffen zu tragen, außer wenn dies nötig ist¹, und es ist euch erlaubt, euch in Seide zu kleiden.² Als Zeichen Seiner Gunst hat euch der Herr von den Beschränkungen befreit, die vormals für Kleidung und den Schnitt des Bartes galten.³ Er ist wahrlich der Gesetzgeber, der Allwissende. An eurem Gebaren sei nichts, was der rechte Verstand mißbilligt. Macht euch nicht zum Spielzeug der Unwissenden. Wohl dem, der sich mit dem Gewande eines schicklichen Verhaltens und eines rühmlichen Charakters schmückt. Er wird sicherlich zu denen gezählt, die ihrem Herrn durch herausragende Werke dienen.

160

Fördert die Entwicklung der Städte Gottes und Seiner Länder und verherrlicht Ihn darin mit der melodischen Stimme der Gott Nahen. Wahrlich, die Macht der Zunge erbaut die Menschenherzen, so wie die Hand und andere Mittel Häuser und Städte erbauen. Wir haben zur Verwirklichung jeder Sache ein Mittel bestimmt; nutzt es und setzt euer Vertrauen und eure Zuversicht auf Gott, den Allwissenden, den Allweisen.

161

Selig der Mensch, der seinen Glauben an Gott und Seine Zeichen bekennt und den Vers anerkennt: "Er soll nicht befragt werden über Sein Tun." Anerkennung hat Gott zur Zier jedes Glaubens und zu dessen wahrer Grundlage gemacht. Von ihr hängt die Annahme jeder guten Tat ab. Darauf richtet euren Blick, damit euch das Getuschel der Widerspenstigen nicht zum Straucheln bringt. (sa.ÄL 37/1)

162

Sollte Er erlauben, was seit unvordenklichen Zeiten verboten war, und verbieten, was zu allen Zeiten als erlaubt galt, so hätte niemand das Recht, Seine Allgewalt in Frage zu stellen. Wer zögert, und sei es weniger als einen Augenblick, soll als Übertreter gelten. (sa.ÄL 37/2)

163

Wer diese hehre, grundlegende Wahrheit nicht anerkennt, wer diese erhabenste Stufe nicht erreicht, den werden die Stürme des Zweifels schütteln, und die Reden der Ungläubigen werden seine Seele verwirren. Doch wer diesen Grundsatz anerkennt, wird mit vollkommener Standhaftigkeit begabt werden. Alle Ehre sei dieser allherrlichen Stufe, deren Gedenken jede erhabene Tafel schmückt. So belehrt euch Gott mit einer Lehre, die euch von jeglichem Zweifel und jeder Verwirrung befreien und euch befähigen wird, in dieser und der künftigen Welt Erlösung zu finden. Er ist wahrlich der ewig Vergebende, der Großmütigste. Er hat die Boten ausgeschickt und die Bücher herabgesandt, um zu verkünden: "Es ist kein Gott außer Mir, dem Allmächtigen, dem Allweisen." (sa.ÄL 37/3)

164

O Land von Káf und Rá!¹ Wir schauen dich wahrlich in einem Zustand, der Gott mißfällt, und sehen von dir ausgehen, was keiner erkennt außer Ihm, dem Allwissenden, dem Allkennenden, und nehmen wahr, was still und heimlich aus dir hervorgeht.² Bei Uns ist das Wissen um alle Dinge, verzeichnet auf einer leuchtenden Tafel. Gräme dich nicht über das, was über dich gekommen ist. Bald wird Gott Menschen von mächtigem Heldenmut in dir erwecken, die so unerschütterlich Meinen Namen verherrlichen, daß weder die bösen Bemerkungen der Geistlichen noch die Unterstellungen derer, die Zweifel säen, sie davon abhalten können. Mit eigenen Augen werden sie Gott schauen und mit ihrem Leben Ihn siegreich machen. Sie gehören wahrlich zu den Standhaften.

165

O Schar der Geistlichen! Als Meine Verse herabgesandt und Meine klaren Zeichen offenbart waren, fanden Wir euch hinter Schleiern. Dies ist fürwahr seltsam. (sa.VT S.129) Ihr rühmt euch Meines Namens, und doch erkanntet ihr Mich nicht, als euer Herr, der Allbarmherzige, unter euch erschien mit Beweis und Zeugnis. Wir haben die Schleier zerrissen. Hütet euch, daß ihr das Volk nicht durch einen neuen Schleier aussperrt. Sprengt die Ketten eitler Vorstellungen im Namen des Herrn aller Menschen, und gehöret nicht zu den Irreführenden. Solltet ihr euch Gott zuwenden und Seine Sache annehmen, so schafft nicht Unordnung in ihr und meßt Gottes Buch nicht an euren selbstischen Neigungen. Wahrlich, dies ist Gottes Rat ehedem und immerdar, und dies bezeugen feierlich die Zeugen und Erwählten Gottes, ja jeder einzelne von Uns.

166

Ruft euch den Shaykh in Erinnerung, Muhammad-i-Hasan, der zu den gelehrtesten Geistlichen seiner Zeit zählte. Als Gott, der Wahrhafte, sich offenbarte, da verwarfen Ihn dieser Shaykh und andere seines Standes, indes ein Weizensieber² Ihn annahm und sich dem Herrn zuwandte. Tag und Nacht legte er dar, was er für die Gesetze und Gebote Gottes hielt; doch als Er, der Unbedingte, erschien, da nutzte ihm kein Buchstabe davon, denn sonst hätte er sich nicht abgewandt von einem Antlitz, das den Gott Nahen die Gesichter erleuchtet. Hättet ihr an Gott geglaubt, als Er sich offenbarte, so hätten sich die Menschen nicht von Ihm abgewandt, noch wäre Uns widerfahren, was ihr heute schaut. Fürchtet Gott und gehört nicht zu den Achtlosen. (sa.VT S.129)

167

Nehmt euch in acht, daß kein Name euch fernhalte von Ihm, dem Besitzer aller Namen, oder ein Wort euch ausschließe von dem Gedenken Gottes, diesem Quell der Weisheit unter euch. Wendet euch Gott zu und suchet Seinen Schutz, o Schar der Geistlichen, und macht euch nicht selbst zum Schleier zwischen Mir und Meinen Geschöpfen. So ermahnt euch euer Herr und befiehlt euch, gerecht zu sein, damit eure Werke nicht zunichte werden und ihr dessen nicht gewahr seid. Wer diese Sache leugnet, sollte der in der ganzen Schöpfung eine andere Wahrheit vertreten können? Nein, bei Ihm, dem Gestalter des Weltalls! Und doch sind die Menschen in offenkundige Schleier gehüllt. Sprich: Durch diese Sache ist die Sonne des Zeugnisses aufgegangen, und das Licht des Beweises hat seine Strahlen auf alle ergossen, die auf Erden wohnen. Fürchtet Gott, o ihr Einsichtigen, und gehört nicht zu denen, die nicht an Mich glauben. Habt acht, daß das Wort "Prophet" euch nicht von dieser Größten Verkündigung abhalte¹ oder der Begriff "Statthalterschaft" euch aussperre von der alle Welten überschattenden Souveränität dessen, der Gottes Statthalter ist.² Jeder Name wurde durch Sein Wort erschaffen, und jede Sache hängt von Seiner unwiderstehlichen, Seiner machtvollen, wundersamen Sache ab. Sprich: Dies ist der Tag Gottes, der Tag, da nur Seiner gedacht werden soll, des allmächtigen Beschützers aller Welten. Dies ist die Sache, die euren Aberglauben und all eure Götzenbilder erbeben ließ. (letzter Satz sa.VT S.129)

168

Wahrlich, Wir sehen unter euch den, der das Buch Gottes in die Hand nimmt und daraus Argumente und Beweise vorbringt, um seinen Herrn zu leugnen, wie sie in allen Religionen aus ihren heiligen Büchern Gründe zusammensuchten, um Ihn, den Helfer in Gefahr, den Selbstbestehenden, zu widerlegen. Sprich: Gott, der Wahre, ist Mein Zeuge, daß weder die heiligen Schriften der Welt noch alle Bücher und Abhandlungen euch an diesem Tag von Nutzen sind ohne dieses Lebendige Buch, das mitten im Herzen der Schöpfung verkündet: "Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir, dem Allwissenden, dem Allweisen."

169

O Schar der Geistlichen! Hütet euch, rings im Lande Streit zu stiften, wie ihr die Ursache wart, daß der Glaube von Anfang an zurückgewiesen wurde. Sammelt das Volk um dieses Wort, das die Steine ausrufen läßt: "Das Reich ist Gottes, des Dämmerorts aller Zeichen!" (sa.VT S.129) So ermahnt euch euer Herr als Ausdruck Seiner Gnade. Er ist in Wahrheit der Ewigvergebende, der Großzügigste.

170

Ruft euch Karím ins Gedächtnis¹, wie er, von seinen Begierden getrieben, hochmütig wurde, als Wir ihn zu Gott riefen; hatten Wir ihm doch gesandt, was dem Auge des Beweises in der Welt des Seins Trost bedeutete und Gottes Zeugnis für alle auf Erden und im Himmel erfüllte. Zum Zeichen der Gnade des Allbesitzenden, des Höchsten, geboten Wir ihm, die Wahrheit anzunehmen. Er aber wandte sich ab, bis als Werk der Gerechtigkeit Gottes die Engel des Zornes ihn ergriffen. Dessen waren Wir wahrlich Zeuge.

171

Reißt die Schleier so auseinander, daß die Bewohner des Königreiches sie reißen hören. Das ist Gottes Befehl in vergangenen wie in künftigen Tagen. Selig der Mensch, der befolgt, was ihm geboten ward, und wehe dem Nachlässigen! (sa.VT S129)

172

Wahrlich, im Reich dieser Welt haben Wir kein anderes Ziel, als Gott zu offenbaren und Seine Souveränität zu enthüllen. Gott genügt Mir als Zeuge. Wahrlich, im himmlischen Reich haben Wir kein anderes Ziel, als Seine Sache zu erhöhen und Ihn zu verherrlichen. Gott genügt Mir als Beschützer. Wahrlich, im Reich der Höhe haben Wir kein anderes Ziel, als Gott und das, was Er herabgesandt, zu preisen. Gott genügt Mir als Helfer.

173

Glücklich seid ihr, o ihr Gelehrten in Bahá.¹ Bei dem Herrn! Ihr seid die Wogen des Mächtigsten Meeres, die Sterne am Firmament der Herrlichkeit, die Siegesbanner, die zwischen Erde und Himmel wehen. Ihr seid die Offenbarungen der Standhaftigkeit unter den Menschen, die Morgenröten heiliger Rede für alle, die auf Erden wohnen. Wohl dem, der sich euch zuwendet, und wehe dem Widerspenstigen! Wer vom mystischen Wein ewigen Lebens aus den gnädigen Händen des Herrn, seines Gottes, des Barmherzigen, getrunken hat, dem ziemt es an diesem Tage, gleich einer pochenden Ader im Leib der Menschheit zu schlagen, auf daß durch ihn die Welt und jedes zerfallende Gebein belebt werden. (sa.STARW XIV p.114)

174

O Volk der Welt! Wenn die Mystische Taube, aus ihrem Tempel des Lobpreises aufgestiegen, ihr fernes Ziel, ihre verborgene Wohnstatt, erreicht hat, dann legt alles, was ihr im Buche nicht versteht, Ihm vor, der diesem mächtigen Stamm entsproß.¹ (sa.WOB S.195f)

175

O Feder des Höchsten! Gleite über die Tafel auf Geheiß Deines Herrn, des Schöpfers der Himmel, und berichte von der Zeit, da Er, der Morgen göttlicher Einheit, Seine Schritte zur Schule hocherhabener Einheit¹ lenkte. Vielleicht erlangen dadurch die, die reinen Herzens sind, einen flüchtigen Blick, und sei er von der Größe eines Nadelöhrs, auf die hinter den Schleiern verborgenen Geheimnisse Deines Herrn, des Allmächtigen, des Allwissenden. Sprich: Wir betraten wahrlich die Schule der inneren Bedeutung und der Erklärung, als alles Erschaffene dessen nicht gewahr wurde, und sahen die Worte, die Er, der Allbarmherzige, herabsandte. Wir nahmen die Verse Gottes, des Helfers in Gefahr, des Selbstbestehenden, entgegen, als Er sie Uns gab,² und Wir lauschten dem, was Er auf der Tafel feierlich bestätigte. Dies fürwahr haben Wir geschaut. Und Wir willigten ein in Seinen Wunsch durch Unser Geheiß, denn Wir haben wahrlich die Macht zum Befehl.

176

O Volk des Bayán!¹ Wir betraten wahrlich die Schule Gottes, als ihr im Schlafe lagt, und Wir lasen die Tafel, als ihr fest schliefet. Beim einen wahren Gott! Wir lasen die Tafel, ehe sie offenbart ward, während ihr nichts ahntet, und Wir hatten vollkommene Kenntnis vom Buche, als ihr noch ungeboren wart. Diese Worte sind nach eurem Maß, nicht nach dem Maße Gottes. Dies bezeugt, was in Seinem Wissen verwahrt ist - gehörtet ihr doch zu denen, die begreifen! Die Zunge des Allmächtigen legt dafür Zeugnis ab - zähltet ihr doch zu denen, die verstehen! Ich schwöre bei Gott, wollten Wir den Schleier lüften, ihr wäret wie vom Donner gerührt.

177

Habt acht, daß ihr keinen leeren Wortstreit führt über den Allmächtigen und Seine Sache. Denn siehe, Er ist unter euch erschienen, bekleidet mit einer so großen Offenbarung, daß sie alle Dinge umfängt, die vergangenen wie die zukünftigen. Wollten Wir Unser Thema in der Sprache des Reiches Gottes und seiner Bewohner behandeln, dann sagten Wir: "Wahrlich, Gott schuf jene Schule, ehe Er Himmel und Erde schuf, und Wir betraten sie, ehe die Buchstaben `Sei!` verbunden und verknüpft wurden.¹" Dies ist die Sprache Unserer Diener in Unserem Reich. Bedenket, was die Bewohner Unserer erhabenen Herrschaftsgebiete sprächen, denn Wir haben sie Unser Wissen gelehrt und ihnen offenbart, was in Gottes Weisheit verborgen lag. Was spräche dann wohl die Zunge der Macht und Größe in Seiner Allherrlichen Stätte!

178

Dies ist keine Sache, die ihr zum Spielzeug eurer eitlen Vorstellungen machen könnt, noch ist sie ein Feld für Toren und Furchtsame. Bei Gott, dies ist die Arena der Einsicht und der Loslösung, der weiten Schau und der Erhabenheit, und nur die tapferen Reiter des Barmherzigen dürfen auf ihren Rossen hineinsprengen - jene, die sich von jeglicher Bindung an die Welt des Seins gelöst haben. Sie, wahrlich, werden für Gott auf Erden den Sieg erringen. Sie sind die Dämmerorte Seiner souveränen Macht inmitten der Menschheit.

179

Hütet euch, daß nicht etwas, was im Bayán offenbart ward, euch abhalte von eurem Herrn, dem Allbarmherzigen. Gott ist Mein Zeuge: Der Bayán wurde zu keinem anderen Zweck herabgesandt, als Meinen Lobpreis zu feiern - o daß ihr es doch wüßtet! Wer reinen Herzens ist, findet darin nichts als den Duft Meiner Liebe, nur Meinen Namen, der alles Sehende und alles Sichtbare überschattet. Sprich: Wendet euch dem zu, o Volk, was aus Meiner Erhabensten Feder hervorgegangen ist. Solltet ihr daraus den Duft Gottes verspüren, so lehnt euch nicht gegen Ihn auf und schlagt nicht euer Teil Seiner gnädigen Gunst und Seiner mannigfachen Gaben aus. So ermahnt euch euer Herr; Er ist wahrlich der Ratgeber, der Allwissende.

180

Was immer ihr im Bayán nicht versteht, erfragt es von Gott, eurem Herrn und dem Herrn eurer Vorväter. So Er es wünscht, wird Er euch erklären, was darin offenbart ist, und euch die Perlen göttlichen Wissens und göttlicher Weisheit enthüllen, die in dem Weltmeer seiner Worte verborgen ruhen. Er steht wahrlich hoch über allen Namen. Es ist kein Gott außer Ihm, dem Helfer in Gefahr, dem Selbstbestehenden.

181

Die Welt ist aus dem Gleichgewicht geraten durch die Schwungkraft dieser größten, dieser neuen Weltordnung.¹ Die Lebensordnung der Menschheit ist aufgewühlt durch das Wirken dieses einzigartigen, dieses wundersamen Systems, desgleichen kein sterbliches Auge je gesehen hat. (sa.ÄL 70/1)

182

Versenkt euch in das Meer Meiner Worte, damit ihr seine Geheimnisse ergründet und alle Perlen der Weisheit entdecket, die in seinen Tiefen verborgen liegen. Habt acht, daß ihr nicht zaudert bei eurem Entschluß, die Wahrheit dieser Sache anzunehmen - einer Sache, durch welche Gott die Wirkkraft Seiner Macht offenbart und Seine Souveränität errichtet hat. Eilt freudestrahlenden Angesichts hin zu Ihm! Dies ist Gottes unveränderlicher Glaube, ewig in der Vergangenheit, ewig in der Zukunft. Laßt den, der sucht, zu ihm gelangen! Was aber den betrifft, der ihn zu suchen verschmäht - wahrlich, Gott ist der Selbstgenügende und bedarf Seiner Geschöpfe nicht. (sa.ÄL 70/2)

183

Sprich: Dies ist die unfehlbare Waage, die Gott in Händen hält. Auf ihr werden alle in den Himmeln und auf Erden gewogen, und ihr Schicksal wird danach bestimmt - gehörtet ihr doch zu denen, die an diese Wahrheit glauben und sie anerkennen! Sprich: Sie ist das Größte Zeugnis, durch welches die Gültigkeit eines jeden Beweises für alle Zeiten begründet ward, seid dessen versichert. Sprich: Sie bereichert die Armen, erleuchtet die Gebildeten und befähigt die Sucher, zur Gegenwart Gottes aufzusteigen. Habt acht, daß ihr sie nicht zum Anlaß nehmt für Zwietracht unter euch. Steht so unverrückbar fest wie ein Berg in der Sache eures Herrn, des Mächtigen, des Liebenden! (sa.ÄL 70/3)

184

Sprich: O du Quell der Verirrung!¹ Verschließe nicht länger die Augen und sprich die Wahrheit unter dem Volke. Ich schwöre bei Gott, Ich weine um dich, wenn Ich sehe, wie du deinen selbstsüchtigen Leidenschaften folgst und Ihn verleugnest, der dich gestaltet und ins Sein gerufen hat. Rufe dir die sanfte Gnade deines Herrn ins Bewußtsein und erinnere dich, wie Wir dich bei Tag und bei Nacht für den Dienst an der Sache Gottes erzogen.² Fürchte Gott und gehöre zu denen, die ehrlich bereuen. Angenommen, das Volk sei über deine Stufe im unklaren, kann man sich vorstellen, daß du selbst über sie keine Klarheit hast? Erzittere vor deinem Herrn und gedenke der Tage, da du vor Unserem Throne standest und die Verse niederschriebst, die Wir dir diktierten - Verse, herabgesandt von Gott, dem allmächtigen Beschützer, dem Herrn der Kraft und der Macht. Hab acht, daß dich das Feuer deiner Vermessenheit nicht hindere, in Gottes Heiligen Hof zu gelangen. Wende dich Ihm zu, und ängstige dich nicht ob deiner Taten. Er vergibt fürwahr, wem immer Er will, als Zeichen Seiner Gnade. Es ist kein Gott außer Ihm, dem Immervergebenden, dem Allgütigen. Wir ermahnen dich nur um Gottes willen. Nimmst du diesen Rat an, so nur zum eigenen Nutzen. Verwirfst du ihn, so kann dein Herr wahrlich auf dich verzichten, wie auf alle, die dir in offenkundiger Verblendung folgen. Schau! Gott hat den ergriffen, der dich in die Irre geführt.³ Kehre du zu Gott zurück, demütig, unterwürfig, gebeugt. Wahrlich, Er wird deine Sünden von dir nehmen, denn dein Herr ist fürwahr der Vergebende, der Mächtige, der Allbarmherzige.

185

Dies ist Gottes Rat - würdest du ihn doch beachten! Dies ist Gottes Gnadengabe - würdest du sie doch annehmen! Dies ist Gottes Rede - würdest du sie doch begreifen! Dies ist Gottes Schatz - könntest du es doch verstehen!

186

Dies ist ein Buch, das für die Welt zur Lampe des Ewigen geworden ist, zu Seinem geraden, nicht in die Irre führenden Pfad inmitten der Völker der Erde. Sprich: Dies ist der Morgen göttlichen Wissens, so ihr zu denen gehört, die verstehen, und der Dämmerort der Befehle Gottes, so ihr zu denen gehört, die begreifen.

187

Legt einem Tier nicht mehr auf, als es tragen kann. Wir haben fürwahr eine solche Behandlung durch ein absolut bindendes Verbot im Buche verboten. Seid unter allem Erschaffenen die Verkörperung der Gerechtigkeit.

188

Wer einem anderen ohne Vorsatz das Leben nimmt, ist verpflichtet, der Familie des Verstorbenen ein Sühnegeld von hundert Mithqál Gold zu zahlen. Beachtet, was euch auf dieser Tafel geboten ward, und zählt nicht zu denen, die ihre Grenzen überschreiten.

189

O ihr Mitglieder der Parlamente in aller Welt! Wählt eine einzige Sprache für alle auf Erden und führt auch eine gemeinsame Schrift ein.¹ Wahrlich, Gott erklärt euch, was euch nützt und euch befähigt, von anderen unabhängig zu sein. Er ist in Wahrheit der Gabenreichste, der Allwissende, der Allunterrichtete. Dies wird Einheit bewirken - könntet ihr es doch begreifen! Dies wird das mächtigste Werkzeug sein zur Förderung von Harmonie, Kultur und Zivilisation - könntet ihr es doch verstehen! Zwei Zeichen haben Wir bestimmt für die Mündigkeit des Menschengeschlechts:² Das erste, das die sicherste Grundlage ist, haben Wir in anderen Tafeln herabgesandt, wogegen das zweite in diesem wundersamen Buch offenbart ist.

190

Es ist euch verboten, Opium zu rauchen. Fürwahr, Wir haben dies durch ein unumstößliches Verbot im Buche untersagt. Wer davon nimmt, ist gewiß nicht von Mir. Fürchtet Gott, die ihr Verstand habt!

Questions And Answers

1

FRAGE: zum Größten Fest:

ANTWORT: Das Größte Fest beginnt am späten Nachmittag des dreizehnten Tages im zweiten Monat des Jahres gemäß der Zeitrechnung des Bayán. Am ersten, neunten und zwölften Tag dieses Festes ist die Arbeit verboten.

2

FRAGE: zur Feier der beiden Geburtstage:

ANTWORT: Die Schönheit Abhá wurde zur Morgendämmerung am zweiten Tag des Monats Muharram geboren.¹ Der erste Tag dieses Monats war der Geburtstag Seines Vorläufers. Vor Gott gelten diese beiden Tage als ein Tag.

¹ der erste Monat im islamischen Mondkalender

3

FRAGE: zur Trauformel:

ANTWORT: Für den Mann: "Wahrlich, wir wollen uns alle an Gottes Willen halten." Für die Frau: "Wahrlich, wir wollen uns alle an Gottes Willen halten."¹

¹ Im Arabischen unterscheiden sich die beiden Verse nach dem Geschlecht.

4

FRAGE: Wie soll sich die Frau verhalten, wenn ihr Mann auf eine Reise geht, ohne ihr die Zeit seiner Rückkehr zu nennen - mit anderen Worten, ohne die Dauer seiner Abwesenheit anzugeben -, und wenn sie danach keine Nachricht über ihn erhält und jede Spur von ihm fehlt?

ANTWORT: Wenn er versäumt hat, für seine Rückkehr eine Zeit anzugeben, obwohl er die betreffende Bestimmung des Kitáb-i-Aqdas kannte, soll seine Frau ein volles Jahr warten. Danach steht ihr frei, entweder den Weg des Guten einzuschlagen oder sich wieder zu verheiraten. War ihm jedoch diese Bestimmung unbekannt, so sollte sie sich gedulden, bis es Gott gefällt, ihr sein Schicksal zu enthüllen. Mit dem Weg des Guten ist in diesem Zusammenhang gemeint, Geduld zu üben.

5

FRAGE: zu dem heiligen Vers: "Als Wir das Klagen der noch ungeborenen Kinder vernahmen, verdoppelten Wir ihr Teil und verminderten die Teile der übrigen" :

ANTWORT: Nach dem Buche Gottes wird der Nachlaß in 2520 Anteile gegliedert; diese Zahl ist das kleinste gemeinsame Vielfache aller ganzen Zahlen bis neun. Diese Anteile werden sieben Kategorien zugerechnet, deren jede, wie im Buch verzeichnet, einer bestimmten Klasse von Erben zufällt. So werden zum Beispiel den Kindern neun Blöcke zu 60 Anteilen, zusammen 540 Anteile, zugewiesen. Die Aussage "verdoppelten Wir ihr Teil" bedeutet demnach, daß die Kinder weitere neun Blöcke zu 6o Anteilen erhalten; insgesamt stehen ihnen 18 Blöcke zu. Diese zusätzlichen Anteile werden von den Teilen der anderen Erbkategorien abgezogen. So ist beispielsweise offenbart, daß der Ehepartner Anspruch auf "acht Teile mit vierhundertachtzig Anteilen" hat, was acht Blöcken von 60 Anteilen entspricht. Doch wurden durch diese Neuordnung dem Ehepartner jetzt anderthalb Blöcke, also 90 Anteile, abgezogen und den Kindern zugerechnet. Entsprechend wurde auch bei den anderen Erbkategorien verfahren. Im Ergebnis entspricht der insgesamt abgezogene Betrag den neun den Kindern zusätzlich gewährten Anteilblöcken.

6

FRAGE: Ist der Bruder nur dann erbberechtigt, wenn er sowohl vom Vater als auch von der Mutter des Verstorbenen abstammt, oder genügt es, wenn die beiden nur ein Elternteil gemeinsam haben?

ANTWORT: Stammt der Bruder vom Vater ab, so erhält er seinen Anteil am Erbe nach dem im Buch festgelegten Maß. Stammt er jedoch nur von der Mutter ab, so erhält er lediglich zwei Drittel davon; das restliche Drittel fällt an das Haus der Gerechtigkeit. Diese Regelung gilt auch für die Schwester.

7

FRAGE: In den erbrechtlichen Bestimmungen ist festgelegt, daß dann, wenn der Verstorbene keine Nachkommen hinterläßt, deren Erbanteil an das Haus der Gerechtigkeit geht. Fallen andere Erbklassen wie Vater, Mutter, Bruder, Schwester und Lehrer aus, geht dann deren Erbteil ebenfalls an das Haus der Gerechtigkeit oder wird anderweitig darüber verfügt?

ANTWORT: Der heilige Vers genügt. Er spricht, erhaben sei Sein Wort: "Hinterläßt der Verstorbene keine Nachkommen, so fällt deren Anteil an das Haus der Gerechtigkeit" und so weiter, und: "Hinterläßt der Verstorbene Nachkommen, aber keine Erben der übrigen im Buch genannten Kategorien, so erhalten seine Nachkommen zwei Drittel des Nachlasses. Das verbleibende Drittel fällt an das Haus der Gerechtigkeit" und so weiter. Mit anderen Worten: Sind keine Nachkommen vorhanden, so fällt deren Erbteil an das Haus der Gerechtigkeit. Sind Nachkommen vorhanden, aber keine Erben der anderen Kategorien, dann gehen zwei Drittel ihres Anteils an die Nachkommen, der Rest an das Haus der Gerechtigkeit. Diese Regelung gilt allgemein und im besonderen Fall, das heißt, wann immer eine dieser nachgeordneten Kategorien ausfällt, gehen zwei Drittel ihres Anteils an die Nachkommen, das restliche Drittel an das Haus der Gerechtigkeit.

8

FRAGE: zum Grundbetrag, auf den die Huqúqu'lláh zu zahlen sind:

ANTWORT: Der Grundbetrag, auf den die Huqúqu'lláh zu zahlen sind, beläuft sich auf neunzehn Mithhqál Gold. Mit anderen Worten, wenn Geld im Wert dieser Summe erworben wurde, ist eine Huqúq-Zahlung fällig. Desgleichen sind die Huqúq zu zahlen, wenn der Wert (nicht die Anzahl) sonstiger Vermögensgegenstände den genannten Betrag erreicht. Die Huqúqu'lláh sind nur einmal zu zahlen. Wer zum Beispiel tausend Mithqál Gold erwirbt und die Huqúq zahlt, ist zu keiner weiteren Zahlung auf diese Summe verpflichtet, sondern nur auf das, was er durch Handel, Gewerbe und dergleichen dazugewinnt. Erreicht dieser Zuwachs, also der erzielte Gewinn, die vorgeschriebene Summe, so ist zu tun, was Gott befohlen hat. Nur wenn das Kapital den Eigentümer wechselt, ist es wie beim ersten Mal der Huquq-Zahlung unterworfen. Der Erste Punkt bestimmte, daß die Huqúqu'lláh auf den Geldwert aller Vermögensteile zu zahlen sind, doch in dieser Mächtigsten Sendung haben Wir das Mobiliar, das heißt die notwendige Einrichtung sowie das Wohnhaus ausgenommen.

9

FRAGE: Was hat Vorrang: die Huqúqu'lláh, die Schulden des Verstorbenen oder die Kosten der Totenfeier und der Beerdigung?

ANTWORT: Die Totenfeier und die Beerdigung haben Vorrang, dann die Begleichung der Schulden, dann die Huqúqu'lláh-Zahlung. Sollte das Vermögen des Verstorbenen für die Abdeckung seiner Schulden nicht ausreichen, so ist das Restvermögen im Verhältnis der Schuldbeträge auf die Schuldner zu verteilen.

10

FRAGE: Sich das Haupt kahlzuscheren, ist im Kitáb-i-Aqdas verboten, aber in der Súriy-i-Hajj vorgeschrieben.

ANTWORT: Alle sind zu Gehorsam gegenüber dem Kitáb-i-Aqdas verpflichtet. Was darin offenbart ist, ist Gottes Gesetz unter Seinen Dienern. Das Gebot für Pilger, die zum heiligen Haus wallfahren, sich das Haupt zu scheren, ist aufgehoben.

11

FRAGE: Beginnt das Jahr der Geduld erneut, wenn es zwischen einem Paar während dieser Zeit zur Beiwohnung kommt und es sich danach wieder entfremdet, oder können die Tage vor der Beiwohnung in die Berechnung des Jahres einbezogen werden? Muß nach der Scheidung eine weitere Wartezeit eingehalten werden?

ANTWORT: Stellt sich während des Jahres der Geduld die Zuneigung zwischen dem Paar wieder ein, so ist das Band der Ehe gültig und zu beachten, was im Buche Gottes befohlen ist. Läuft jedoch das Jahr der Geduld ab und findet statt, was Gott befohlen hat, dann ist keine weitere Wartezeit erforderlich. Die Beiwohnung ist den Ehegatten während des Jahres der Geduld untersagt. Wer dem zuwider handelt, muß Gott um Vergebung bitten und dem Haus der Gerechtigkeit eine Geldbuße von neunzehn Mithqal Gold entrichten.

12

FRAGE: Ist die Scheidung zulässig, ohne daß das Jahr der Geduld eingehalten wird, wenn zwischen einem Paar Abneigung entsteht, nachdem die Trauformel gesprochen und die Morgengabe geleistet ist?

ANTWORT: Die Scheidung nach dem Sprechen der Trauformel und der Leistung der Morgengabe aber noch vor dem Vollzug der Ehe ist zulässig. Das Jahr der Geduld muß dann nicht eingehalten werden, doch kann die Morgengabe nicht zurückgefordert werden.

13

FRAGE: Bedarf der Eheschluß der Zustimmung der Eltern beider Ehegatten oder genügt die elterliche Zustimmung einer Seite? Gilt dieses Gesetz nur für Jungfrauen oder auch in anderen Fällen?

ANTWORT: Die Eheschließung bedarf der Zustimmung der Eltern beider Teile. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Braut Jungfrau ist oder nicht.

14

FRAGE: Die Gläubigen sind gehalten, sich der Qibla zuzuwenden, wenn sie das Pflichtgebet sprechen. In welche Richtung sollen sie sich bei anderen Gebeten und Andachten wenden?

ANTWORT: Für die Verrichtung des Pflichtgebets wurde festgelegt, daß man sich der Qibla zuzuwenden hat. Bei den anderen Gebeten und Andachten darf man indes dem folgen, was Gott, der Barmherzige, im Qur'án offenbart hat: "Wohin ihr euch auch wendet, da ist Gottes Angesicht."

15

FRAGE: zum Gedenken Gottes im Mashriqu'l-Adhkár "zur Stunde der Morgendämmerung":

ANTWORT: Obwohl im Buche Gottes die Worte "zur Stunde der Morgendämmerung" stehen, ist vor Gott die Zeit der frühesten Dämmerung, zwischen Dämmerung und Sonnenaufgang oder sogar bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang annehmbar.

16

FRAGE: Bezieht sich das Verbot, den Leichnam des Verstorbenen weiter als eine Stunde Weges zu verbringen, sowohl auf Land- als auch auf Seetransporte?

ANTWORT: Dieser Befehl bezieht sich auf Entfernungen zu Wasser wie zu Lande, sei es auch eine Stunde mit dem Dampfschiff oder der Eisenbahn; gemeint ist, unabhängig vom Transportmittel, die Dauer einer Stunde. Je früher das Begräbnis stattfindet, desto angemessener und annehmbarer ist es.

17

FRAGE: Wie ist beim Fund verlorener Sachen zu verfahren?

ANTWORT: Wird eine Sache in der Stadt gefunden, so muß dies einmal durch den Stadtausrufer bekanntgemacht werden. Wird daraufhin der Eigentümer gefunden, ist sie ihm herauszugeben. Andernfalls hat der Finder der Sache ein Jahr zu warten. Wird während dieser Zeit der Eigentümer bekannt, so hat der Finder, dem ein Erstattungsanspruch für die Gebühr des Ausrufers zusteht, ihm sein Eigentum herauszugeben. Nur wenn das Jahr verstreicht, ohne daß der Eigentümer festgestellt wird, kann der Finder die Sache behalten. Ist der Wert der Sache geringer als die Gebühr des Ausrufers oder ihr gleich, so hat der Finder von der Zeit des Fundes an einen Tag zu warten. Danach kann er, wenn der Eigentümer nicht bekannt wird, den Gegenstand behalten. Wird eine Sache in einer unbewohnten Gegend gefunden, so hat der Finder eine Wartefrist von drei Tagen einzuhalten. Danach steht es ihm frei, den Fund zu behalten, wenn der Eigentümer unbekannt bleibt.

18

FRAGE: zu den Waschungen: Hat, wer beispielsweise gerade seinen ganzen Leib gebadet hat, danach gleichwohl seine Waschungen vorzunehmen?

ANTWORT: Das Gebot hinsichtlich der Waschungen muß in jedem Fall befolgt werden.

19

FRAGE: Wenn jemand gegen den Willen seiner Frau auswandern will, der Streit darüber zur Scheidung führt und sich die Vorbereitungen seiner Abreise bis zum Ablauf eines Jahres hinziehen, kann dann dieser Zeitraum als das Jahr der Geduld gerechnet werden oder ist der Tag, an dem das Paar auseinandergeht, als Beginn dieses Jahres zu betrachten?

ANTWORT: Der Ausgangspunkt für die Berechnung ist der Tag, an dem das Paar auseinandergeht. Wenn sie sich ein Jahr vor der Abreise des Ehemanns trennen und der Duft der Zuneigung zwischen ihnen nicht wiedergekehrt ist, kann die Scheidung erfolgen. Andernfalls muß das Jahr vom Tag seiner Abreise an gerechnet und die im Kitáb-i-Aqdas festgelegten Bedingungen eingehalten werden.

20

FRAGE: zum Reifealter bezüglich religiöser Pflichten:

ANTWORT: Das Reifealter ist für Mann und Frau fünfzehn.

21

FRAGE: zu dem heiligen Vers: "Wenn ihr ... auf einer Reise an einem sicheren Ort rastet, dann werft euch für jedes versäumte Pflichtgebet einmal nieder ..."

ANTWORT: Diese Prostration wiegt das Pflichtgebet auf, das während der Reise und wegen der unsicheren Umstände versäumt wurde. Wenn sich der Reisende zur Zeit des Gebetes an einem sicheren Ort in Ruhe befindet, soll er das Gebet verrichten. Diese Bestimmung über die das Pflichtgebet ersetzende Prostration gilt sowohl zu Hause als auch auf der Reise.

22

FRAGE: zur Begriffsbestimmung der Reise¹:

ANTWORT: Eine Reise ist definiert durch eine Abwesenheit von mindestens neun Stunden. Bleibt der Reisende an einem Ort in der Absicht, dort mindestens einen Monat entsprechend dem Kalender des Bayán zu verweilen, so muß er das Fasten halten. Bleibt er kürzer als einen Monat, ist er vom Fasten befreit. Kommt er in der Fastenzeit an einen Ort, an dem er einen Monat entsprechend dem Bayán bleiben wird, so braucht er das Fasten erst nach drei Tagen wieder aufzunehmen, um es dann für den Rest der Fastenzeit zu halten. Kommt er jedoch nach Hause, an seinen ständigen Wohnsitz, so muß er das Fasten am Tag nach der Ankunft aufnehmen.

¹ Dies bezieht sich auf die Mindestdauer einer Reise, die den Reisenden vom Fasten entbindet.

23

FRAGE: zur Strafe für den unehelichen Beischlaf:

ANTWORT: Neun Mithqál sind für den ersten Verstoß zu zahlen, achtzehn für den zweiten, sechsunddreißig für den dritten und so weiter, so daß jede Folgestrafe das Doppelte der vorhergehenden ist. Das Gewicht eines Mithqál entspricht neunzehn Nakhud entsprechend der Festlegung des Bayán.

24

FRAGE: zur Jagd:

ANTWORT: Er sagt, gepriesen sei Er: "Jagt ihr mit Raubtieren oder Greifvögeln" und so weiter. Dies betrifft auch andere Arten der Jagd, etwa mit Pfeil und Bogen, Gewehr und ähnlichem Gerät. Werden jedoch Fallen oder Schlingen verwandt, in denen das Wild stirbt, bevor es geborgen wird, so ist sein Verzehr verboten.

25

FRAGE: zur Pilger fahrt:

ANTWORT: Die Pilgerfahrt zu einem der beiden geheiligten Häuser ist Pflicht, zu welchem der beiden, ist die Entscheidung des Pilgers.

26

FRAGE: zur Morgengabe:

ANTWORT: Bei der Morgengabe ist mit der Selbstbeschränkung auf den Mindestbetrag ein Betrag von neunzehn Mithqál Silber gemeint.

27

FRAGE: zu dem heiligen Vers: "Erhält sie jedoch die Nachricht vom ... Tod ihres Ehemanns" und so weiter:

ANTWORT: Mit der "festgesetzten Zahl von Monaten" ist ein Zeitraum von neun Monaten gemeint.

28

Eine weitere FRAGE: zum Erbteil des Lehrers:

ANTWORT: Ist der Lehrer verstorben, so geht ein Drittel seines Erbteils an das Haus der Gerechtigkeit, die anderen zwei Drittel an die Nachkommen des Verstorbenen, nicht an die des Lehrers.

29

Eine weitere FRAGE: zur Pilgerfahrt:

ANTWORT: Mit der Pilgerfahrt zum geheiligten Hause, die dem Mann zur Pflicht gemacht wurde, ist sowohl das Größte Haus in Baghdád als auch das Haus des Ersten Punktes in Shíráz gemeint. Die Wallfahrt zu einem der beiden Häuser genügt. Man kann also zu dem Haus pilgern, das näher am Wohnsitz liegt.

30

FRAGE: zum Vers: "Und wer eine Jungfer in Dienst nehmen will, mag dies mit Anstand tun":

ANTWORT: Hier geht es nur um Dienstleistungen, wie sie von jeglichen Dienstboten, jung oder alt, gegen Lohn erbracht werden. Es steht der Jungfer frei, sich jederzeit zu verheiraten, denn es ist verboten, Frauen zu kaufen oder daß ein Mann mehr als zwei Frauen hat.

31

FRAGE: zu dem heiligen Vers: "... hat der Herr ... die frühere Praxis verboten, wenn ihr eine Frau dreimal geschieden hattet":

ANTWORT: Dies bezieht sich auf die Rechtspraxis, wonach zuvor ein anderer Mann diese Frau heiraten mußte, bevor sie ihren früheren Mann wieder ehelichen konnte. Dies ist im Kitáb-i-Aqdas verboten.

32

FRAGE: zur Restauration und Erhaltung der beiden Häuser an den Zwillingsorten und der anderen Orte, an denen der Thron aufgestellt war:

ANTWORT: Mit den beiden Häusern ist das Größte Haus und das Haus des Ersten Punktes gemeint. Was die anderen Grundstücke betrifft, so mögen die Bewohner der dortigen Gegend entscheiden, ob sie eines oder alle Häuser, in denen der Thron aufgestellt war, vor dem Verfall bewahren wollen.

33

Eine weitere FRAGE: zum Erbe des Lehrers:

ANTWORT: Gehört der Lehrer nicht zum Volke Bahás, so ist er nicht erbberechtigt. Gibt es mehrere Lehrer, so ist der Anteil gleichmäßig unter ihnen aufzuteilen. Ist der Lehrer verstorben, so fällt sein Anteil nicht an dessen Nachkommen, vielmehr gehen zwei Drittel davon an die Kinder des Erblassers, das restliche Drittel an das Haus der Gerechtigkeit.

34

FRAGE: zum Wohnhaus, das ausschließlich den männlichen Nachkommen zuerkannt ist:

ANTWORT: Sind mehrere Wohnhäuser vorhanden, so ist das schönste und vornehmste gemeint, während die übrigen wie das restliche Vermögen unter den Erben zu verteilen sind. Wer, unbeschadet der Erbkategorie, außerhalb des Glaubens Gottes steht, wird als nicht vorhanden betrachtet und ist nicht erbberechtigt.

35

FRAGE: zu Naw-Rúz:

ANTWORT: Das Naw-Rúz-Fest fällt auf den Tag, an dem die Sonne in das Zeichen des Widders eintritt¹, selbst wenn dies nur eine Minute vor Sonnenuntergang geschieht.

¹ die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche auf der nördlichen Halbkugel

36

FRAGE: Wie ist zu verfahren, wenn der Jahrestag der beiden Geburtstage oder der Verkündigung des Báb in die Fastenzeit fällt?

ANTWORT: Fällt das Fest der beiden Geburtstage oder das der Verkündigung des Báb auf den Fastenmonat, so gilt das Fastengebot an diesem Tage nicht.

37

FRAGE: Nach den heiligen Bestimmungen zum Erbrecht fallen das Wohnhaus und die Kleidung des Verstorbenen an die männlichen Nachkommen. Bezieht sich diese Regelung nur auf das Eigentum des Vaters oder auch auf das der Mutter?

ANTWORT: Die gebrauchte Kleidung der Mutter fällt zu gleichen Teilen an die Töchter, aber ihr übriges Vermögen einschließlich Grundbesitz, Juwelen und ungebrauchter Kleidung ist, wie im Kitáb-i-Aqdas offenbart, unter allen ihren Erben zu verteilen. Hinterläßt die Verstorbene keine Töchter, so ist ihr gesamtes Vermögen so zu verteilen, wie dies im heiligen Text für die männlichen Nachkommen bestimmt ist.

38

FRAGE: zur Scheidung, der ein Jahr der Geduld vorangehen muß: Wie ist zu verfahren, wenn nur eine Seite zur Versöhnung bereit ist?

ANTWORT: Nach dem im Kitáb-i-Aqdas offenbarten Gesetz müssen beide Seiten einverstanden sein. Die Wiedervereinigung findet nur statt, wenn beide sie wollen.

39

FRAGE: Darf der Bräutigam, der die Morgengabe nicht voll bezahlen kann, seiner Braut bei der Hochzeitsfeier einen Schuldschein übergeben mit der Vereinbarung, daß er diesen einlöst, sobald er dazu in der Lage ist?

ANTWORT: Die Erlaubnis zu diesem Verfahren ist vom Quell der Amtsgewalt erteilt worden.

40

FRAGE: Ist die Scheidung zulässig, wenn sich während des Jahres der Geduld der Duft der Zuneigung wieder einstellt, um alsbald wieder von erneuter Abneigung gefolgt zu werden, und die Partner das ganze Jahr über zwischen Zu- und Abneigung schwanken, bis das Jahr in Abneigung endet?

ANTWORT: Jedesmal, wenn es zu Abneigung kommt, beginnt das Jahr der Geduld an diesem Tag erneut, so daß das Jahr dann seinen vollen Lauf nehmen muß.

41

FRAGE: Das Wohnhaus und die Kleidung des Verstorbenen fallen an die männlichen, nicht an die weiblichen Nachkommen und nicht an die anderen Erben. Wie ist

zu verfahren, wenn der Verstorbene keine männlichen Nachkommen hat?

ANTWORT: Er spricht, erhaben sei Er: "Hinterläßt der Verstorbene keine Nachkommen, so fällt deren Anteil an das Haus der Gerechtigkeit ... " Nach diesem geheiligten Vers fallen Wohnhaus und Kleidung des Verstorbenen an das Haus der Gerechtigkeit.

42

FRAGE: Das Gebot der Huququ'lláh wurde im Kitáb-i-Aqdas offenbart. Gehören das Wohnhaus, dessen Zubehör und das erforderliche Mobiliar zu dem Vermögen, für das die Huqúq zu zahlen sind?

ANTWORT: In den Gesetzen, die Wir in persischer Sprache offenbarten, haben Wir verfügt, daß in dieser Mächtigsten Sendung das Wohnhaus und das Mobiliar ausgenommen sind, das heißt, Mobiliar, das notwendig ist.

43

FRAGE: zur Verlobung von Mädchen vor dem Alter der Reife:

ANTWORT: Dies hat der Quell der Amtsgewalt verboten. Auch ist es nicht erlaubt, eine Trauung früher als fünfundneunzig Tage vor der Hochzeit anzukündigen.

44

FRAGE: Sind die Huqúq zu zahlen, wenn jemand beispielsweise hundert Túmán besitzt, dafür die Huqúq zahlt, die Hälfte des Betrags bei erfolglosen Geschäften verliert und dann einen Huqúq-pflichtigen Betrag wieder gewinnt?

ANTWORT: In diesem Fall sind die Huqúq nicht zu entrichten.

45

FRAGE: Sind die Huqúq ein zweites Mal zu zahlen, wenn nach ihrer Entrichtung der ursprüngliche Betrag verlorengeht, er aber durch geschäftliche Transaktionen wieder erzielt wird?

ANTWORT: Auch in diesem Fall fallen keine Huqúq an.

46

FRAGE: zu dem heiligen Vers: "Gott hat euch den Ehestand verordnet." Ist dies ein bindendes Gesetz?

ANTWORT: Es ist nicht bindend.

47

FRAGE: Hat ein Mann, der eine Frau geheiratet und ihr die Morgengabe gezahlt hat in der Annahme, sie sei Jungfrau, Anspruch auf Rückzahlung der Heiratskosten und der Morgengabe, wenn er beim Vollzug der Ehe feststellt, daß sie keine Jungfrau ist? Führt, wenn die Jungfräulichkeit zur Bedingung der Eheschließung gemacht wurde, die Nichterfüllung der Bedingung zur Nichtigkeit des Vertrags?

ANTWORT: In diesem Falle können Auslagen und Morgengabe zurückerstattet werden. Die Nichterfüllung führt zur Nichtigkeit des Vertrags. Wer die Sache verbirgt und vergibt, verdient indes vor Gott reichen Lohn.

48

FRAGE: "... es ist euch geboten ... ein Mahl zu geben ... " Ist das bindend?

ANTWORT: Es ist nicht bindend.

49

FRAGE: zu den Strafen für unehelichen Beischlaf gleichgeschlechtliche Unzucht und Diebstahl sowie zu den Strafrahmen:

ANTWORT: Die Festlegung der Strafrahmen obliegt dem Haus der Gerechtigkeit.

50

FRAGE: zu den Ehehindernissen der Verwandtschaft:

ANTWORT: Auch dieser Gegenstand ist den Treuhändern des Hauses der Gerechtigkeit überlassen.

51

FRAGE: Zu den Waschungen ist offenbart: "Wer für die Waschung kein Wasser findet, spreche fünfmal die Worte: `Im Namen Gottes, des Reinsten, des Reinsten.`" Ist es erlaubt, diesen Vers auch bei grimmiger Kälte oder dann zu sprechen, wenn Hände oder Gesicht verletzt sind?

ANTWORT: Bei grimmiger Kälte darf warmes Wasser verwendet werden. Sind an Gesicht oder Händen Wunden oder gibt es andere Gründe, etwa Schmerzen, bei denen der Gebrauch von Wasser nachteilig wäre, so kann man anstelle der Waschung den festgelegten Vers sprechen.

52

FRAGE: Ist das Sprechen des Verses, der als Ersatz für das Gebet der Zeichen offenbart ist, bindend?

ANTWORT: Es ist nicht bindend.

53

FRAGE: zur Erbregelung: Erhalten, wenn leibliche Brüder und Schwestern vorhanden sind, Halbbrüder und Halbschwestern mütterlicherseits einen Anteil?

ANTWORT: Sie erhalten keinen Anteil.

54

FRAGE: Er sagt, erhaben sei Er: "Ist der Sohn des Verstorbenen zu Lebzeiten des Vaters verschieden und hat er Kinder hinterlassen, so erben diese den Anteil ihres Vaters ... " Wie ist zu verfahren, wenn die Tochter zu Lebzeiten des Vaters verstorben ist?

ANTWORT: Ihr Erbteil ist unter den sieben Erbkategorien nach der Regelung des Buches zu verteilen.

55

FRAGE: Ist die Verstorbene eine Frau, wem fällt dann der Anteil der Ehefrau am Erbe zu?

ANTWORT: Der Anteil der Ehefrau am Erbe fällt dem Ehemann zu.

56

FRAGE: zu dem aus fünf Tüchern bestehenden Leichentuch: Bezieht sich die Anzahl fünf auf Tücher, wie sie seither gebräuchlich waren, oder auf fünf Leichentücher von voller Länge, von denen eines über das andere gewickelt wird?

ANTWORT: Die Verwendung von fünf Tüchern ist gemeint.

57

FRAGE: zu Unterschieden bei manchen offenbarten Versen:

ANTWORT: Viele Tafeln wurden offenbart und in ihrer ursprünglichen Form verschickt, ohne durchgesehen und überprüft worden zu sein. Später las man sie auf Geheiß in der Heiligen Gegenwart erneut vor und brachte sie in Übereinstimmung mit den grammatikalischen Regeln des Volkes, um Kritteleien von Gegnern der Sache Gottes vorzubeugen. Ein weiterer Grund für dieses Vorgehen liegt darin, daß der neue Stil, den der Vorläufer - mögen die Seelen aller außer Ihm um Seinetwillen geopfert werden - entwickelt hatte, beträchtlich von den Grammatikregeln abwich. Die heiligen Verse wurden deshalb danach in einem Stil offenbart, der zum Zweck des leichteren Verständnisses und der Ausdrucksgenauigkeit größtenteils dem gegenwärtigen Sprachgebrauch entspricht.

58

FRAGE: zu dem gesegneten Vers: "Wenn ihr ... auf einer Reise an einem sicheren Ort rastet, dann werft euch für jedes versäumte Pflichtgebet einmal nieder": Ist dies ein Ausgleich für die wegen unsicherer Verhältnisse versäumten Pflichtgebete oder ist das Pflichtgebet während der Reise aufgehoben und tritt die Prostration an seine Stelle?

ANTWORT: Wenn die Stunde des Pflichtgebetes naht und keine Sicherheit herrscht, sollte man sich, sobald man an einen sicheren Ort gelangt, für jedes versäumte Pflichtgebet einmal niederwerfen, nach der letzten Prostration mit gekreuzten Beinen dasitzen und den vorgeschriebenen Vers sprechen. Gibt es einen sicheren Ort, so ist das Pflichtgebet während der Reise nicht aufgehoben.

59

FRAGE: Sollte ein Reisender, der gerastet hat, bei Eintritt der Gebetszeit das Gebet verrichten oder sich statt dessen niederwerfen?

ANTWORT: Nur unter unsicheren Verhältnissen ist es erlaubt, das Pflichtgebet auszulassen.

60

FRAGE: Muß nach jeder Prostration, die ein Gebet ersetzt, der Vers gesprochen werden, wenn wegen mehrerer versäumter Pflichtgebete eine Reihe von Prostrationen erforderlich ist?

ANTWORT: Es genügt, den vorgeschriebenen Vers nach der letzten Prostration zu sprechen. Mehrere Prostrationen machen ein mehrmaliges Sprechen des Verses nicht erforderlich.

61

FRAGE: Ist das Pflichtgebet, wenn es zu Hause vergessen wird, durch eine Prostration auszugleichen?

ANTWORT: Auf frühere Fragen wurde geschrieben: "Diese Bestimmung über die das Pflichtgebet ersetzende Prostration gilt sowohl zu Hause als auch auf der Reise."

62

FRAGE: Reichen Waschungen, die zu einem anderen Zweck vorgenommen wurden, aus, wenn die Zeit des Pflichtgebets kommt, oder müssen sie wiederholt werden?

ANTWORT: Diese Waschungen sind ausreichend und müssen nicht wiederholt werden.

63

FRAGE: Im Kitáb-i-Aqdas ist ein Pflichtgebet, bestehend aus neun Rak'ah, vorgeschrieben, das am Mittag, am Morgen und am Abend zu verrichten ist, aber die Tafel über die Pflichtgebete¹ scheint nicht damit übereinzustimmen:

ANTWORT: Was im Kitáb-i-Aqdas offenbart wurde, bezieht sich auf ein anderes Pflichtgebet. Vor einigen Jahren wurden einige Gebote des Kitáb-i-Aqdas einschließlich des Pflichtgebetes aus Gründen der Weisheit getrennt aufgezeichnet und zum Zwecke der sicheren Verwahrung zusammen mit anderen heiligen Schriften ausgesandt. Später wurden diese drei Pflichtgebete offenbart.

¹ Gemeint ist die Tafel, welche die heute gebräuchlichen drei Pflichtgebete enthält.

64

FRAGE: Ist es erlaubt, sich zur Zeitbestimmung auf Uhren zu verlassen?

ANTWORT: Es ist erlaubt, sich auf Uhren zu verlassen.

65

FRAGE: Auf der Gesetzestafel über die Pflichtgebete sind drei Gebete offenbart. Ist es erforderlich, alle drei zu sprechen?

ANTWORT: Es ist Pflicht, eines dieser drei Gebete zu verrichten. Die Verrichtung eines der drei Gebete genügt.

66

FRAGE: Sind die Waschungen für das Morgengebet noch gültig für das Mittagsgebet? Und sind gleicherweise am Mittag ausgeführte Waschungen abends noch gültig?

ANTWORT: Waschungen sind mit dem Pflichtgebet verbunden, für das sie verrichtet werden, und müssen für jedes Gebet wiederholt werden.

67

FRAGE: Zum langen Pflichtgebet ist vorgeschrieben, daß man aufsteht und "sich Gott zuwendet". Dies scheint zu bedeuten, daß es nicht notwendig ist, sich der Qibla zuzuwenden. Trifft dies zu?

ANTWORT: Die Qibla ist gemeint.

68

FRAGE: zu dem geheiligten Vers: "Sprecht die Verse Gottes jeden Morgen und jeden Abend":

ANTWORT: Gemeint ist alles, was aus dem Himmel göttlicher Rede herabgesandt ward. Das erste Erfordernis ist die liebevolle Hingabe geheiligter Seelen, das Wort Gottes zu lesen. Nur einen Vers, ja nur ein Wort im Geiste der Freude und Frohmut zu lesen, ist der Lektüre vieler Bücher vorzuziehen.

69

FRAGE: Darf ein Erblasser testamentarisch verfügen, daß nach Begleichung der Huqúqu'llah-Zahlung und der Schuldentilgung Teile seines Vermögens für wohltätige Zwecke verwandt werden, oder ist er gehalten, es bei der Zuweisung einer gewissen Summe für die Kosten der Trauerfeier und der Beerdigung bewenden zu lassen, so daß der Rest seines Vermögens in der von Gott bestimmten Weise unter die vorgeschriebenen Erbkategorien verteilt wird?

ANTWORT: Der Erblasser hat die volle Verfügungsgewalt über sein Vermögen. Ist er den Huqúqu'lláh nachgekommen und schuldenfrei, dann ist alles in seinem Testament Verfügte und jedes Anerkenntnis annehmbar. Gott hat ihm wahrlich gestattet, mit dem, was Er ihm verliehen hat, so zu verfahren, wie es ihm beliebt.

70

FRAGE: Ist der Gebrauch des Totenringes nur bei Erwachsenen Pflicht oder auch bei Minderjährigen?

ANTWORT: Er gilt nur für Erwachsene. Auch das Totengebet gilt nur für Erwachsene.

71

FRAGE: Ist es erlaubt, zu einer anderen Zeit als im Monat Alá zu fasten? Ist es gültig und annehmbar, wenn jemand für ein solches Fasten ein Gelübde abgelegt hat?

ANTWORT: Das Gesetz des Fastens wurde bereits offenbart. Gelobt aber jemand Gott eines Wunsches oder eines Zieles wegen ein Fasten, so ist dies erlaubt, heute wie ehedem. Gott, erhaben sei Seine Herrlichkeit, wünscht indessen, daß Versprechen und Gelübde auf Ziele gerichtet sind, die für die Menschheit von Nutzen sind.

72

Eine erneute FRAGE: zum Wohnhaus und zur Kleidung: Fallen sie beim Fehlen männlicher Nachkommen dem Haus der Gerechtigkeit zu oder werden sie wie das restliche Vermögen verteilt?

ANTWORT: Zwei Drittel des Wohnhauses und der Kleidung gehen an die weiblichen Nachkommen, ein Drittel an das Haus der Gerechtigkeit, das Gott zur Schatzkammer des Volkes gemacht hat.

73

FRAGE: Wie soll sich die Frau verhalten, wenn der Ehemann nach Ablauf des Jahres der Geduld die Scheidung verweigert?

ANTWORT: Mit dem Ablauf der Zeit ist die Scheidung vollzogen, doch müssen für den Beginn und das Ende dieses Zeitraums Zeugen vorhanden sein, die nötigenfalls angerufen werden und Zeugnis ablegen können.

74

FRAGE: zur Begriffsbestimmung des Alters:

ANTWORT: Die Araber verstehen darunter das höchste Greisenalter, aber für das Volk Bahás beginnt es mit siebzig.

75

FRAGE: zur Befreiung vom Fasten für Reisende, die zu Fuß gehen:

ANTWORT: Das Zeitmaß ist auf zwei Stunden festgesetzt. Wird es überschritten, so darf das Fasten gebrochen werden.

76

FRAGE: zur Einhaltung des Fastens derjenigen, die während des Fastenmonats harte Arbeit zu verrichten haben:

ANTWORT: Sie sind vom Fasten befreit. Um jedoch dem Gesetz Gottes und der erhabenen Stufe des Fastens Achtung zu zollen, ist es höchst empfehlenswert und schicklich, sich mit einem bescheidenen, nicht öffentlich eingenommenen Mahl zu begnügen.

77

FRAGE: Genügen die Waschungen für das Pflichtgebet auch für das fünfundneunzigmalige Sprechen des Größten Namens?

ANTWORT: Es ist nicht erforderlich, die Waschungen zu wiederholen.

78

FRAGE: zu Kleidern und Schmuck, die ein Ehemann für seine Frau gekauft hat: Sind sie nach dem Tod des Mannes unter seinen Erben zu verteilen oder gehören sie der Frau?

ANTWORT: Außer gebrauchter Kleidung gehört alles, was vorhanden ist, Schmuck und anderes, dem Ehemann, es sei denn, daß es sich nachweislich um Geschenke handelt, die der Frau gemacht worden sind.

79

FRAGE: zum Begriff der Gerechtigkeit, wenn die Beurteilung einer Sache vom Zeugnis zweier gerechter Zeugen abhängt:

ANTWORT: Das Merkmal der Gerechtigkeit ist ein guter Ruf. Das Zeugnis aller Diener Gottes, gleich welchen Glaubens oder Bekenntnisses, ist vor Seinem Thron annehmbar.

80

FRAGE: Soll, wenn der Verstorbene weder die Huqúq noch seine Schulden bezahlt hat, die Zahlung anteilmäßig von seinem Wohnhaus, der persönlichen Kleidung und dem Rest des Vermögens geleistet werden oder sind Wohnhaus und die persönliche Kleidung für die männlichen Nachkommen auszusondern, so daß die Schulden aus dem verbleibenden Vermögen zu zahlen sind? Wie sollen die Schulden beglichen werden, wenn der Rest des Vermögens hierfür nicht ausreicht?

ANTWORT: Die Schulden und die Huqúq sollen aus dem Restvermögen bezahlt werden. Wenn dieses nicht ausreicht, sind die Rückstände aus dem Wohnhaus und der Kleidung zu begleichen.

81

FRAGE: Ist das dritte Pflichtgebet im Sitzen oder im Stehen zu verrichten?

ANTWORT: Es ist schicklicher, in einer Haltung demütiger Ergebenheit zu stehen.

82

FRAGE: Zum ersten Pflichtgebet ist bestimmt, "man soll es verrichten, wann immer man sich in einem Zustand ergebener, sehnsüchtiger Anbetung befindet". Ist es nur einmal in vierundzwanzig Stunden zu verrichten oder häufiger?

ANTWORT: Einmal in vierundzwanzig Stunden ist ausreichend. So hat die Zunge des göttlichen Befehls gesprochen.

83

FRAGE: zur Begriffsbestimmung für "Morgen", "Mittag" und "Abend":

ANTWORT: Dies sind Sonnenaufgang, Mittag und Sonnenuntergang. Die zulässigen Zeiträume für die Pflichtgebete sind vom Morgen bis zum Mittag, vom Mittag bis zum Sonnenuntergang und vom Sonnenuntergang bis zwei Stunden danach. Die Amtsgewalt liegt in der Hand Gottes, des Trägers beider Namen.

84

FRAGE: Ist die Ehe mit Ungläubigen erlaubt?

ANTWORT: Zur Ehe nehmen und zur Ehe geben sind erlaubt. Dies gebot der Herr, als Er den Thron der Freigebigkeit und Gnade bestieg.

85

FRAGE: zum Totengebet: Soll es dem Begräbnis vorangehen oder nachfolgen? Muß die Qibla eingehalten werden?

ANTWORT: Dieses Gebet ist vor dem Begräbnis zu rezitieren. Was die Qibla anbelangt: "Wohin ihr euch auch wendet, da ist Gottes Antlitz."¹

¹ Qur'án 2/115

86

FRAGE: Der Mittag ist die Zeit für zwei Pflichtgebete, das kurze Mittagsgebet und dasjenige, das morgens, mittags und abends zu verrichten ist. Müssen in diesem Fall zwei Waschungen vorgenommen werden oder genügt eine?

ANTWORT: Die Wiederholung der Waschungen ist nicht erforderlich.

87

FRAGE: zur Morgengabe, die für Dorfbewohner aus Silber bestehen soll: Bezieht sich das auf die Braut, den Bräutigam oder beide? Was ist zu tun, wenn der eine Teil Stadtbewohner, der andere Dorfbewohner ist?

ANTWORT: Die Morgengabe bezieht sich auf den Wohnsitz des Bräutigams. Ist er Stadtbewohner, so ist die Morgengabe aus Gold, ist er Dorfbewohner, so ist sie aus Silber.

88

FRAGE: Was ist das Kriterium für die Entscheidung, ob jemand ein Stadt- oder Dorfbewohner ist? Was gilt, wenn ein Stadtbewohner seinen Wohnsitz in einem Dorf nimmt oder ein Dorfbewohner in einer Stadt, jeweils in der Absicht, sich dort auf Dauer niederzulassen? Ist der Geburtsort ausschlaggebend?

ANTWORT: Das Merkmal ist der dauernde Wohnsitz. Je nachdem, wo sich dieser befindet, muß die Bestimmung des Buches eingehalten werden.

89

FRAGE: Auf den heiligen Tafeln ist offenbart, daß, so jemand etwas im Wert von neunzehn Mithqál Gold verdient, das Recht Gottes von diesem Betrag entrichtet werden muß. Wieviel von diesem Betrag soll bezahlt werden?

ANTWORT: Gott hat befohlen, daß von jedem Hundert neunzehn Teile bezahlt werden müssen. Dies soll die Grundlage der Berechnung sein. So läßt sich ermitteln, welcher Betrag für neunzehn (Mithqál Gold) fällig wird.

90

FRAGE: Wenn das Erlangte neunzehn (Mithqál Gold) übersteigt, muß es dann erst wieder auf weitere neunzehn (Mithqál Gold) anwachsen, bevor die Huqúq fällig werden, oder sind die Huqúq für jeden übersteigenden Betrag zu zahlen?

ANTWORT: Die Huqúq fallen nicht bei jedem übersteigenden Betrag an, sondern nur dann, wenn dieser weitere neunzehn erreicht.

91

FRAGE: zum reinen Wasser und zum Zustand, von dem an es als gebraucht gilt:

ANTWORT: Kleine Mengen Wasser, eine Tasse voll, oder selbst zwei oder drei, gelten als gebraucht, wenn jemand das Gesicht oder die Hände darin gewaschen hat. Ein Kurr¹ oder mehr Wasser bleibt nach einer oder zwei Gesichtswaschungen unverändert, und es spricht nichts dagegen, daß es benutzt wird, es sei denn in einer der drei Weisen² verändert, zum Beispiel wenn seine Farbe sich ändert und es demzufolge als gebraucht zu betrachten ist.

¹ ein Rauminhalt von etwa einem halben Kubikmeter

² nach Farbe, Geschmack und Geruch

92

FRAGE: In einer persischen Abhandlung zu verschiedenen Fragen ist das Reifealter auf fünfzehn festgelegt. Muß bei der Eheschließung das Reifealter gleichfalls erreicht sein oder ist sie früher erlaubt?

ANTWORT: Da das Buch Gottes die Einigung beider verlangt, und da eine solche Einigung vor dem Reifealter ungewiß bleibt, muß bei der Eheschließung das Reifealter eingetreten sein. Sie ist vor diesem Zeitpunkt nicht erlaubt.

93

FRAGE: zum Fasten und zum Pflichtgebet bei Kranken:

ANTWORT: Wahrlich, Ich sage, Pflichtgebet und Fasten haben vor Gott einen erhabenen Rang. Ihre Wirkung kann jedoch nur in gesundem Zustand erlangt werden. Bei schlechter Gesundheit dürfen diese Pflichten nicht erfüllt werden. So hat der Herr, erhaben sei Seine Herrlichkeit, es zu allen Zeiten geboten. Selig der Mann und die Frau, die achtsam sind und Seine Gebote befolgen. Aller Lobpreis sei Gott, der die Verse herabsendet und unbezweifelbare Beweise offenbart!

94

FRAGE: zu Moscheen, Kapellen und Tempeln:

ANTWORT: Was immer für die Anbetung des einen wahren Gottes erbaut wurde, Moscheen, Kapellen und Tempel, darf nicht für andere Zwecke als zum Gedenken an Seinen Namen verwendet werden. Dies ist ein Gebot Gottes. Wer es verletzt, zählt wahrlich zu den Übertretern. Keine Schuld trifft den Erbauer, denn er hat für Gott gehandelt, seinen gerechten Lohn empfangen und wird ihn weiterhin empfangen.

95

FRAGE: zur Ausstattung einer Arbeitsstätte für das eigene Gewerbe oder den Beruf. Ist sie der Huqúu'lláh Zahlung unterworfen oder unterliegt sie derselben Regelung wie die Wohnungseinrichtung?

ANTWORT: Sie unterliegt denselben Regelungen wie die Wohnungseinrichtung.

96

FRAGE: zur Umwandlung von Treuhandvermögen zum Schutz vor Entwertung oder Verlust in Bargeld oder andere Anlagen:

ANTWORT: Zu der schriftlichen Anfrage wegen der Umwandlung von Treuhandvermögen zum Schutz vor Entwertung oder Verlust: Solche Transaktionen sind erlaubt unter der Voraussetzung, daß die neue Anlage von gleichem Wert ist. Dein Herr ist wahrlich der Erklärende, der Allwissende, und Er ist fürwahr der Gebieter, der Altehrwürdige der Tage.

97

FRAGE: zum Waschen der Füße im Winter und im Sommer:

ANTWORT: In beiden Jahreszeiten ist warmes Wasser vorzuziehen, aber gegen kaltes gibt es keinen Einwand.

98

Eine ERGÄNZUNG5FRAGE: zur Scheidung:

ANTWORT: Da Gott, erhaben sei Seine Herrlichkeit, die Scheidung nicht schätzt, wurde nichts zu diesem Thema offenbart. Jedoch müssen von Anbeginn bis zum Ende eines Trennungsjahres mindestens zwei Zeugen auf dem laufenden gehalten werden. Kommt es am Ende dieses Jahres zu keiner Versöhnung, so ist die Ehe geschieden. Dies muß vom religiösen Standesbeamten der Stadt, ernannt von den Treuhändern des Hauses der Gerechtigkeit, im Personenregister eingetragen werden. Die Einhaltung dieses Verfahrens ist wichtig, damit die Herzen der Verständnisvollen nicht betrübt werden.

99

FRAGE: zur Beratung:

ANTWORT: Endet die Beratung zunächst in Uneinigkeit, so sind weitere Personen hinzuzuziehen. Bleibt auch dies ergebnislos, so sind Personen in der Zahl des Größten Namens - die überschritten oder unterschritten werden kann - durch das Los zu bestimmen. Alsdann ist die Beratung wieder aufzunehmen und dem Ergebnis, wie es auch sei, zu gehorchen. Herrscht dann immer noch Uneinigkeit, so ist dasselbe Verfahren zu wiederholen. Danach gilt der Spruch der Mehrheit. Er führt wahrlich, wen Er will, den rechten Weg.

100

FRAGE: zur Erbfolge:

ANTWORT: Bei der Erbfolge ist das, was der Erste Punkt gebot - mögen die Seelen aller außer Ihm um Seinetwillen geopfert werden -, wohlgefällig. Die vorhandenen Erben sollen die ihnen zuerkannten Anteile am Erbe erhalten, wobei eine Aufstellung des Restes dem Hofe des Höchsten zu übermitteln ist. In Seiner Hand ist der Quell der Amtsgewalt, Er gebietet, was Ihm gefällt. Hierzu wurde im Land des Geheimnisses¹ ein Gesetz offenbart, das den Erbteil der fehlenden Erben vorübergehend den vorhandenen Erben zuweist, bis das Haus der Gerechtigkeit errichtet ist und sein Spruch in dieser Angelegenheit kundgemacht wird. Jedoch ist die Erbschaft derer, die im selben Jahr wie die Altehrwürdige Schönheit ihr Heimatland verließen, ihren Erben zuerkannt worden. Dies ist eine ihnen von Gott verliehene Gnadengabe.

¹ Edirne

101

FRAGE: zum Gesetz über gefundene Schätze:

ANTWORT: Wird ein Schatz gefunden, so gehört ein Drittel davon dem Finder. Die übrigen zwei Drittel sind von den Männern des Hauses der Gerechtigkeit für die Wohlfahrt aller Menschen zu verwenden. So ist zu verfahren, wenn das Haus der Gerechtigkeit errichtet ist. Bis dahin sind sie von vertrauenswürdigen Personen am jeweiligen Ort zu verwahren. Er ist fürwahr der Herrscher, der Gebieter, der Allwissende, der Allunterrichtete.

102

FRAGE: zu den Huqúq auf Grundvermögen, das keinen Ertrag abwirft:

ANTWORT: Nach Gottes Gebot fällt auf Grundvermögen, das keinen Ertrag mehr bringt, das heißt, aus dem kein Gewinn erwächst, keine Huqúq-Zahlung an. Er ist wahrlich der Herrscher, der Großzügige.

103

FRAGE: zu dem heiligen Vers: "In Gegenden, wo die Tage und Nächte lang werden, sind die Gebetszeiten durch Uhren ... zu bestimmen":

ANTWORT: Gemeint sind abgelegene Weitgegenden. Hierzulande beschränkt sich der Zeitunterschied jedoch auf wenige Stunden, weshalb die Regelung hier nicht Platz greift.

104

Im Sendbrief an Abá Badí ist der folgende heilige Vers offenbart: "Wahrlich, Wir haben einem jeden Sohn geboten, seinem Vater beizustehen." Dies ist die Vorschrift, die Wir im Buch erlassen haben.

105

Und auf einer anderen Tafel sind diese erhabenen Worte offenbart: "O Muhammad! Der Altehrwürdige der Tage hat dir Sein Antlitz zugewandt. Er nennt dich beim Namen und ermahnt das Volk Gottes, seine Kinder zu erziehen. Ein Vater, der diesen gewichtigen Befehl, der im Kitáb-i-Aqdas von der Feder des Ewigen Königs offenbart ward, in den Wind schlägt, hat sein Vaterschaftsrecht verwirkt und wird vor Gott schuldig gesprochen. Wohl dem, der sich die Ermahnungen des Herrn ins Herz prägt und sich standhaft daran hält. Gott gebietet fürwahr Seinen Dienern, was ihnen hilft und nützt und sie befähigt, Ihm nahezukommen. Er ist der Gebieter, der Ewige."

106

Er ist Gott, erhaben sei Er, der Herr der Macht und Majestät! Die Propheten und Erwählten Gottes sind allesamt vom Einen Wahren Gott - gepriesen sei Seine Herrlichkeit! - beauftragt, die Bäume menschlichen Seins mit den Lebenswassern der Aufrichtigkeit und des Verstehens zu nähren, damit aus ihnen erscheine, was Gott tief in ihrem Selbst verwahrt hat. Wie leicht zu erkennen, trägt jeder Baum eine bestimmte Frucht. Ein dürrer Baum taugt nur für das Feuer. Bei allem, was diese Erzieher sagten und lehrten, war ihre Absicht, die erhabene Stufe des Menschen zu bewahren. Wohl dem, der am Tage Gottes sich fest an Seine Gebote hält und keinen Schritt von Seinem wahren, allem zugrundeliegenden Gesetz abweicht. Die Früchte, die dem Baume des menschlichen Lebens am besten stehen, sind Vertrauenswürdigkeit und Frömmigkeit, Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit, doch größer als all dies ist nach der Anerkennung der Einheit Gottes - gepriesen und verherrlicht sei Er! - die Beachtung der Rechte, die er den Eltern schuldet. Diese Lehre ist in allen Büchern Gottes zu finden, und die Erhabenste Feder bestätigt sie erneut. Bedenket, was der Allbarniherzige Herr im Qur'án, verherrlicht seien Seine Worte, offenbart hat: "Betet Gott an, setzt Ihm keinen Gefährten und kein Abbild zur Seite und erweist euren Eltern Güte und Liebe ... " Seht, wie hier die liebende Sorge um die Eltern mit der Anerkennung des einen wahren Gottes verbunden ist! Glücklich, wer mit Einsicht und Verständnis begabt ist, wer schaut und wahrnimmt, wer liest und begreift und befolgt, was Gott offenbart - in den alten heiligen Büchern und auf dieser unvergleichlichen, wundersamen Tafel.

107

Auf einer Seiner Tafeln hat Er offenbart, erhaben seien Seine Worte: "Und in der Frage der Zakát bestimmen Wir gleichermaßen, daß ihr dem folget, was im Qur'án offenbart ist."

Notes

1

"der süße Duft Meines Gewandes" (¶4)

Dies ist eine Anspielung auf die Josephsgeschichte im Qur'án und im Alten Testament. Darin hat Jakob seinen geliebten, seit langem verloren geglaubten Sohn Joseph an dessen Kleidern wiedererkannt, als ihm diese von seinen Brüdern überbracht wurden. Die Metapher des duftenden "Gewandes" wird in der Schrift häufig für die Erkenntnis der Manifestation Gottes und Seiner Offenbarung verwandt.

In einer Tafel bezeichnet sich Baháu'llah als den "Göttlichen Joseph", der von den Achtlosen "um ein Spottgeld verschachert" wurde. Im Qayyúmu'l-Asmá identifiziert der Báb Baháu'lláh mit dem "wahren Joseph" und sagt die Heimsuchungen voraus, die Er von Seinem heimtückischen Bruder erdulden werde (siehe Erläuterungen 190). Shoghi Effendi zieht eine Parallele zwischen Mirza Muhammad-Alis flammender Eifersucht auf den Vorrang Abdu'l-Bahas und dem tödlichen Neid "auf die überragenden Vorzüge Josephs, der in den Herzen seiner Brüder entbrannte".

2

"Wir haben den erlesenen Wein mit den Fingern der Macht und Kraft entsiegelt" (¶5)

Der Genuß von Wein und anderen Rauschmitteln ist im Kitáb-i-Aqdas verboten (siehe Erläuterungen 144 und Erläuterungen 170). Im allegorischen Sinn kommt der Genuß von "Wein" als Ursache geistiger Verzückung - nicht nur in der Offenbarung Bahá'u'lláhs, sondern auch in der Bibel, im Qur'án und in alten Hindu-Überlieferungen vor.

So verheißt der Qur'án den Gerechten, ihnen werde der "erlesene versiegelte Wein" kredenzt. In Seinen Sendbriefen setzt Bahá'u'lláh diesen "erlesenen Wein" mit Seiner Offenbarung gleich, deren "Moschusduft" über "alles Erschaffene" weht. Er erklärt, daß Er diesen "Wein entsiegelt" und so die bis dahin verborgenen geistigen Wahrheiten enthüllt habe, so daß die, die davon trinken, fähig sind, "das Licht göttlicher Einheit an seinen Strahlen zu erkennen" und "den Sinn und Zweck zu begreifen, der den heiligen Schriften Gottes ... zugrunde liegt".

In einem Gebet bittet Bahá'u'lláh Gott, die Gläubigen mit "dem erlesenen Wein Deiner Gnade" zu versorgen, "damit er sie alles außer Dir vergessen und sich aufmachen läßt, Deiner Sache zu dienen, standhaft in ihrer Liebe zu Dir".

3

"Wir verordnen euch ein Pflichtgebet" (¶6)

Im Arabischen gibt es mehrere Begriffe für `Gebet`; "salát", das hier im Text steht, bezeichnet die Art von Gebeten, die die Gläubigen zu festgesetzten Tageszeiten zu verrichten haben. Um den Unterschied dieser Kategorie von den anderen Gebeten zu kennzeichnen, wurde der Be-griff "salát" mit `Pflichtgebet` übersetzt.

Nach Bahá'u'lláh haben "Pflichtgebet und Fasten vor Gott einen erhabenen Rang" (Fragen und Antworten 93). Abdu'l-Bahá bestätigt, daß diese Gebete "Demut und Ergebenheit fördern" und "den Menschen veranlassen, sein Angesicht Gott zuzuwenden und Ihm seine Verehrung darzubringen": Durch diese Gebete "pflegt der Mensch Gemeinschaft mit Gott, sucht Ihm nahe zu kommen, hält Zwiesprache mit dem wahren Geliebten seines Herzens und erreicht geistige Stufen".

Das in diesem Vers erwähnte Pflichtgebet (siehe Erläuterungen 9) hat Bahá'u'lláh später durch drei neu offenbarte Pflichtgebete ersetzt (Fragen und Antworten 63). Diese drei jetzt gültigen Pflichtgebete sind samt den rituellen Anweisungen unter der Rubrik "Von Bahá'u'lláh ergänzend zum Kitáb-i-Aqdas offenbarte Texte" wiedergegeben.

Eine ganze Reihe der "Fragen und Antworten" behandelt Einzelheiten der drei neuen Pflichtgebete. Bahá'u'lláh stellt klar, daß der Gläubige jeweils eines auswählen kann (Fragen und Antworten 65). Weitere Anweisungen zu den Gebeten sind in Fragen und Antworten 66, Fragen und Antworten 67, Fragen und Antworten 81 und Fragen und Antworten 82 enthalten.

Die Details des Gesetzes über das Pflichtgebet sind unter der Rubrik `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV. A. I.-17., zusammengefaßt.

4

"neun Rak'ah (¶6)"

Ein Rak'ah ist das Rezitieren besonders offenbarter Verse in Verbindung mit einer vorgeschriebenen Folge von Kniebeugungen und anderen Haltungen. Das ursprünglich den Gläubigen vorgeschriebene Pflichtgebet bestand aus neun Rak'ah. Die genaue Art dieses Gebets und die Anweisungen für seine Verrichtung sind unbekannt, da sie verlorengegangen sind (siehe Erläuterungen 9).

In einer Tafel zu den nunmehr bindenden Pflichtgebeten schreibt Abdu'l-Bahá: "Ein jedes Wort und jede Haltung des Pflichtgebets birgt Anspielungen, Geheimnisse und eine Weisheit, die der Mensch nicht begreifen kann und Buchstaben und Schriftrollen nicht zu fassen vermögen."

Nach Shoghi Effendi haben die wenigen einfachen Anleitungen Bahá'u'lláhs für das Rezitieren bestimmter Gebete geistige Bedeutung; darüber hinaus helfen sie dem Menschen, "sich beim Beten und Meditieren voll zu konzentrieren".

5

"am Mittag, am Morgen und am Abend" (¶6)

Zur Bestimmung von `Morgen, Mittag und Abend` als Zeiten, zu denen das jetzt gültige mittlere Pfiichtgebet zu sprechen ist, hat Bahá'u'lláh erklärt, daß dies "Sonnenaufgang, Mittag und Sonnenuntergang" (Fragen und Antworten 83) entspricht: "Die zulässigen Zeiträume für die Pflichtgebete sind vom Morgen bis zum Mittag, vom Mittag bis zum Sonnenuntergang und vom Sonnenuntergang bis zwei Stunden danach". Abdu'l-Bahá erklärt hierzu, daß das morgendliche Pflichtgebet von frühester Dämmerung an gesprochen werden kann.

Die Bestimmung des `Mittags` als der Zeit "vom Mittag bis zum Sonnenuntergang" bezieht sich auf das kurze und das mittlere Pflichtgebet.

6

"Von einer größeren Zahl haben Wir euch befreit" (¶6)

Die beim Pflichtgebet einzuhaltenden Riten waren im Islam und in der Bábí-Religion erheblich anspruchsvoller als bei dem im Kitáb-i-Aqdas vorgeschriebenen, aus neun Rak'ah bestehenden Pflichtgebet (siehe Erläuterungen 4). Im Bayán verfügte der Báb ein Pflichtgebet, das aus neunzehn Rak'ah bestand und einmal in vierundzwanzig Stunden zwischen dem Mittag des einen und dem des nächsten Tages zu verrichten war.

Das muslimische Gebet wird fünfmal am Tag gesprochen: am frühen Morgen, am Mittag, am Nachmittag, am Abend und in der Nacht. Die Zahl der Rak'ah unterscheidet sich nach der Zeit der Verrichtung; insgesamt sind siebzehn Rak'ah im Laufe eines Tages darzubringen.

7

"Wollt ihr dieses Gebet verrichten, so wendet euch dem Hof Meiner hochheiligen Gegenwart zu, diesem geweihten Ort, von ... zum Punkt der Anbetung für die Bewohner der Städte der Ewigkeit bestimmt" (¶6)

Der "Punkt der Anbetung", das heißt, die Richtung, in die sich der Betende beim Pflichtgebet zu wenden hat, wird Qibla genannt. Die Einrichtung der Qibla gab es schon in früheren Religionen. Ehedem war Jerusalem dazu bestimmt worden. Muhammad änderte dies und bestimmte Mekka zur Qibla. Die Anweisung des Báb im Arabischen Bayán lautet: "Die Qibla ist fürwahr Er, den Gott offenbaren wird. Wohin Er sich begibt, dahin folgt sie, bis Er Seine letzte Ruhe findet."

Bahá'u'lláh zitiert diese Stelle im Kitáb-i-Aqdas (k137) und bestätigt sie mit dem oben erwähnten Vers. Die Ausrichtung auf die Qibla bezeichnet Er als "ein bindendes Erfordernis für das Sprechen des Pflichtgebetes" (Fragen und Antworten 14 und Fragen und Antworten 67). Bei anderen Gebeten und Andachten ist der Gläubige frei, sich in jede Richtung zu wenden.

8

"Und wenn die Sonne der Wahrheit und der Rede untergeht, so wendet euer Angesicht dem Orte zu, den Wir euch bestimmt haben." (¶6)

Bahá'u'lláh bestimmte für die Zeit nach Seinem Hinscheiden die Stätte Seiner letzten Ruhe als Qibla. Das Hochheilige Grab ist in Bahjí bei Akká. Abdu'l-Bahá beschreibt diesen Ort als "den leuchtenden Schrein", "den Ort, den die Höchste Schar umkreist".

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärt Shoghi Effendi die geistige Bedeutung der Qibla mit dem Gleichnis der Pflanze, die sich der Sonne zuwendet: "Wie die Pflanze dem Sonnenlicht zustrebt, von dem sie Leben und Wachstum empfängt, so wenden wir unsere Herzen beim Gebet der Manifestation Gottes, Bahá'u'lláh, zu ... Wir wenden unser Angesicht dem Orte zu, an dem Sein Staub in dieser Erde ruht, als Symbol für die innere Haltung."

9

"Die Einzelheiten des Pflichtgebets haben Wir auf einer anderen Tafel ausgeführt." (¶8)

Das ursprüngliche Pflichtgebet hatte Bahá'u'lláh "aus Gründen der Weisheit" auf einer besonderen Tafel offenbart (Fragen und Antworten 63), aber zu Seinen Lebzeiten nicht an die Gläubigen gegeben, da es durch die drei heute verwendeten Pflichtgebete ersetzt wurde. Kurz nach Bahá'u'lláhs Hinscheiden wurde der Text dieses Gebetes zusammen mit einigen anderen Tafeln Baháu'lláhs von Muhammad-Ali, dem Erzbundesbrecher, gestohlen.

10

"Totengebet" (¶8)

Das Totengebet (siehe `Von Bahá'u'lláh ergänzend zum Kitáb-i-Aqdas offenbarte Texte`) ist für die Bahá'í das einzige in Gemeinschaft zu sprechende Pflichtgebet. Es ist von einem Gläubigen vorzutragen, während die übrigen Anwesenden schweigend stehen (siehe Erläuterungen 19). Bahá'u'lláh stellte klar, daß das Totengebet nur für erwachsene Verstorbene erforderlich ist (Fragen und Antworten 70), daß es vor der Beisetzung zu sprechen ist und daß dabei die Qibla nicht eingehalten werden muß (Fragen und Antworten 85).

Weitere Einzelheiten zum Totengebet sind in "Inhaltsübersicht und systematische Darstellung", IV.A.13.-14., zusammengefaßt.

11

"Im Totengebet sind von Gott, dem Offenbarer der Verse, sechs besondere Abschnitte herabgesandt." (¶8)

Diese Abschnitte sind Teil des Totengebets. Sie umfassen das sechsmalige Sprechen des Grußes "Allah-u-Abhá" (Gott ist der Allherrliche), wobei nach jeder Wiederholung einer von sechs besonders offenbarten Versen neunzehnmal gesprochen wird. Diese Verse entsprechen denen, die der Báb im Totengebet des Bayán offenbart hat. Baháu'lláh stellte diesen Abschnitten ein Bittgebet voran.

12

"Haar macht euer Gebet nicht ungültig, auch nichts, woraus der Geist gewichen ist, wie Knochen und dergleichen. Es steht euch frei, den Pelz des Zobels zu tragen, auch den des Bibers, des Eichhörnchens und anderer Tiere." (¶9)

In manchen Religionen glaubte man, daß Haare bestimmter Tiere oder bestimmte auf dem Leib getragene Gegenstände das Gebet ungültig machen. Bahá'u'lláh bestätigt hier die Aussage des Báb im Arabischen Bayán, wonach solche Dinge das Gebet in seiner Gültigkeit nicht beeinträchtigen.

13

"Wir haben euch geboten, vom Reifealter an zu beten und zu fasten." (¶10)

Bahá'u'lláh bestimmt das "Reifealter für religiöse Pflich-ten" mit "fünfzehn" für "Mann und Frau" (Fragen und Antworten 20). Einzelheiten zur Fastenzeit siehe Erläuterungen 25.

14

"hat Er jene ausgenommen, die durch Krankheit oder Alter geschwächt sind" (¶10)

Die Befreiung der durch Krankheit oder hohes Alter Geschwächten vom Pflichtgebet und vom Fasten wird in den `Fragen und Antworten` erläutert. Bahá'u'lláh erklärt: "Bei schlechter Gesundheit dürfen diese Pflichten nicht erfüllt werden" (Fragen und Antworten 93). Das Alter läßt Er in diesem Zusammenhang mit "siebzig" beginnen (Fragen und Antworten 74). Auf Anfrage stellte Shoghi Effendi klar, daß befreit ist, wer das siebzigste Lebensjahr vollendet hat, einerlei, ob er schwach ist oder nicht.

Befreiung vom Fasten wird auch anderen Personengruppen gewährt; sie sind in "Inhaltsübersicht und systematische Darstellung", Abschnitt IV.B.5., aufgeführt. Weitere Gesichtspunkte siehe Erläuterungen 20, Erläuterungen 30 und Erläuterungen 31.

15

"Gott stellt euch frei, euch auf jeder Fläche niederzuwerfen, die rein ist. In dieser Hinsicht haben Wir die Beschränkung aufgehoben, die im Buche verzeichnet war" (¶10)

In früheren Religionen waren für Gebete häufig Prostrationen vorgesehen. Im Arabischen Bayán forderte der Báb Seine Anhänger auf, bei Prostrationen die Stirn auf Flächen aus Kristall zu legen. Im Islam gibt es ähnliche Einschränkungen zur Fläche, auf denen sich Muslime niederwerfen dürfen. Bahá'u'lláh hebt solche Beschränkungen auf und läßt "jede Fläche ... die rein ist" genügen.

16

"Wer für die Waschung kein Wasser findet, spreche fünfmal die Worte: "Im Namen Gottes, des Reinsten, des Reinsten"; dann verrichte er sein Gebet" (¶10)

Zur Vorbereitung des Pflichtgebets hat der Gläubige Waschungen zu vollziehen. Sie bestehen im Waschen der Hände und des Gesichtes. Falls kein Wasser vorhanden ist, ist ein besonderer Vers fünfmal zu sprechen. Zu den Waschungen siehe Erläuterungen 34. Vorbilder für Ersatzhandlungen beim Fehlen von Wasser finden sich im Qur'án und im Arabischen Bayán.

17

"In Gegenden, wo die Tage und Nächte lang werden, sind die Gebetszeiten durch Uhren und andere den Gang der Stunden anzeigende Instrumente zu bestimmen." (¶10)

Dies bezieht sich auf Gebiete im höchsten Norden und im tiefsten Süden, wo Tag- und Nachtlänge erheblich wechseln (Fragen und Antworten 64 und Fragen und Antworten 103). Diese Vorschrift gilt auch für das Fasten.

18

"Wir befreien euch von dem Gebet der Zeichen." (¶11)

Das "Gebet der Zeichen" ist eine Sonderform des muslimischen Pflichtgebets und war bei Naturereignissen wie Erdbeben, Sonnenfinsternissen und dergleichen, die Schrecken verbreiten oder für Zeichen Gottes gehalten werden konnten, geboten. Das Gebot, dieses Gebet zu verrichten, wurde aufgehoben. Statt dessen kann der Gläubige sagen: "Die Größe ist Gottes, des Herrn des Sichtbaren und des Unsichtbaren, des Herrn der Schöpfung", doch ist dies kein bindendes Gebot (Fragen und Antworten 52)

19

"Mit Ausnahme des Totengebets ist das Gemeinschaftsgebet abgeschafft." (¶12)

Ein Gemeinschaftsgebet im Sinn eines formalen, nach einem vorgeschriebenen Ritual zu verrichtenden Pflichtgebets ist zum Beispiel das im Islam von einem Imam angeführte Freitagsgebet in der Moschee. Durch die Bahá'í-Offenbarung wurde dies abgeschafft. Das Totengebet (siehe Erläuterungen 10) ist das einzige im Bahá'í-Gesetz vorgesehene Gemeinschaftsgebet. Es wird von einem der Anwesenden vorgetragen, während die anderen schweigend stehen. Der Vorleser hat keine besondere Stellung. Die Versammlung muß sich nicht der Qibla zuwenden (Fragen und Antworten 85).

Die drei Pflichtgebete sind individuell, nicht in Gemeinschaft, zu verrichten.

Für die Rezitation der vielen anderen Bahá'í-Gebete gibt es kein vorgeschriebenes Ritual. Jeder kann diese Gebete in Versammlungen oder privat verwenden, wie es ihm beliebt. In diesem Zusammenhang erklärt Shoghi Effendi: "Wiewohl es den Gläubigen freigestellt ist, ihren Vorlieben zu folgen ... so sollen sie sich sehr davor hüten, an einer von ihnen gewählten Form zu streng festzuhalten und sie so zu einer festen Einrichtung zu entwickeln. Dies ist ein Punkt, dessen man stets eingedenk sein sollte, damit man nicht vom klaren Pfad abweicht, der durch die Lehre vorgezeichnet ist."

20

"Gott hat die Frau für die Dauer der Monatsregel vom Pflichtgebet und vom Fasten befreit." (¶13)

Befreiung vom Pflichtgebet wird der Frau während der Monatsregel gewährt. Sie soll statt dessen ihre Waschungen verrichten (siehe Erläuterungen 34) und fünfundneunzigmal zwischen dem Mittag eines und des folgenden Tages den Vers "Verherrlicht sei Gott, der Herr des Glanzes und der Schönheit" sprechen. Diese Vorschrift findet sich schon im Arabischen Bayán, wo ein ähnlicher Dispens gewährt wurde.

In manchen Religionen wurde die Frau während ihrer Monatsregel als rituell unrein betrachtet und von den Pflichten des Betens und Fastens ausgeschlossen. Das Konzept der rituellen Unreinheit wurde von Baháu'lláh abgeschafft (siehe Erläuterungen 106).

Das Universale Haus der Gerechtigkeit stellt klar, daß die Vorschriften im Kitáb-i-Aqdas, die von Pflichten befreien, Freistellungen und keine Verbote sind. Jedem Gläubigen steht es deshalb frei, vom Dispens Gebrauch zu machen, wenn er es wünscht. Das Universale Haus der Gerechtigkeit rät jedoch, diese Entscheidung mit Weisheit zu treffen und sich dessen bewußt zu sein, daß Bahá'u'lláh diesen Dispens aus gutem Grunde gewährt hat.

Der gewährte Dispens bezog sich ursprünglich auf das aus neun Rak'ah bestehende Pflichtgebet, gilt jetzt aber für die drei Pflichtgebete, die es ersetzt haben.

21

"Wenn ihr - ob Mann oder Frau - auf einer Reise an einem sicheren Ort rastet, dann werft euch für jedes versäumte Pflichtgebet einmal nieder" (¶14)

Vom Pflichtgebet ist freigestellt, wer sich in einem solchen Zustand der Unsicherheit befindet, daß es nicht möglich ist, das Pflichtgebet zu verrichten. Dieser Dispens gilt auf Reisen wie auch zu Hause und schafft einen Ersatz für Pflichtgebete, die wegen unsicherer Verhältnisse versäumt wurden. Baháu'lláh stellt klar, daß das Pflichtgebet "während der Reise nicht aufgehoben" ist, solange man zu dessen Verrichtung einen "sicheren Ort" finden kann (Fragen und Antworten 58). Fragen und Antworten 21, Fragen und Antworten 58, Fragen und Antworten 59, Fragen und Antworten 60 und Fragen und Antworten 61 erläutern diese Anordnung.

22

"Nach euren Prostrationen setzt euch ... mit gekreuzten Beinen nieder" (¶14)

Der arabische Begriff "haykalu't-tawhíd", hier `mit gekreuzten Beinen` übersetzt, bedeutet "Haltung der Einheit" und bezeichnet traditionell ein Sitzen mit den Beinen über Kreuz.

23

"Sprich: Gott hat Meine verborgene Liebe zum Schlüssel für den verborgenen Schatz gemacht" (¶15)

Es gibt eine bekannte islamische Überlieferung über Gott und Seine Schöpfung: "Ich war ein verborgener Schatz. Ich wünschte erkannt zu werden, also rief Ich die Schöpfung ins Dasein, damit Ich erkannt werde." Bezüge und Anspielungen auf diese Tradition sind in der gesamten Schrift zu finden. So offenbart Bahá'u'lláh in einem Gebet:

"Gelobt sei Dein Name, o Herr mein Gott! Ich bezeuge, daß Du ein verborgener Schatz warst, eingehüllt in Deinem urewigen Sein, und ein unerforschliches Geheimnis, eingeschlossen in Deinem Wesen. Du wünschtest, Dich zu offenbaren; darum schufest Du die Größeren und die Geringeren Welten, Du erwähltest den Menschen vor allen Deinen Geschöpfen und machtest ihn zum Zeichen für beiderlei Welten, o Du, der Du unser Herr bist, der Mitleidvollste!" (GM 38/1)

"Damit Er vor allem Volk Deiner Schöpfung Deinen Thron einnehme, erhobest Du Ihn. Du machtest Ihn fähig, Deine Geheimnisse zu entschleiern, mit dem Lichte Deiner Eingebung und Offenbarung zu strahlen sowie Deine Namen und Attribute kundzutun. Durch Ihn schmücktest Du das Vorwort im Buche Deiner Schöpfung, o Du Herrscher über das Weltall, das Du geschaffen hast!" (GM 38/2)

Desgleichen sagt Er in den Verborgenen Worten:

"O Sohn des Menschen! Ich liebte es, dich zu erschaffen, also erschuf Ich dich. Nun liebe du Mich, damit Ich deinen Namen nenne und deine Seele mit dem Geiste des Lebens erfülle." (VW ar.5)

Abdu'l-Bahá schrieb in Seinem Kommentar zu der oben zitierten Tradition:

"O Wanderer auf dem Pfade des Geliebten! Wisse, daß der eigentliche Zweck dieser heiligen Tradition ist, die Stufen des verborgenen und des offenbaren Gottes in den Verkörperungen der Wahrheit, den Dämmerorten Seines Allherrlichen Wesens, anzudeuten. So besteht die Flamme des unauslöschlichen Feuers, ehe sie entzündet ist und in Erscheinung tritt, durch sich selbst in sich selbst in der verborgenen Identität der universellen Manifestationen, und dies ist die Stufe des `Verborgenen Schatzes`. Und wenn der Gesegnete Baum durch sich selbst in sich selbst entzündet wird und das Göttliche Feuer durch sein eigenes Wesen in seinem eigenen Wesen brennt, so ist dies die Stufe des `Ich wünschte erkannt zu werden`. Und wenn es vom Horizont des Universums mit unendlichen Namen und Attributen auf die Reiche der Möglichkeit und der Raumlosigkeit strahlt, so tritt eine neue, wundersame Schöpfung in Erscheinung, die der Stufe des `Also rief Ich die Schöpfung ins Dasein` entspricht. Und wenn die geheiligten Seelen die Schleier irdischer Verhaftung und weltlicher Bedingtheit zerreißen und zur Stufe des Schauens auf die Schönheit der Göttlichen Gegenwart eilen und die Ehre erlangen, die Manifestation zu erkennen, und fähig werden, den Strahlenglanz von Gottes Größtem Zeichen in ihren Herzen wahrzunehmen, dann wird der Zweck der Schöpfung offenbar werden, der in der Erkenntnis dessen besteht, der die Ewige Wahrheit ist."

24

"O Feder des Höchsten!" (¶16)

`Feder des Höchsten`, `Höchste Feder` und `Erhabenste Feder` sind Hinweise auf Baha'u'lláh und veranschaulichen Seine Aufgabe als Offenbarer des Wortes Gottes.

25

"Wir haben euch für eine kurze Zeit das Fasten geboten" (¶16)

Fasten und Pflichtgebet sind die beiden Pfeiler des offenbarten göttlichen Gesetzes. Bahá'u'lláh sagt auf einer Tafel, Er habe die Gesetze über das Pflichtgebet und das Fasten offenbart, damit die Gläubigen Gott nahekommen. Shoghi Effendi weist darauf hin, daß die Fastenzeit mit der vollständigen Enthaltung von Speise und Trank zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang "im wesentlichen eine Zeit der Meditation und des Gebetes, der geistigen Erneuerung ist, während der der Gläubige sich bemühen soll, sein inneres Leben wieder zu ordnen und die in seiner Seele ruhenden geistigen Kräfte zu erfrischen und zu stärken. Der Sinn und Zweck des Fastens ist geistiger Natur. Fasten ist ein Symbol, eine Mahnung, sich selbstischer und fleischlicher Wünsche zu enthalten."

Das Fasten ist allen Gläubigen geboten, von der Vollendung des 15. Lebensjahres bis zum Alter von 70 Jahren.

Eine Zusammenfassung der Details des Fastengesetzes und der Personengruppen, denen Befreiung gewährt wird, findet sich in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.B.1.-6. Auf die Freistellungen gehen die Erläuterungen 14, Erläuterungen 20, Erläuterungen 30 und Erläuterungen 31 ein.

Die neunzehntägige Fastenzeit fällt auf den Monat Alá, normalerweise vom 2. bis 20. März, unmittelbar nach den Schalttagen (siehe Erläuterungen 27 und Erläuterungen 147). Ihr folgt das Naw-Rúz-Fest (siehe Erläuterungen 26).

26

"und euch an dessen Ende Naw-Rúz als Fest bestimmt" (¶16)

Der Báb hat einen neuen Kalender, heute bekannt als Badí- oder Bahá'í-Kalender, eingeführt (siehe Erläuterungen 27 und Erläuterungen 147). Danach ist ein Tag der Zeitraum zwischen zwei Sonnenuntergängen. Im Bayán bestimmte der Báb den Monat Alá als Fastenmonat und das Naw-Rúz-Fest als sein Ende; Naw-Rúz bezeichnete Er als den Tag Gottes. Bahá'u'lláh bestätigt den Badí-Kalender, in dem Naw-Rúz als Fest bestimmt ist.

Naw-Rúz ist der erste Tag des Jahres und fällt auf die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche der nördlichen Halbkugel, die normalerweise am 21. März stattfindet. Nach Bahá'u'lláh ist das Fest an dem Tag zu feiern, an dem die Sonne in das Zeichen des Widders eintritt (was der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche entspricht), selbst wenn dies nur eine Minute vor Sonnenuntergang geschieht (Fragen und Antworten 35). Naw-Rúz kann demnach auf den 20., 21. oder 22. März fallen.

Bahá'u'lláh hat die Detailregelung vieler Gesetze dem Universalen Haus der Gerechtigkeit überlassen. Dazu gehören auch Fragen zum Bahá'í-Kalender. Der Hüter hat darauf hingewiesen, daß bei der weltweiten Einführung des Gesetzes zur Festlegung von Naw-Rúz ein bestimmter Ort ausgewählt werden muß, der als Meßpunkt für die Feststellung der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche dient. Auch die Wahl dieses Ortes ist nach Shoghi Effendi dem Universalen Haus der Gerechtigkeit überlassen.

27

"Legt des Jahres überzählige Tage vor den Fastenmonat" (¶16)

Der Badí-Kalender beruht auf dem Sonnenjahr von 365 Tagen, 5 Stunden und etwa 50 Minuten. Das Jahr besteht aus 19 Monaten zu je 19 Tagen, zusammen 361 Tage, dazu vier zusätzliche Tage (in Schaltjahren fünf). Der Báb hat den Platz dieser Schalttage im neuen Kalender nicht ausdrücklich bestimmt. Der Kitáb-i-Aqdas löst diese Frage, indem er den "überzähligen" Tagen einen festen Platz im Kalender unmittelbar vor dem Fastenmonat Alá zuweist. Weitere Einzelheiten finden sich in den Abschnitten zum Bahá'í-Kalender, `The Bahái World` Bd.20, Haifa 1998.

28

"Wir bestimmten, daß diese ... die Offenbarungen des Buchstabens Há seien" (¶16)

Bekannt als die Ayyám-i-Há (die Tage des Há) sind die Schalttage durch ihre Verbindung mit "dem Buchstaben Há" ausgezeichnet. Der Abjad-Zahlenwert dieses arabischen Buchstabens ist fünf, was der höchstmöglichen Zahl eingeschobener Tage entspricht. Der Buchstabe "Há" hat in den heiligen Schriften verschiedene geistige Bedeutungen, darunter die eines Sinnbilds für das Wesen Gottes.

29

"diese Tage des Gebens, die der Zeit der Enthaltsamkeit vorangehen" (¶16)

Baháu'llah befiehlt den Gläubigen, diese Tage für Feste, Frohsinn und gute Werke zu verwenden. In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief legt Shoghi Effendi dar, daß "die Schalttage besonderer Anlaß für Gastlichkeit, Geschenke und dergleichen sein sollen".

30

"Reisende ... sind nicht an das Fasten gebunden" (¶16)

Die Mindestdauer einer Reise, die den Gläubigen vom Fasten befreit, hat Bahá'u'lláh festgelegt (Fragen und Antworten 22 und Fragen und Antworten 75). Einzelheiten dazu sind in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV. B.5.a.1.-v., zusammengefaßt. Shoghi Effendi stellt klar, daß Reisende vom Fasten befreit sind, aber fasten können, wenn sie dies wünschen. Die Befreiung gilt während der ganzen Reisezeit, nicht nur während der Stunden im Zug, im Kraftwagen usw.

31

"Reisende, Kranke und jene, die schwanger sind oder stillen, sind nicht an das Fasten gebunden. Sie sind von Gott zum Zeichen Seiner Gnade davon befreit." (¶16)

Vom Fasten ist befreit, wer krank oder betagt ist (siehe Erläuterungen 14), ferner Frauen für die Dauer der Monatsregel (siehe Erläuterungen 20), Reisende (siehe Erläuterungen 30), Schwangere und Stillende. Der Dispens ist auch denjenigen gewährt, die harte Arbeit zu verrichten haben. Sie werden gleichzeitig angehalten, "dem Gesetz Gottes und der erhabenen Stufe des Fastens Achtung zu zollen", indem sie "sich mit einem bescheidenen, nicht öffentlich eingenommenen Mahl" begnügen (Fragen und Antworten 76). Nach Shoghi Effendi wird das Universale Haus der Gerechtigkeit bestimmen, welche Arbeiten unter den Dispens vom Fasten fallen.

32

"Enthaltet euch der Speise und des Tranks von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang" (¶17)

Dies bezieht sich auf die Zeit des Fastens. In einem Brief führt Abdu'l-Bahá aus, daß Fasten in der Enthaltung von Speise und Trank besteht und daß auch das Rauchen eine Art von "Trinken" ist. Im Arabischen bezeichnet dasselbe Verbum sowohl trinken als auch rauchen.

33

"Jedem, der an ... glaubt, ist geboten ... täglich ... fünfundneunzigmal `Allá'u-Abhá` zu sprechen." (¶18)

Das arabische "Alláh-u-Abhá" bedeutet `Gott, der Allherrliche`. Es ist eine Form des Größten Namens Gottes (siehe Erläuterungen 137). Im Islam gibt es die Tradition, daß unter den vielen Namen Gottes einer der größte sei, doch sei er verborgen. Baha'u'llah bestätigt, daß dieser Größte Name "Bahá" ist.

Die verschiedenen Ableitungen des Wortes "Bahá" werden ebenfalls als der Größte Name betrachtet. Im Auftrag Shoghi Effendis erläutert sein Sekretär: "Der Größte Name ist der Name Bahá'u'lláhs. `Yá Baháu'l-Abhá ist eine Invokation und bedeutet: `O Du Herrlichkeit der Herrlichkeiten`. `Alláh-u-Abhá` ist ein Gruß, der bedeutet: `Gott der Allherrliche`. Beides bezieht sich auf Baha'u'lláh. Mit dem Größten Namen ist gemeint, daß Bahá'u'lláh im Größten Namen Gottes erschienen ist, mit anderen Worten, daß Er die ranghöchste Manifestation Gottes ist."

Der Gruß "Alláh-u-Abhá" wurde während der Verbannung Baháu'lláhs nach Adrianopel eingeführt. Dem fünfundneunzigmaligen Sprechen der Formel "Alláh-u-Abhá " haben die Waschungen vorauszugehen (siehe Erläuterungen 34).

34

"Verrichtet ... die Waschungen für das Pflichtgebet" (¶18)

Waschungen sind Bestandteil bestimmter Gebete. Sie müssen der Verrichtung der drei Pflichtgebete, dem täglichen fünfundheunzigmaligen Sprechen der Formel "Alláh-u-Abhá" und der Rezitation des Verses, welcher der Frau in ihrer Monatsregel anstelle des Pflichtgebets und des Fastens vorgeschrieben ist, vorangehen (siehe Erläuterungen 20).

Die vorgeschriebenen Waschungen bestehen aus dem Waschen der Hände und des Gesichts zur Vorbereitung des Gebets. Beim mittleren Pflichtgebet ist dies von der Rezitation bestimmter Verse begleitet (siehe `Von Bahá'u'lláh ergänzend zum Kitáb-i-Aqdas offenbarte Texte`). Daß Waschungen eine Bedeutung haben, die über die Reinigung hinausgehen, läßt sich daraus ersehen, daß sie auch dann zu verrichten sind, wenn man unmittelbar vor dem Pflichtgebet gebadet hat (Fragen und Antworten 18).

Ist kein Wasser für die Waschungen vorhanden, so hat man fünfmal einen vorgeschriebenen Vers zu sagen (siehe Erläuterungen 16); dies gilt auch für diejenigen, für die der Gebrauch von Wasser schädlich ist (Fragen und Antworten 51). Im einzelnen sind die Bestimmungen des Gesetzes über Waschungen in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.A.,10.a.-g., aufgeführt, ebenso in Fragen und Antworten 51, Fragen und Antworten 62, Fragen und Antworten 66, Fragen und Antworten 77 und Fragen und Antworten 86.

35

"Mord und Totschlag ... sind euch verboten." (¶19)

Das Verbot, einem anderen das Leben zu nehmen, wiederholt Bahá'u'lláh in Vers 62 des Kitáb-i-Aqdas, wo Er auch die Strafen für die vorsätzliche Tötung verordnet (siehe Erläuterungen 86), und in Vers 73. Bei fahrlässiger Tötung ist ein Sühnegeld an die Familie des Verstorbenen zu zahlen (siehe Kitáb-i-Aqdas 188).

36

"der uneheliche Beischlaf" (¶19)

Das arabische "ziná" (im englischen Text mit `adultery` übersetzt) bedeutet den unehelichen Beischlaf, insbesondere auch den Ehebruch. Es bezeichnet also nicht nur geschlechtliche Beziehungen zwischen einer verheirateten Person und jemandem, der nicht ihr Ehepartner ist, sondern ganz allgemein den außerehelichen Geschlechtsverkehr. Eine Form von "ziná" ist die Vergewaltigung. Die einzige von Bahá'u'lláh vorgesehene Strafe betrifft den Beischlaf zwischen Unvermählten (siehe Erläuterungen 77); die Festsetzung von Strafen für andere geschlechtliche Vergehen liegt in der Kompetenz des Universalen Hauses der Gerechtigkeit.

37

"üble Nachrede und Verleumdung" (¶19)

Die üble Nachrede, die Verleumdung und das Verweilen bei den Fehlern anderer hat Bahá'u'lláh mehrfach verurteilt. In den Verborgenen Worten sagt Er unmißverständlich: "0 Sohn des Seins! Wie konntest du deine eigenen Fehler vergessen und dich mit den Fehlern der anderen befassen? Wer dies tut, ist von Mir verworfen", und: "O Sohn des Menschen! Sprich nicht über die Sünden anderer, solange du selbst ein Sünder bist. So du dieses Gebot übertrittst, bist du verworfen - dies bezeuge Ich dir." Diese strenge Ermahnung wiederholt Er in Seinem letzten Werk, Seinem Buch des Bundes: "Wahrlich, Ich sage: Die Zunge ist dazu da, vom Guten zu sprechen; befleckt sie nicht mit übler Rede. Gott hat vergeben, was vergangen ist. Von nun an sage jeder, was sich schickt, und enthalte sich der üblen Nachrede, der Schmähung und all dessen, was andere Menschen betrübt."

38

"Wir haben die Erbschaft in sieben Kategorien eingeteilt" (¶20)

Das Bahá'í-Erbrecht gilt nur im Intestatsfalle, wenn also jemand stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen. Im Kitáb-i-Aqdas (109) weist Bahá'u'lláh den Gläubigen an, ein Testament zu machen. An anderer Stelle betont Er, daß der Gläubige die volle Verfügungsgewalt über sein Vermögen hat, daß er frei ist, in seinem Testament zu verfügen, wie sein Vermögen verteilt werden soll, und seine Erben, Bahá'í oder Nicht-Bahá'í, zu bestimmen (Fragen und Antworten 69). In diesem Zusammenhang sagt Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief:

"Wenn der Bahá'í in seinem Testament auch frei über sein Vermögen verfügen kann, so ist er moralisch durch sein Gewissen verpflichtet, bei der Abfassung des Testaments stets des Prinzips Bahá'u'lláhs eingedenk zu sein, wonach Reichtum sozialpflichtig ist und zu hohe Vermögenskonzentrationen in den Händen einzelner oder kleiner Gruppen zu vermeiden sind."

Der angeführte Aqdas-Vers leitet einen längeren Abschnitt ein, in dem Bahá'u'lláh das Bahá'í-Erbrecht verfügt. Dabei sollte man sehen, daß das Gesetz davon ausgeht, daß der Verstorbene ein Mann ist, doch daß mutatis mutandis die Bestimmungen auch anwendbar sind, wenn eine Frau verstorben ist.

Das Erbsystem, das die Verteilung des Erbguts auf sieben Erbkategorien (Kinder, Ehegatte, Vater, Mutter, Brüder, Schwestern und Lehrer) vorsieht, geht auf Bestimmungen des Báb im Bayán zurück. Die Grundzüge des Bahá'í-Erbrechts im Intestatsfall sind:

Ist der Verstorbene der Vater und enthält sein Vermögen ein Wohnhaus, so fällt dieses an den ältesten Sohn (Fragen und Antworten 34).

2. Hat der Verstorbene keine männlichen Nachkommen, so fallen zwei Drittel des Wohnhauses an die weiblichen Nachkommen, das verbleibende Drittel an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 41, Fragen und Antworten 72). Zu den verschiedenen Ebenen der Institution des Hauses der Gerechtigkeit, auf die sich dieses Gesetz bezieht, vgl. Erläuterungen 42; siehe auch Erläuterungen 44. 3. Das restliche Vermögen wird unter den sieben Erbkategorien verteilt. Zu den Einzelheiten der auf jede Gruppe entfallenden Anteile siehe `Fragen und Antworten` Nr. 5, und `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.C.3.a.

4. Gibt es in einer Kategorie mehrere Erben, so ist deren Anteil auf Männer wie Frauen gleichmäßig zu verteilen.

5. Sind keine Nachkommen vorhanden, so fällt der Anteil der Kinder an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 7, Fragen und Antworten 41).

6. Hinterläßt der Verstorbene Nachkommen, fehlen aber die anderen Erbkategorien ganz oder teilweise, so fallen von deren Anteil zwei Drittel an die Nachkommen und ein Drittel an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 7).

7. Ist von den aufgeführten Erbkategorien niemand vorhanden, so fallen zwei Drittel des Vermögens an die Neffen und Nichten des Verstorbenen. Sind keine vorhanden, so fallen diese Anteile an die Tanten und Onkel; und, so solche nicht vorhanden sind, an deren Söhne und Töchter. In jedem Fall fällt das verbleibende Drittel an das Haus der Gerechtigkeit.

8. Hinterläßt der Verstorbene keinen der vorerwähnten Erben, so fällt der gesamte Nachlaß an das Haus der Gerechtigkeit.

9. Baha'u'lláh bestimmt, daß Personen, die nicht Bahá'í sind, ihre Bahá'í-Eltern oder -Verwandten nicht beerben (Fragen und Antworten 34). In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief weist Shoghi Effendi jedoch darauf hin, daß diese Einschränkung "nur für den Fall" gilt, "daß ein Bahá'í stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen, so daß sein Nachlaß gemäß den Bestimmungen des Aqdas aufzuteilen ist. Im übrigen kann ein Bahá'í über seinen Nachlaß frei verfügen ohne Rücksicht auf die Religionszugehörigkeit des Bedachten, sofern er ein Testament hinterläßt, in welchem er seinen Willen verfügt." Bahá'í haben demnach immer die Möglichkeit, für ihren Ehepartner, für Kinder und Verwandte, die keine Bahá'í sind, dadurch zu sorgen, daß sie ein Testament errichten.

Weitere Einzelheiten des Erbrechts sind in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.C.3.a.-o. zusammengefaßt.

39

"den Brüdern fünf Teile ... den Schwestern vier Teile" (¶20)

Die "Fragen und Antworten" vertiefen die Bestimmungen des Gesetzes hinsichtlich der Erbanteile der Brüder und Schwestern des Verstorbenen. Stammt der Bruder oder die Schwester vom selben Vater ab, so erhalten sie den vollen Anteil. Hat der Bruder oder die Schwester jedoch einen anderen Vater, so erben sie nur zwei Drittel des Anteils, während das letzte Drittel dem Haus der Gerechtigkeit zufällt (Fragen und Antworten 6). Hat der Verstorbene Brüder und Schwestern, so erben Halbbrüder und Halbschwestern mütterlicherseits nichts (Fragen und Antworten 53). Diese Halbbrüder und Halbschwestern erben natürlich aus dem Nachlaß ihres eigenen Vaters.

40

"den Lehrern" (¶20)

In einem Brief vergleicht Abdu'l-Bahá den Lehrer, der an der geistigen Erziehung des Kindes beteiligt ist, mit dem "geistigen Vater", der "das Kind mit dem ewigen Leben beschenkt". "Darum", erklärt Er, "werden nach dem Gesetz Gottes die Lehrer unter den Erben aufgeführt." Bahá'u'lláh nennt die Voraussetzungen, unter denen der Lehrer erbt, und die Höhe seines Erbteils (Fragen und Antworten 33).

41

"Als Wir das Klagen der noch ungeborenen Kinder vernahmen, verdoppelten Wir ihr Teil und verminderten die Teile der übrigen." (¶20)

Im Erbgesetz des Báb waren den Kindern des Verstorbenen neun Teile mit 540 Anteilen zuerkannt, weniger als ein Viertel des Nachlasses. Bahá'u'lláh verdoppelte ihren Erbteil auf 1080 Anteile und verminderte die der anderen sechs Erbkategorien entsprechend. Er umreißt den Sinn und Zweck dieses Verses und die Folgen für die Erbaufteilung (Fragen und Antworten 5).

42

"an das Haus der Gerechtigkeit" (¶21)

Wenn Bahá'u'lláh sich im Kitáb-i-Aqdas auf das "Haus der Gerechtigkeit" bezieht, unterscheidet Er nicht immer ausdrücklich zwischen dem Universalen und dem örtlichen Haus der Gerechtigkeit, die beide in diesem Buch eingesetzt werden. Meistens spricht Er einfach vom "Haus der Gerechtigkeit" und überläßt die Bestimmung der Ebene, auf die sich das jeweilige Gesetz bezieht, der späteren Klärung. Abdu'l-Bahá führt die Einkünfte des örtlichen Fiskus in einem Sendschreiben auf und nennt dabei Erbschaften, für die keine Erben da sind. Damit bringt Er zum Ausdruck, daß es sich bei den Aqdas-Textstellen über Erbschaften um das örtliche Haus der Gerechtigkeit handelt.

43

"Hinterläßt der Verstorbene Nachkommen, aber keine Erben der übrigen im Buch genannten Kategorien" (¶22)

Bahá'u'lláh stellt hierzu klar: "Diese Regelung gilt allgemein und im besonderen Fall, das heißt, wann immer eine dieser nachgeordneten Kategorien ausfällt, gehen zwei Drittel ihres Anteils an die Nachkommen, das restliche Drittel an das Haus der Gerechtigkeit." (Fragen und Antworten 7)

44

"Das Wohnhaus und die persönliche Kleidung des Verstorbenen weisen Wir der männlichen, nicht der weiblichen Nachkommenschaft zu, und nicht den anderen Erben." (¶25)

In einem Brief führt Abdu'l-Bahá aus, daß das Wohnhaus und die persönliche Kleidung eines Verstorbenen in der männlichen Linie verbleiben. Sie gehen auf den ältesten Sohn über, so er nicht mehr lebt, auf den zweitältesten Sohn und so weiter. Nach Abdu'l-Bahá ist diese Vorschrift Ausdruck des Erstgeburtsrechtes, das vom Gesetz Gottes unverändert beibehalten wird. In einem Brief an einen persischen Gläubigen schreibt Er: "In allen göttlichen Sendungen ist dem ältesten Sohn eine außerordentliche Auszeichnung zuteil geworden. Sogar die Stufe der Prophetenschaft war das Recht der Erstgeburt." Mit dieser Auszeichnung des ältesten Sohnes gehen indes auch entsprechende Pflichten einher. So ist er moralisch verantwortlich, Gott zuliebe für seine Mutter zu sorgen und sich um die Bedürfnisse der anderen Erben zu kümmern.

Baha'u'lláh klärt verschiedene Probleme, die sich in diesem Teil des Erbrechts ergeben: Sind mehrere Wohnhäuser vorhanden, so geht das Hauptwohnhaus an den männlichen Nachkommen. Die verbleibenden Wohnhäuser sind mit dem übrigen Vermögen des Verstorbenen unter den Erben aufzuteilen (Fragen und Antworten 34). Ist kein männlicher Nachkomme vorhanden, so gehen zwei Drittel des Hauptwohnhauses und die persönliche Kleidung an die weiblichen Nachkommen, ein Drittel an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 72). Ist eine Frau verstorben, so sind ihre gebrauchten Kleider gleichmäßig unter ihren Töchtern zu verteilen. Ihre ungetragenen Kleider, ihr Schmuck und sonstiges Eigentum ist unter den Erben aufzuteilen, desgleichen ihre gebrauchten Kleider, wenn sie keine Tochter hinterläßt (Fragen und Antworten 37).

45

"Ist der Sohn des Verstorbenen zu Lebzeiten des Vaters verschieden und hat er Kinder hinterlassen, so erben diese den Anteil ihres Vaters" (¶26)

Diese Rechtsbestimmung greift nur dann Platz, wenn der Sohn vor dem Vater oder der Mutter verstorben ist. Ist die Tochter des Verstorbenen bereits verschieden und hat sie Nachkommen hinterlassen, so ist ihr Erbteil unter den sieben im Heiligsten Buch genannten Erbkategorien aufzuteilen (Fragen und Antworten 54).

46

"Hinterläßt der Verstorbene minderährige Kinder, so ist deren Erbteil einer vertrauenswürdigen Person ... anzuvertrauen" (¶27)

Das Wort "amin", in diesem Absatz mit `vertrauenswürdige Person` und `Treuhänder` übersetzt, vermittelt im Arabischen eine große Bandbreite von Bedeutungen, die grundlegend mit der Idee der Vertrauenswürdigkeit verbunden sind, aber auch Tugenden wie Verläßlichkeit, Treue, Glaubwürdigkeit, Aufrichtigkeit, Ehrbarkeit und so weiter umfassen. In der Rechtssprache bezeichnet "amin" unter anderem einen Treuhänder, Bürgen, Vormund, Wächter und Aufseher.

47

"Das Vermögen ist erst dann aufzuteilen, wenn die Huququ'lláh bezahlt, die Schulden getilgt, die Bestattungskosten beglichen ... sind" (¶28)

Baháu'lláh legt hier die Rangfolge der Nachlaßverbindlichkeiten fest: als erstes sind die Kosten der Totenfeier und der Beerdigung zu begleichen, dann die Schulden des Verstorbenen, schließlich die Huqúqu'lláh (siehe Erläuterungen 125 und Fragen und Antworten 9). Er legt fest, daß die Zahlung zunächst aus dem restlichen Nachlaß und, so dieser nicht ausreicht, aus dem Wohnhaus und der Kleidung des Verstorbenen zu entrichten ist (Fragen und Antworten 80).

48

"Dies ist das verborgene Wissen, das sich niemals wandelt, da sein Anbeginn bei Neun ist" (¶29)

Im Arabischen Bayán beschreibt der Báb Sein Erbgesetz als "in Übereinstimmung mit einem verborgenen Wissen im Buche Gottes - ein Wissen, das sich niemals wandelt und an dessen Stelle kein anderes Wissen tritt". Er erklärt, daß die Zahlen für die Erbaufteilung eine Bedeutung haben, die es erleichtern soll, Ihn, den Gott offenbaren wird, zu erkennen.

Für die hier angeführte "Neun" steht im Arabischen der Buchstabe "Tá ", ihre Entsprechung nach dem Abjad-System (siehe Glossar). Die Neun ist das Grundelement in der Erbaufteilung des Báb, wobei Er "neun Teile" für die Kinder bestimmt. Die Bedeutung der Neun liegt in ihrer Eigenschaft als Zahlenwert des Größten Namens "Bahá", auf den der folgende Vers als "das Verborgene und Offenbare hinweist, auf den unverletzlichen, unerreichbar erhabenen Namen" (siehe auch Erläuterungen 33).

49

"Der Herr hat befohlen, daß in jeder Stadt ein Haus der Gerechtigkeit errichtet werde" (¶30)

Die Institution des Hauses der Gerechtigkeit besteht aus gewählten Räten, die auf der örtlichen, nationalen und internationalen Ebene tätig sind. Bahá'u'lláh verfügte im Kitáb-i-Aqdas sowohl das Universale Haus der Gerechtigkeit als auch die örtlichen Häuser der Gerechtigkeit. Abdu'l-Bahá bestimmte in Seinem Testament das nachgeordnete (nationale oder regionale) Haus der Gerechtigkeit und das Verfahren für die Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit.

Der angeführte Vers bezieht sich auf das örtliche Haus der Gerechtigkeit als eine Institution, die an allen Orten, wo mindestens neun volljährige Bahá'í wohnen, zu wählen ist. Das Alter der Volljährigkeit hat der Hüter für diesen Zweck vorläufig auf 21 Jahre festgelegt und bemerkt, daß es vom Universalen Haus der Gerechtigkeit in Zukunft anders geregelt werden könne.

Die örtlichen und nachgeordneten Häuser der Gerechtigkeit werden heute noch als örtliche und Nationale Geistige Räte bezeichnet. Shoghi Effendi nannte dies eine "vorläufige Bezeichnung", die "... in dem Maße, wie die Stellung und die Ziele des Bahá'í-Glaubens besser verstanden und umfassender erkannt werden, nach und nach durch die endgültige, passendere Bezeichnung `Häuser der Gerechtigkeit` ersetzt wird. Die heutigen Geistigen Räte werden in Zukunft nicht nur anders benannt werden, sie werden auch über ihre heutigen Aufgaben hinaus über diejenigen Gewalten, Pflichten und Hoheitsrechte verfügen, welche sich aus der Anerkennung des Glaubens Bahá'u'lláhs als eines der anerkannten religiösen Systeme der Welt und als die Staatsreligion einer unabhängigen, souveränen Macht ergeben."

50

"nach der Zahl Bahá" (¶30)

Der Abjad-Zahlenwert von "Bahá" ist neun. Das Universale Haus der Gerechtigkeit sowie die nationalen und örtlichen Geistigen Räte haben heute jeweils neun Mitglieder, die von Bahá'u'lláh vorgeschriebene Mindestzahl.

51

"Sie sollen die Treuhänder des Allbarmherzigen unter den Menschen sein" (¶30)

Die allgemeinen Gewalten und Funktionen des Universalen Hauses der Gerechtigkeit und der nationalen und örtlichen Geistigen Räte sowie die Anforderungen, die an die Mitgliedschaft in diesen Gremien gestellt werden, sind im Schrifttum Bahá'u'lláhs und Abdu'l-Bahás, in den Briefen Shoghi Effendis und den Erläuterungen des Universalen Hauses der Gerechtigkeit dargestellt. Die wesentlichen Funktionen und Aufgaben dieser Institutionen ergeben sich aus der Verfassung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit und aus den Satzungen der nationalen und örtlichen Geistigen Räte.

52

"miteinander beraten" (¶30)

Die Beratung hat Bahá'u'lláh zu einem fundamentalen Grundsatz Seines Glaubens gemacht und die Gläubigen ermahnt: "Haltet Rat miteinander in allen Angelegenheiten." Er nennt die Beratung "die Lampe der Führung, die den Weg weist", und "die Quelle des Verstehens". Nach Shoghi Effendi ist "das Prinzip der Beratung eines der grundlegenden Gesetze" der Gemeindeordnung der Bahá'í.

In `Fragen und Antworten` 99 entwirft Bahá'u'lláh eine Methode der Beratung und betont dabei die Wichtigkeit, zu einem einstimmigen Beschluß zu kommen. Die Mehrheitsentscheidung gilt, wenn Einstimmigkeit nicht zu erzielen ist. Wie das Universale Haus der Gerechtigkeit klarstellt, wurde diese Anleitung zum Thema Beratung offenbart, bevor es Geistige Räte gab, und zwar als Antwort auf eine Anfrage zur Bahá'í-Lehre über die Beratung. Das Haus der Gerechtigkeit betont, daß die Freunde sich jederzeit hilfesuchend an die Geistigen Räte wenden können, daß deren Existenz sie jedoch keineswegs daran hindere, das in den `Fragen und Antworten` dargestellte Verfahren anzuwenden, wie etwa bei Beratungen persönlicher Probleme, wenn die Freunde dies wünschen.

53

"Bauet Andachtshäuser in allen Landen" (¶31)

Das Andachtshaus der Bahá'í ist dem Lobpreis Gottes geweiht. Es bildet das Zentralgebäude des Mashriqu'l-Adhkárs (`Aufgangsort des Lobpreises Gottes`), eines Gebäudekomplexes, der im Laufe der künftigen Entfaltung außer dem Haus der Andacht eine Reihe von Baulichkeiten für soziale, humanitäre, erzieherische und wissenschaftliche Zwecke umfassen wird. Abdu'l-Bahá beschreibt den Mashriqu'l-Adhkár als "eine der wichtigsten Institutionen der Welt", und Shoghi Effendi erläutert, er sei der greifbare Ausdruck einer Verbindung von "Bahá'í-Andacht und -Dienstbarkeit". Im Blick auf die künftige Entwicklung dieser Institution sagt Shoghi Effendi, daß das Andachtshaus und seine Nebengebäude "den Leidenden Linderung, den Armen Unterhalt, den Reisenden Zuflucht, den Hinterbliebenen Trost und den Unwissenden Erziehung gewähren sollen". In der Zukunft werden diese Andachtshäuser in jeder Stadt und jedem Dorf errichtet werden.

54

"Der Herr hat geboten, daß wer dazu fähig ist, die Pilgerfahrt zum heiligen Hause unternimmt." (¶32)

Dieses Gebot umfaßt zwei heilige Häuser: das Haus des Báb in Shíráz und das Haus Baháu'llahs in Baghdád. Wie Bahá'u'lláh erläutert, erfüllt die Pilgerfahrt zu einem der beiden Häuser das Erfordernis dieses Verses (Fragen und Antworten 25, Fragen und Antworten 29). In zwei besonderen Tafeln, bekannt als die "Súriy-i-Hajj" (Fragen und Antworten 10) schreibt Baháu'lláh für jede dieser Pilgerfahrten besondere Riten vor. Eine Pilgerfahrt ist also mehr als der bloße Besuch dieser Häuser.

Nach Baháu'lláhs Hinscheiden bestimmte Abdu'l-Bahá den Schrein Baháu'lláhs in Bahjí als Pilgerziel. In einem Brief weist Er darauf hin, daß "der Heiligste Schrein, das gesegnete Haus in Baghdád und das ehrwürdige Haus in Shíráz", der "Pilgerfahrt geweiht" seien und daß man "verpflichtet" sei, diese Orte zu besuchen, "sofern man es sich leisten kann und dazu in der Lage ist und sonst kein Hindernis besteht". Für die Pilgerfahrt zum Heiligsten Schrein sind keine Riten vorgeschrieben.

55

"Davon hat Er, als Ausdruck Seiner Gnade, die Frau befreit" (¶32)

Im Bayán befiehlt der Báb den Gläubigen, die es sich finanziell leisten können, einmal in ihrem Leben die Pilgerfahrt zu unternehmen. Er erklärt, daß diese Pflicht für die Frau nicht bindend sei, um ihr die Strapazen der Reise zu ersparen. Auch Bahá'u'lláh nimmt die Frau von Seinem Gebot der Pilgerfahrt aus. Wie das Universale Haus der Gerechtigkeit klarstellt, bedeutet diese Ausnahme kein Verbot; Frauen steht es frei, auf Pilgerfahrt zu gehen.

56

"einer Arbeit nachzugehen" (¶33)

Mann und Frau haben die Pflicht, sich in einem Gewerbe oder Beruf zu betätigen. Bahá'u'lláh erhebt die "Arbeit in den Rang der Anbetung ... Gottes". In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärt Shoghi Effendi die geistige und praktische Bedeutung dieses Gesetzes sowie die gegenseitige Verantwortung des einzelnen und der Gesellschaft für seine Umsetzung:

"Was Bahá'u'lláhs Gebot anbelangt, wonach die Gläubigen einem Beruf nachgehen sollen, so ist die Lehre in dieser Beziehung ganz eindeutig. Besonders die Aussage im Aqdas bringt klar zum Ausdruck, daß für träge Menschen, die nicht arbeiten wollen, in der neuen Weltordnung kein Platz ist. Die logische Konsequenz dieses Prinzips ist Bahá'u'lláhs Forderung, die Bettelei nicht nur zu erschweren, sondern sie völlig aus der Gesellschaft zu verbannen. Es ist die Pflicht der politisch Verantwortlichen, jedem eine Ausbildung und berufliche Nutzung seiner Fähigkeiten zu ermöglichen - aus Prinzip, aber auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Jeder, auch wenn er beschränkt oder behindert ist, hat die Pflicht, einer Arbeit oder einem Beruf nachzugehen, denn Arbeit, besonders wenn sie im Geiste des Dienstes getan wird, ist nach Baháu'lláh eine Form der Anbetung Gottes. Der Zweck der Arbeit ist nicht nur utilitaristisch, sie hat einen Wert an sich, weil sie uns Gott näherbringt und uns besser erkennen läßt, was Er mit uns in dieser Welt vorhat. Es liegt darum auf der Hand, daß auch ererbter Reichtum nicht von der täglichen Arbeit entbinden kann."

In einem Brief sagt Abdu'l-Bahá: "So jemand nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wenn er in Armut geraten oder hilflos ist, obliegt es den Reichen und den Bevollmächtigten, ihm monatliche Unterhaltsleistungen zu gewähren ... Mit Bevollmächtigten sind die Repräsentanten des Volkes gemeint, das heißt die Mitglieder des Hauses der Gerechtigkeit" (siehe auch Erläuterungen 162 zur Bettelei).

Auf die Frage, ob Baháu'lláhs Gebot von einer Frau und Mutter verlange, daß sie ebenso wie ihr Ehemann durch Berufsarbeit zum Familienunterhalt beiträgt, erläuterte das Universale Haus der Gerechtigkeit, Baháu'lláhs Weisung verpflichte die Gläubigen, einer Arbeit nachzugehen, die ihnen selbst und anderen nützt. Die Führung des Haushalts sei eine höchst ehrbare, verantwortungsvolle Arbeit von hohem gesellschaftlichen Wert.

Zum Altersruhestand führt Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief aus, dies sei eine Frage, die "der Gesetzgebung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit unterliegt, da es hierzu keine Regelung im Aqdas gibt".

57

"Der Handkuß wurde im Buche verboten." (¶34)

In einigen Religionen und in manchen Kulturen wurde das Küssen der Hände bei Personen des religiösen Lebens oder Prominenten als Zeichen der Ehrfurcht, der Hochachtung und der Unterwerfung unter ihre Amtsgewalt erwartet. Baháu'lláh verbietet den Handkuß. In Seinen Tafeln verurteilt Er auch die Prostration vor anderen und sonstige Verhaltensformen, die den Menschen vor einem anderen erniedrigen (siehe Erläuterungen 58).

58

"Niemand soll einen anderen um Vergebung der Sünden bitten" (¶34)

Baháu'lláh verbietet dem Gläubigen, seine Sünden vor einem anderen zu beichten und dafür um Absolution zu bitten. Statt dessen soll er Gott um Vergebung bitten. In der Tafel `Bisharát` sagt Er: "Ein solches Sündenbekenntnis vor anderen führt zur Demütigung und Erniedrigung", und Gott "möchte nicht, daß Seine Diener gedemütigt werden".

Shoghi Effendi stellt dieses Verbot in einen größeren Zusammenhang. Sein Sekretär schrieb in seinem Auftrag: "Es ist uns verboten, unsere Sünden und Mängel einem anderen zu beichten - vor einem Priester wie bei den Katholiken oder, wie bei einigen Sekten, in der Öffentlichkeit. Haben wir jedoch den spontanen Wunsch, zu bekennen, etwas falsch gemacht oder einen Charaktermangel zu haben, und wollen wir deshalb einen anderen um Vergebung und Verzeihung bitten, so steht uns dies frei." Auch das Universale Haus der Gerechtigkeit bestätigt, daß Bahá'u'lláhs Verbot der Beichte niemanden daran hindert, bei Beratungen unter der Führung einer Bahá'í-Institution ein Fehlverhalten einzuräumen. Auch schließt dieses Verbot die Möglichkeit nicht aus, in solchen Fällen einen guten Freund oder einen professionellen Berater um Rat anzugehen.

59

"Manch einer setzt sich an der Tür zwischen die Sandalen, während es ihn im Herzen nach dem Ehrensitz gelüstet" (¶36)

Im Osten ist es Brauch, Sandalen und Schuhe auszuziehen, bevor man eine Versammlung betritt. Der vom Eingang am weitesten entfernte Bereich gilt als "oben" im Raum und als Ehrenplatz, wo die angesehensten Versammlungsteilnehmer sitzen. Die anderen sitzen in absteigender Ordnung bis zur Türe, wo die Schuhe und Sandalen stehen und die Rangniedrigsten sitzen.

60

"Und manch einer erhebt den Anspruch auf inneres Wissen" (¶36)

Dies bezieht sich auf solche, die behaupten, sie hätten Zugang zu esoterischem Wissen, die aber durch die Bindung an solches Wissen wie durch einen Schleier von der Offenbarung der Manifestation Gottes ausgeschlossen sind. An anderer Stelle sagt Bahá'u'lláh: "Wer den Götzen anbetet, den seine Einbildung schuf und ihn die innere Wirklichkeit nennt, der zählt in Wahrheit zu den Heiden."

61

"Wie viele haben sich in den Landstrichen Indiens abgesondert, allem entsagt, was Gott erlaubt, sich Härten und Kasteiungen auferlegt" (¶36)

Diese Verse bedeuten das Verbot des Mönchtums und der übertriebenen Askese (siehe `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.D.1.y.111.-IV.). In den `Worten des Paradieses` führt Bahá'u'lláh zu diesen Anordnungen weiter aus: "Einsiedelei und harte Askese sind in Gottes Gegenwart nicht annehmbar." Er ruft die Betroffenen auf zur "Beachtung dessen, was Frohmut und Freude bewirkt", und fordert jene, die "in Bergeshöhlen" hausen oder "sich des Nachts auf Friedhöfe zurückziehen", zur Aufgabe solcher Praktiken auf. Sie sollen sich nicht selbst der "Wohltaten" berauben, die Gott für den Menschen geschaffen hat. In der Tafel `Bishárát` anerkennt Bahá'u'lláh zwar die "frommen Werke" der Mönche und Priester, ruft sie aber auf, "ihr abgeschiedenes Leben aufzugeben, ihre Schritte in die offene Welt zu lenken und sich dem zuzuwenden, was ihnen selbst und anderen nützt". Er gestattet ihnen, "in den Ehestand zu treten, auf daß sie einen Nachkommen hervorbringen, der Gottes gedenkt".

62

"Wer vor Ablauf eines vollen Jahrtausends den Anspruch auf eine unmittelbare Gottesoffenbarung erhebt" (¶37)

Bahá'u'lláhs Sendung wird bis zur nächsten Manifestation Gottes dauern, die aber nicht vor Ablauf von wenigstens "tausend Jahren" erscheinen wird. Bahá'u'lláh warnt davor, "diesen Vers" anders als nach seiner "offensichtlichen Bedeutung" auszulegen. In einer Tafel stellt Er klar, daß jedes dieser tausend Jahre aus "zwölf Monaten nach dem Qur'án und aus neunzehn Monaten zu je neunzehn Tagen nach dem Bayán" besteht.

Die Bahá'u'lláh im Oktober 1852 im Síyáh-Chál zuteil gewordene Offenbarung kennzeichnet die Geburt Seiner prophetischen Sendung und damit den Beginn des Zeitraums von mindestens tausend Jahren, der dem Erscheinen der nächsten Manifestation Gottes vorausgehen wird.

63

"Dies ist, wovor Wir euch warnten, als Wir im Iráq weilten, und später im Lande des Geheimnisses, und jetzt von diesem strahlenden Orte." (¶37)

Das `Land des Geheimnisses` bezeichnet Adrianopel, `dieser strahlende Ort` ,Akká.

64

"Manch einen unter den Menschen hat seine Gelehrsamkeit hochmütig gemacht ... Wenn er hinter sich den Schritt von Sandalen hört, wächst er in seinem Eigendünkel größer als Nimrod." (¶41)

Im Osten ist es Brauch, daß die Gläubigen aus Ehrerbietung ihrem Geistlichen in einem Abstand von einigen Schritten folgen.

65

"Nimrod" (¶41)

Nimrod, auf den dieser Vers sich bezieht, ist in der jüdischen wie der islamischen Überlieferung ein König, der Abraham verfolgte und dessen Name zum Sinnbild für Hochmut wurde.

66

"Aghsán" (¶42)

Aghsán (Mehrzahl von Ghusn) ist das arabische Wort für `Zweige`. Diesen Begriff verwendet Bahá'u'lláh zur Bezeichnung Seiner männlichen Nachkommen. Er hat besondere Bedeutung für die Verfügung über Stiftungen wie auch für die Nachfolge in der Amtsgewalt nach dem Hinscheiden Bahá'u'lláhs (siehe Erläuterungen 145) und Abdu'l-Bahás. Bahá'u'lláh ernannte im Buch Seines Bundes Seinen ältesten Sohn Abdu'l-Bahá zum "Mittelpunkt des Bundes" und zum Oberhaupt des Glaubens. Abdu'l-Bahá ernannte in Seinem Testament Seinen ältesten Enkel, Shoghi Effendi, zum Hüter und Oberhaupt des Glaubens.

Diese Stelle im Aqdas nimmt somit die Nachfolge ernannter Aghsán und damit die Institution des Hütertums vorweg. Sie sieht zugleich voraus, daß es zu einer Unterbrechung ihrer Linie kommen kann. Mit dem Hinscheiden Shoghi Effendis trat 1957 die Situation ein, für die diese Textstelle Vorkehrungen traf: die Linie der Aghsán endete, bevor das Universale Haus der Gerechtigkeit errichtet war (siehe Erläuterungen 67).

67

"fallen die Stiftungen an das Volk Bahás" (¶42)

Bahá'u'lláh trifft Vorkehrungen fur die Möglichkeit, daß die Linie der Aghsán endet, bevor das Universale Haus der Gerechtigkeit errichtet ist. Er bestimmt, daß in einer solchen Situation "die Stiftungen an das Volk Bahás fallen". Den Ausdruck "Volk Bahás" verwendet die Schrift in mehrerlei Bedeutung. Hier ist dieses Volk beschrieben als jenes, "das nicht spricht, außer mit Seiner Erlaubnis und nicht urteilt, außer im Einklang mit dem, was Gott auf dieser Tafel geboten hat". Nach dem Hinscheiden Shoghi Effendis 1957 leiteten die "Hände der Sache Gottes" die Geschicke des Glaubens bis zur Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit im Jahr 1963 (siehe Erläuterungen 183).

68

"Rasiert euch nicht das Haupt." (¶44)

In manchen religiösen Überlieferungen ist es erwünscht, daß die Gläubigen sich das Haupt kahlschneiden. Bahá'u'llah verbietet dies und stellt klar, daß die Bestimmung Seiner "Súriy-i-Hajj", wonach die Pilger zum heiligen Haus in Shíráz sich kahlscheren sollten, durch diesen Vers des Kitáb-i-Aqdas aufgehoben ist (Fragen und Antworten 10)

69

"Das Haar darf ... nicht über das Ohrläppchen reichen." (¶44)

Shoghi Effendi stellt klar, daß - im Unterschied zum Verbot der Kahlschur des Kopfes - dieses Gesetz, welches den Haarwuchs über das Ohrläppchen hinaus verbietet, nur für den Mann gilt. Die Anwendung dieses Gesetzes wird eine Klarstellung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit erfordern.

70

"Verbannung und Gefängnis sind verfügt für den Dieb" (¶45)

Bahá'u'llah sagt, daß es dem Haus der Gerechtigkeit überlassen ist, den Strafrahmen entsprechend der Schwere der Rechtsverletzung festzulegen (Fragen und Antworten 49). Die Strafen für Diebstahl sind für einen künftigen Zustand der Gesellschaft vorgesehen. Sie werden dann vom Universalen Haus der Gerechtigkeit ergänzt und eingeführt werden.

71

"nach der dritten Tat bringt ihm ein Mal auf seiner Stirn an, damit er, so gezeichnet, in den Städten Gottes und in Seinen Ländern keine Aufnahme finde" (¶45)

Die Markierung auf der Stirn des Diebes soll die Menschen vor seinen Neigungen warnen. Alle Einzelheiten - die Art der Markierung, wie sie anzubringen und wie lange sie zu tragen ist, unter welchen Bedingungen sie wieder beseitigt werden kann, aber auch die Festlegung, wie schwerwiegend die verschiedenen Begehungsarten des Diebstahls sind - hat Baháu'lláh dem Universalen Haus der Gerechtigkeit zur Regelung überlassen, wenn das Gesetz eingeführt wird.

72

"Wer von Geschirr aus Silber und Gold zu speisen wünscht, ist frei, dies zu tun." (¶46)

Im Bayán erlaubt der Báb den Gebrauch von Gegenständen aus Gold und Silber. Er hebt damit die islamische Mißbilligung ihres Gebrauchs auf, die nicht auf einem ausdrücklichen Verbot des Qur'án, sondern auf muslimischen Traditionen beruht. Bahá'u'lláh bestätigt hier die Verfügung des Báb.

73

"Taucht beim Essen eure Finger nicht in Schalen und Schüsseln." (¶46)

Dieses Verbot erläuterte Shoghi Effendi als "die Hand ins Essen einzutauchen". In vielen Teilen der Welt ist es üblich, mit den Fingern aus einer gemeinsamen Schüssel zu essen.

74

"Nehmt solche Sitten an, die im höchsten Maße der Feinheit entsprechen." (¶46)

Hier handelt es sich um die erste von mehreren Textstellen zur Bedeutung von Kultiviertheit, Feinheit und Reinlichkeit. Das arabische "latáfah", das hier mit "Feinheit" wiedergegeben wird, hat ein breites Spektrum von geistigen und materiellen Bedeutungen, zum Beispiel Eleganz, Anmut, Sauberkeit, Artigkeit, Höflichkeit, Freundlichkeit, Zartgefühl, Liebreiz, oder auch feinsinnig, kultiviert, geheiligt und rein. Je nach dem Kontext des Kitáb-i-Aqdas wurde der Begriff mit `Feinheit` oder `Sauberkeit` übersetzt.

75

"Er, der Aufgangsort der Sache Gottes, hat keinen Teilhaber an der Größten Unfehlbarkeit." (¶47)

In der Tafel `Ishráqát` erklärt Bahá'u'lláh, daß die "Größte Unfehlbarkeit" nur der Manifestation Gottes eigen ist. In Kapitel 45 der Beantworteten Fragen erläutert Abdu'l-Bahá diesen Aqdas-Vers. Dabei betont Er unter anderem, daß "wesenhafte Unfehlbarkeit" nur den Manifestationen Gottes inhärent ist: "Was immer von ihnen ausgeht, ist die reine Wahrheit und stimmt mit der Wirklichkeit überein. Sie stehen nicht unter dem Schatten des früheren Gesetzes. Was immer sie sagen, ist Gottes Wort, was immer sie tun, ist wohlgetan."

76

"Die Väter sollen ihre Söhne und Töchter in der Kunst des Lesens und Schreibens unterweisen" (¶48)

Abdu'l-Bahá führt in Seinen Briefen den Eltern nicht nur ihre Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder vor Augen; Er macht auch klar, daß die "Ausbildung und Erziehung der Töchter dringlicher ist als die der Söhne", denn Mädchen werden eines Tages Mütter sein, und die Mütter sind die ersten, die die nächste Generation erziehen. Aus diesem Grunde haben, wenn eine Familie außerstande ist, allen Kindern eine Ausbildung angedeihen zu lassen, die Töchter das Vorrecht, können doch durch gebildete Mütter die Segnungen des Wissens am wirksamsten und raschesten in der ganzen Gesellschaft verbreitet werden.

77

"Gott unterwirft den, der außerhalb der Ehe den Beischlaf vollzieht - Mann oder Frau - einer Geldstrafe, die an das Haus der Gerechtigkeit zu entrichten ist" (¶49)

Obwohl der mit "unehelicher Beischlaf" übersetzte Begriff auch den Ehebruch einschließt (siehe Erläuterungen 36 für die Begriffsbestimmung), hat Abdu'l-Bahá ausgeführt, die oben vorgesehene Strafe gelte nur für den Beischlaf zwischen Unvermählten, während die Festlegung der Strafe für den Ehebruch dem Universalen Haus der Gerechtigkeit überlassen bleibe (siehe auch Fragen und Antworten 49). In einem Brief weist Abdu'l-Bahá auf einige der geistigen und gesellschaftlichen Folgen des Verstoßes gegen die Gesetze der Sittlichkeit hin. Zu der hier erörterten Strafe sagt Er, der Sinn dieses Gesetzes sei es, allen klar zu machen, wie schändlich eine solche Tat in den Augen Gottes ist. Kann die Tat nachgewiesen werden und wird eine Strafe verhängt, so ist ihr Hauptzweck die Bloßstellung der Beteiligten, ihre Schmach und Schande vor der Gesellschaft. Abdu'l-Bahá bekräftigt, daß in dieser Bloßstellung die Schwere der Strafe liege. Das in diesem Vers genannte Haus der Gerechtigkeit ist wohl das örtliche, heutzutage als örtlicher Geistiger Rat bekannt.

78

"neun Mithqál Gold, und im Wiederholungsfalle das Doppelte" (¶49)

Der Mithqál ist eine Gewichtseinheit, wobei das herkömmliche, im Mittleren Osten gebräuchliche Mithqál 24 Nakhud entspricht. Das von den Bahá'í verwendete Mithqál besteht jedoch aus 19 Nakhud "entsprechend der Festlegung des Bayán" (Fragen und Antworten 23). Das Gewicht von neun Mithqál entspricht 32,775 Gramm oder 1,05374 Feinunzen.

Zur Anwendung dieser Geldstrafe führt Bahá'u'lláh im einzelnen aus, daß jede folgende Strafe doppelt so hoch ist wie die vorhergehende (Fragen und Antworten 23). Somit steigt die Geldstrafe in geometrischer Progression. Die Verhängung dieser Strafe ist für eine künftige Gesellschaft vorgesehen; erst dann wird das Gesetz vom Universalen Haus der Gerechtigkeit spezifiziert und eingeführt werden.

79

"Wir haben euch Musik und Gesang erlaubt" (¶51)

Abdu'l-Bahá schreibt: "Musik wurde bei einigen Völkern des Ostens als verwerflich angesehen." Wiewohl der Qur'án keine besondere Vorschrift hierzu enthält, hält es ein Teil der Muslime für verboten, Musik zu hören, während der andere dies innerhalb gewisser Grenzen und unter besonderen Bedingungen duldet. In der Schrift wird die Musik vielfach gepriesen. So sagt Abdu'l-Bahá: "Musik, gesungen oder gespielt, ist geistige Nahrung für Herz und Seele."

80

"O ihr Männer der Gerechtigkeit!" (¶52)

Wie Abdu'l-Bahá und Shoghi Effendi in ihren Schriften erläuterten, ist die Mitgliedschaft im Universalen Haus der Gerechtigkeit den Männern vorbehalten, doch sind in die nachgeordneten und die örtlichen Häuser der Gerechtigkeit (derzeit als nationale und örtliche Geistige Räte bezeichnet) Frauen ebenso wählbar wie Männer.

81

"So jemand einen anderen schlägt oder verwundet, hängt die Strafe von der Schwere der Körperverletzung ab. Für jeden Grad der Verletzung hat der Herr des Gerichts eine bestimmte Entschädigung vorgeschrieben." (¶56)

Bahá'u'lláh legt fest, daß das Strafmaß "von der Schwere der Körperverletzung" abhängt, doch gibt es keine Unterlagen, in denen Er im einzelnen die Höhe der Entschädigung entsprechend dem jeweiligen Ausmaß der Rechtsverletzung bestimmt hätte. Somit liegt es in der Kompetenz des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, die Details zu bestimmen.

82

"Wahrlich, es ist euch geboten, jeden Monat ein Mahl zu geben" (¶57)

Dieses Gebot ist die Grundlage des allmonatlichen Bahá'í-Festes und stiftet damit das Neunzehntagefest. Im Arabischen Bayán fordert der Báb die Gläubigen auf, alle neunzehn Tage zusammenzukommen, um einander Gastlichkeit und Freundschaft zu erweisen. Bahá'u'lláh bestätigt dies und betont die einheitsstiftende Wirkung solcher Veranstaltungen.

Abdu'l-Bahá und nach Ihm Shoghi Effendi haben die institutionelle Bedeutung dieses Gebotes nach und nach dargelegt. Abdu'l-Bahá betonte den spirituellen und erbaulichen Charakter dieser Versammlungen, Shoghi Effendi entwickelte die Aspekte von Andacht und Geselligkeit weiter und ergänzte sie um das administrative Element. Er führte das Neunzehntagefest systematisch ein und sorgte dafür, daß auch ein Zeitraum der Beratung über Gemeindefragen, der Information und der Übermittlung von Botschaften gewidmet ist.

Die Frage, ob dieses Gebot bindend sei, verneinte Bahá'u'lláh (Fragen und Antworten 48). In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief führt Shoghi Effendi dies weiter aus: "Die Anwesenheit beim Neunzehntagefest ist nicht verbindlich, aber sehr wichtig, und jeder Gläubige sollte es als eine Pflicht und ein Vorrecht ansehen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen."

83

"Jagt ihr mit Raubtieren oder Greifvögeln, so rufet den Namen Gottes an, wenn ihr sie auf die Beute ansetzt; dann dürft ihr verzehren, was sie fangen, selbst wenn ihr feststellt, daß die Beute tot ist." (¶60)

Mit diesem Gesetz vereinfacht Bahá'u'lláh die früheren Bräuche und religiösen Gebote zur Jagd erheblich. Er erklärt, daß das Jagen mit Waffen wie Pfeil und Bogen, Gewehren und dergleichen in diese Regelung einbezogen, daß aber der Verzehr von Wild, das tot in einer Falle oder einem Netz geborgen wird, verboten ist (Fragen und Antworten 24).

84

"Doch jaget nicht im Übermaß." (¶60)

Bahá'u'lláh verbietet die Jagd nicht, warnt aber vor ihrem Exzeß. Zu gegebener Zeit wird das Universale Haus der Gerechtigkeit zu bestimmen haben, was bei der Jagd ein Übermaß ist.

85

"aber (hat) ihr kein Recht auf das Vermögen anderer gewährt" (¶61)

Bahá'u'lláhs Gebot, Seiner Verwandtschaft Wohlwollen entgegenzubringen, verleiht ihr kein Recht auf das Vermögen anderer. Dies steht im Gegensatz zum Recht der schiitischen Muslime, bei denen die Abkommen des Propheten Muhammad Anspruch auf einen Anteil an einer bestimmten Steuer haben.

86

"Wer ein Haus vorsätzlich durch Feuer zerstört, den sollt ihr auch verbrennen. Wer einem anderen vorsätzlich das Leben nimmt, den sollt ihr auch töten." (¶62)

Bahá'u'lláhs Gesetz schreibt die Todesstrafe für Mord und Totschlag sowie Brandstiftung mit der Alternative einer lebenslangen Freiheitsstrafe vor (siehe Erläuterungen 87).

Abdu'l-Bahá erklärt in Seinen Briefen den Unterschied zwischen Rache und Strafe. Er bestätigt, daß der einzelne kein Recht auf Rache hat, die in den Augen Gottes verächtlich ist, und daß der Strafzweck nicht Rache ist, sondern die Verhängung einer Strafe für begangenes Unrecht. In den Beantworteten Fragen bestätigt Er das Recht der Gesellschaft, Rechtsbrecher zu bestrafen, um den einzelnen zu schützen und ihren Bestand zu sichern. Shoghi Effendi erläutert in einem in seinem Auftrage geschriebenen Brief dieses Gesetz wie folgt:

"Im Aqdas verordnet Baha'u'llah den Tod als Strafe für Mord. Er hat jedoch die lebenslange Freiheitsstrafe als Alternative zugelassen. Beide Strafen stehen mit Seinem Gesetz in Einklang. Mancher von uns wird vielleicht die darin liegende Weisheit nicht erfassen können, wenn sie seiner begrenzten Vorstellung widerspricht; wir müssen sie jedoch akzeptieren, da wir wissen, daß Seine Weisheit, Seine Gnade und Seine Gerechtigkeit vollkommen sind und der Erlösung der ganzen Welt dienen. Sollten wir, so ein Mensch irrtümlich zum Tode verurteilt wird, nicht annehmen, daß der Allmächtige Gott ihn in der künftigen Welt für dieses ihm von den Menschen widerfahrene Unrecht tausendfach entschädigen wird? Man kann nicht ein heilsames Gesetz verwerfen, nur weil damit in seltenen Fällen Unschuldige bestraft werden könnten."

Die Einzelheiten des für eine künftige Gesellschaft zugeschnittenen Bahá'í-Strafgesetzes für Mord, Totschlag und Brandstiftung hat Bahá'u'lláh nicht festgelegt. Das Universale Haus der Gerechtigkeit wird unter Berücksichtigung der bei seiner Einführung bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse die näheren Einzelheiten zu regeln haben: das Ausmaß der Rechtsverletzung, ob mildernde Umstände zu berücksichtigen sind und welche der beiden vorgeschriebenen Strafarten die Norm ist. Auch die Art des Strafvollzugs muß vom Universalen Haus der Gerechtigkeit geregelt werden. Bei Brandstiftung hängt viel davon ab, was für ein "Haus" in Brand gesetzt wurde. Es ist offensichtlich, daß im Unrechtsgehalt ein riesiger Unterschied besteht zwischen einem Täter, der ein leeres Lagerhaus niederbrennt und einem, der eine Schule voller Kinder in Brand setzt.

87

"So ihr sie zu lebenslangem Gefängnis verurteilt, ist dies nach den Vorschriften des Buches statthaft." (¶62)

Auf eine Frage zu diesem Vers hat Shoghi Effendi ausgeführt, daß die Todesstrafe zulässig, die "lebenslange Freiheitsstrafe" aber als Alternative vorgesehen ist, "wodurch die Härte einer solchen Verurteilung entscheidend gemildert werden kann". Er sagt, "Baháu'lláh hat uns die Wahl überlassen und es uns somit freigestellt, innerhalb der Grenzen, die Sein Gesetz festlegt, unser eigenes Urteil walten zu lassen". Da es zu diesem Aspekt des Bahá'í-Rechts keine besondere Anleitung gibt, liegt die künftige Gesetzgebung darüber beim Universalen Haus der Gerechtigkeit.

88

"Gott hat euch den Ehestand verordnet" (¶63)

In einer Tafel erklärt Baha'u'lláh, Gott habe durch diese Gesetzgebung den Ehestand zu "einer festen Burg der Wohlfahrt und des Heils" gemacht. Die `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung` Abschnitt W.C.1.a.- 0. faßt die Vorschriften aus dem Kitáb-i-Aqdas und den `Fragen und Antworten` zusammen, besonders die Ehevoraussetzungen (Fragen und Antworten 3, Fragen und Antworten 13, Fragen und Antworten 46, Fragen und Antworten 50, Fragen und Antworten 84 und Fragen und Antworten 92), das Verlobungsrecht (Fragen und Antworten 43), die Zahlung der Morgengabe (Fragen und Antworten 12, Fragen und Antworten 26, Fragen und Antworten 39, Fragen und Antworten 47, Fragen und Antworten 87 und Fragen und Antworten 88), die Vorschriften hinsichtlich einer längeren Abwesenheit eines Ehegatten (Fragen und Antworten 4 und 27) sowie sonstige Details (Fragen und Antworten 12 und 47; siehe auch Erläuterungen 89, Erläuterungen 90, Erläuterungen 91, Erläuterungen 92, Erläuterungen93, Erläuterungen 94, Erläuterungen 95, Erläuterungen 96, Erläuterungen 97, Erläuterungen 98, Erläuterungen 99).

89

"Hütet euch, mehr als zwei Frauen zu nehmen. Wenn sich der Mann mit einer einzigen Gefährtin unter den Dienerinnen Gottes begnügt, so werden beide in Ruhe leben." (¶63)

Dieser Wortlaut des Kitáb-i-Aqdas scheint die Bigamie zu erlauben; Bahá'u'lláh rät jedoch zur Einehe, die Ruhe und Zufriedenheit bewirkt. In einer anderen Tafel unterstreicht Er, wie wichtig es für den Menschen ist, so zu handeln, daß es "ihm selbst und seinem Ehepartner Zufriedenheit bringt". Nach Abdu'l-Bahá, dem bevollmächtigten Exegeten der Schrift, schreibt der Text des Aqdas in Wirklichkeit die Einehe vor. Er äußerte sich zu diesem Thema in mehreren Briefen, darunter dem folgenden:

"Wisse, daß die Polygamie nach dem Gesetz Gottes nicht erlaubt ist, denn es wird klar gefordert, daß man sich mit einer Frau begnügen soll. Die Ehe mit einer zweiten Frau ist von der Gerechtigkeit abhängig gemacht, die unter allen Bedingungen beiden Frauen zuteil werden muß. Doch das Gebot, zwei Frauen gerecht zu behandeln, ist uneinlösbar. Die Tatsache, daß die Bigamie von der Erfüllung einer uneinlösbaren Bedingung abhängig gemacht ist, ist ein klarer Beweis für ihr absolutes Verbot. Darum ist es nicht erlaubt, daß ein Mann mehr als eine Frau habe."

Die Polygamie ist beim größten Teil der Menschheit ein sehr altes Institut. Nur Schritt für Schritt konnten die Manifestationen Gottes die Einehe einführen. Jesus zum Beispiel hat die Polygamie nicht verboten, aber die Scheidung abgeschafft, ausgenommen bei Unzucht. Muhammad begrenzte die Zahl der Ehefrauen auf vier, machte aber mehrere Frauen von der Gerechtigkeit abhängig und ließ die Scheidung wieder zu. Bahá'u'lláh, der Seine Lehre im Milieu einer muslimischen Gesellschaft offenbarte, führte nach den Grundsätzen der göttlichen Weisheit und der allmählichen Verwirklichung Seiner Absicht die Monogamie schrittweise ein. Der Umstand, daß Er Seinen Anhängern einen unfehlbaren Interpreten Seiner Schrift hinterließ, versetzte Ihn in die Lage, nach außen hin im Kitáb-i-Aqdas zwei Ehefrauen zuzulassen, jedoch unter einer Bedingung, die zu einem späteren Zeitpunkt Abdu'l-Bahá dahin interpretieren konnte, die Intention dieses Gesetzes sei die Einführung der Monogamie.

90

"wer eine Jungfer in Dienst nehmen will, mag dies mit Anstand tun" (¶63)

Baháu'lláh legt fest, daß ein Mann eine weibliche Hausangestellte beschäftigen kann. Dies war nach dem Recht der schiitischen Muslime nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber mit ihr einen Ehevertrag schloß. Bahá'u'lláh betont, daß es bei dem `Dienst` nur "um Dienstleistungen geht, wie sie von jeglichen Dienstboten, jung oder alt, gegen Lohn erbracht werden" (Fragen und Antworten 30). Ein Arbeitgeber hat gegenüber seiner Hausangestellten keine sexuellen Rechte. Es steht ihr frei, "sich jederzeit zu verheiraten", denn der Kauf von Frauen ist verboten (Fragen und Antworten 30).

91

"Dies ist Mein Gebot, das Ich euch gebe. Haltet euch daran zu eurem eigenen Nutzen." (¶63)

Im Kitáb-i-Aqdas ist die Ehe verordnet, doch Bahá'u'lláh stellt klar, daß sie nicht obligatorisch ist (Fragen und Antworten 46). In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärt Shoghi Effendi, daß `die Ehe keinesfalls ein bindendes Gebot ist`: "Letztlich muß der einzelne entscheiden, ob er ein Familienleben führen oder im Zustand der Ehelosigkeit leben möchte." Wenn jemand lange Zeit warten muß, bis er einen Ehepartner findet, oder am Ende gar alleinstehend bleibt, bedeutet das nicht, daß er so seinen Daseinszweck, der von Grund auf geistig ist, verfehlt.

92

"... haben Wir sie ... von der Zustimmung ihrer Eltern abhängig gemacht" (¶65)

In einem in seinem Auftrage geschriebenen Brief führt Shoghi Effendi zu dieser Gesetzesbestimmung aus: "Bahá'u'lláh hat klar gesagt, daß die Zustimmung aller lebenden Elternteile für eine Bahá'í-Ehe erforderlich ist. Dies gilt auch, wenn die Eltern keine Bahá'í oder seit Jahren geschieden sind. Dieses bedeutende Gesetz hat Er verfügt, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu festigen, die häuslichen Bande zu stärken, Dankbarkeit und Achtung in die Herzen der Kinder denen gegenüber zu senken, die ihnen das Leben geschenkt und ihre Seele auf die ewige Reise zu ihrem Schöpfer gesandt haben."

93

"Die Ehe darf nicht geschlossen werden, ehe die Morgengabe gezahlt ist" (¶66)

Die `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.C.1.j.I.-V. faßt die wichtigsten Bestimmungen zur Morgengabe zusammen. Sie haben ihr Vorbild im Bayán. Die Morgengabe ist vom Bräutigam an die Braut zu zahlen. Sie ist auf 19 Mithqál reines Gold für Stadtbewohner und 19 Mithqál Silber für Dorfbewohner festgelegt (siehe Erläuterungen 94). Wie Baháu'lláh andeutet, ist es einem Bräutigam, der die Morgengabe nicht voll bezahlen kann, gestattet, der Braut einen Schuldschein auszustellen (Fragen und Antworten 39).

Baha'u'lláhs Offenbarung definiert viele überkommene Vorstellungen, Sitten und Institutionen neu und gibt ihnen eine neue Bedeutung. Dazu gehört auch die Morgengabe. Es handelt sich um eine uralte Institution in vielen Kulturen mit vielerlei Formen. In manchen Ländern ist es eine Zahlung der Brauteltern an den Bräutigam, in anderen zahlt der Bräutigam an die Brauteltern einen "Brautpreis". In beiden Fällen ist der Betrag oft recht hoch. Baháu'lláhs Gesetz schafft alle diese Varianten ab und gestaltet die Morgengabe zu einer symbolischen Handlung, durch die der Bräutigam der Braut ein Geschenk von fest begrenztem Wert macht.

94

"für Stadtbewohner auf neunzehn Mithqál reinen Goldes, für Dorfbewohner auf denselben Betrag in Silber festgelegt" (¶66)

Baháu'lláh legt als Kriterium für die Bemessung der Morgengabe den Wohnsitz des Bräutigams, nicht den der Braut, fest (Fragen und Antworten 87 und Fragen und Antworten 88).

95

"Wer diese Summe aufstocken will, dem ist verboten, die Grenze von fünfundneunzig Mithqál zu überschreiten ... Gibt man sich jedoch mit der Zahlung des Mindestbetrages zufrieden, so ist dies nach dem Buche besser." (¶66)

Auf eine Anfrage zur Morgengabe antwortete Bahá'u'lláh: "Alles, was im Bayán bezüglich der Stadt- und Dorfbewohner offenbart wurde, wird bestätigt und muß vollzogen werden. Im Kitáb-i-Aqdas wird jedoch die unterste Grenze genannt. Damit sind neunzehn Mithqál Silber gemeint, die im Bayán für Dorfbewohner genannt sind. Dies ist Gott wohlgefälliger, vorausgesetzt, beide Parteien stimmen zu. Der Zweck dieser Vorschrift ist die Förderung des Wohlergehens, der Eintracht und Harmonie unter den Menschen. Je mehr dies beachtet wird, desto besser wird es sein ... Das Volk Bahás soll miteinander in größter Liebe und Aufrichtigkeit umgehen. Es soll die Interessen aller im Auge haben, besonders die der Freunde Gottes."

Abdu'l-Bahá faßt in einem Brief einige Bestimmungen zur Festlegung der Höhe einer Morgengabe zusammen. Die im nachstehenden Auszug erwähnte Zahlungseinheit ist der "Váhid". Ein Váhid entspricht neunzehn Mithqäl: "Stadtbewohner haben in Gold, Dorfbewohner in Silber zu zahlen. Maßgeblich sind die finanziellen Mittel des Bräutigams. Ist er arm, so zahlt er einen Váhid; hat er begrenzte Mittel, zahlt er zwei Váhid; ist er besser gestellt, drei Váhid; ist er wohlhabend, vier Váhid; ist er sehr reich, fünf Váhid. Es ist fürwahr eine Sache der Vereinbarung zwischen dem Bräutigam, der Braut und beiden Elternteilen. Eine getroffene Vereinbarung ist einzuhalten."

Im selben Brief fordert Abdu'l-Bahá die Gläubigen auf, Fragen zur Anwendung dieses Gesetzes dem Universalen Haus der Gerechtigkeit vorzulegen, das "die Vollmacht hat, Gesetze zu geben". Er betont, daß "diese Körperschaft Gesetze einführt und zweitrangige Fragen, die nicht ausdrücklich im heiligen Text behandelt sind, im Wege der Gesetzgebung regelt".

96

"Hat einer Seiner Diener eine Reise vor, so soll er seiner Ehefrau den Zeitpunkt seiner Rückkehr nennen." (¶67)

Reist der Ehemann ab, ohne seine Frau über die Zeit seiner Rückkehr zu informieren, erhält sie keine Nachricht von ihm und bleibt er verschollen, obwohl er das Gesetz des Kitáb-i-Aqdas kennt, so kann die Ehefrau nach einem vollen Wartejahr eine neue Ehe eingehen. Kannte der Ehemann das Gesetz jedoch nicht, so muß die Frau warten, bis sie Nachricht von ihm erhält (Fragen und Antworten 4).

97

"gilt für sie eine Wartezeit von neun Monaten, nach deren Ablauf für sie kein Hindernis besteht, sich wieder zu verheiraten" (¶67)

Versäumt es der Ehemann, nach Ablauf des genannten Zeitraums zurückzukehren oder seine Frau über den Verzug zu verständigen, so hat die Frau neun Monate zu warten; danach steht es ihr frei, sich wieder zu verheiraten, obgleich es besser für sie ist, wenn sie länger wartet (siehe Erläuterungen 147 zum Bahá'í-Kalender) Sollte, erklärt Bahá'u'lláh, unter solchen Umständen die Ehefrau die "Nachricht vom natürlichen oder gewaltsamen Tod ihres Ehemanns" erhalten, so hat sie ebenfalls neun Monate zu warten, ehe sie sich wieder verheiratet (Fragen und Antworten 27). Abdu'l-Bahá erläutert in einem Brief, daß die neunmonatige Wartezeit nach dem Eingang der Nachricht über den Tod des Ehemanns nur dann Anwendung findet, wenn der Ehemann zur Zeit des Todes abwesend war, nicht, wenn er zu Hause verstorben ist.

98

"sollte sie den Weg des Guten nehmen" (¶67)

Bahá'u'lláh erklärt, der "Weg des Guten" sei "Geduld zu üben" (Fragen und Antworten 4).

99

"zweier gerechter Zeugen" (¶67)

Das "Merkmal der Gerechtigkeit" bei Zeugen ist nach Baháu'lláh "ein guter Ruf". Die Zeugen müssen dabei nicht Bahá'í sein, da "das Zeugnis aller Diener Gottes, gleich welchen Glaubens oder Bekenntnisses ... vor Seinem Thron annehmbar" ist (Fragen und Antworten 79).

100

"Entsteht Entfremdung oder Widerwille zwischen Ehemann und Ehefrau, so darf er sich nicht von ihr scheiden. Er soll sich vielmehr ein volles Jahr in Geduld üben" (¶68)

Die Scheidung wird in der Bahá'í-Lehre scharf verurteilt. Entstehen jedoch Entfremdung oder Widerwille zwischen den Ehepartnern, so ist sie nach Ablauf eines vollen Jahres zulässig. Während dieses Jahres der Geduld muß der Ehemann für den Unterhalt seiner Frau und seiner Kinder aufkommen. Das Paar ist gehalten, sich zu bemühen, seinen Streit beizulegen. Shoghi Effendi bestätigt, daß Mann und Frau "das Recht haben, die Scheidung zu begehren", wenn einer der beiden "diese für unumgänglich hält".

In den `Fragen und Antworten` entwickelt Baháu'llah einige Details bezüglich des Jahres der Geduld: seine Einhaltung (Fragen und Antworten 12), die Festlegung seines Beginns (Fragen und Antworten 19 und Fragen und Antworten40), die Bedingungen einer Versöhnung (Fragen und Antworten 38), die Funktion der Zeugen und des örtlichen Hauses der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 73 und Fragen und Antworten 98). Das Universale Haus der Gerechtigkeit erklärt, daß die Aufgabe der Zeugen in Scheidungsverfahren heute den Geistigen Räten obliegt. Die einzelnen Bestimmungen des Bahá'í-Scheidungs-rechts sind in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung` Abschnitt IV.C.2.a.- i. zusammengefaßt.

101

"hat der Herr ... die frühere Praxis verboten, wenn ihr eine Frau dreimal geschieden hattet" (¶68)

Dieser Vers bezieht sich auf ein im Qur'án verankertes Gesetz, wonach ein Mann unter gewissen Umständen seine geschiedene Frau nicht wieder heiraten konnte, ehe sie nicht einen anderen Mann geehelicht hatte und wieder von ihm geschieden war. Bahá'u'lláh bestätigt, daß es sich hierbei um das im Kitáb-i-Aqdas aufgehobene Gesetz handelt (Fragen und Antworten 31).

102

"Wer sich von seiner Ehefrau scheiden ließ, darf, wenn zwischen beiden Zuneigung und Einvernehmen besteht, nach Ablauf jedes Monats erneut die Ehe mit ihr eingehen, solange sie nicht wieder verheiratet ist ... sofern sich ihre Verhältnisse nicht eindeutig ändern" (¶68)

Wie Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief bestätigt, ist mit der Wendung `nach Ablauf jedes Monats` keine zeitliche Begrenzung beabsichtigt; vielmehr kann ein Paar nach der Scheidung jederzeit wieder heiraten, wenn nicht ein Partner inzwischen wieder verheiratet ist.

103

"daß Samen nicht unrein ist" (¶74)

In einigen religiösen Traditionen und im Recht der schiitischen Muslime gilt Sperma als rituell unrein. Bahá'u'lláh hat dieses Konzept verworfen (siehe auch Erläuterungen 106).

104

"Ergreift das Seil der Feinheit" (¶74)

Abdu'l-Bahá spricht über den erhebenden Einfluß von "Reinheit und Heiligkeit, Sauberkeit und feinen Sitten", die die "Natur des Menschen" und die "Entwicklung seiner inneren Wirklichkeit" fördern. Er sagt: "Körperliche Sauberkeit hat einen großen Einfluß auf das geistige Leben." (siehe auch Erläuterungen 74)

105

"Waschet alles Verschmutzte mit Wasser, das in keiner der drei Hinsichten verändert ist" (¶74)

Die "drei Hinsichten" in diesem Vers sind Veränderungen des Wassers nach Farbe, Geschmack oder Geruch. Bahá'u'lláh gibt weitere Erläuterungen zur Frage des reinen Wassers und zur Frage, von wann an es als unbrauchbar zu gelten hat (Fragen und Antworten 91).

106

"Als Zeichen Seiner Gnade hat Gott das Konzept der `Unreinheit` abgeschafft, wonach verschiedene Sachen und Gruppen der Bevölkerung als unrein galten." (¶75)

Das Konzept der rituellen `Unreinheit`, wie es in manchen Stammesgesellschaften und in den religiösen Gemeinschaften bestimmter früherer Religionen verstanden und praktiziert wird, hat Baha'u'lláh abgeschafft. Er erklärt, daß durch Seine Sendung "alles Erschaffene ... in das Meer der Reinigung getaucht" wurde (siehe auch Erläuterungen 12, Erläuterungen 20 und Erläuterungen 103).

107

"an jenem ersten Tag des Ridván" (¶75)

Bahá'u'llah bezieht sich hier auf Seine und Seiner Gefährten Ankunft im Najíbíyyih-Garten vor den Toren Baghdáds, der von den Bahá'í seither als "Garten Ridván" bezeichnet wird. Dies geschah im April 1863, einunddreißig Tage nach Naw-Rúz und war der Beginn der Zeit, in der Bahá'u'lláh Seinen Gefährten Seine prophetische Sendung verkündete. In einer Tafel nennt Er Seine Verkündigung "den Tag höchsten Glücks". Er beschreibt den Garten Ridván als den "Ort, wo Er den Glanz Seines Namens, der Allbarmherzige, über die ganze Schöpfung ergoß". Bahá'u'lláh verbrachte zwölf Tage in diesem Garten, bevor Er nach Istanbul, Seinem neuen Verbannungsort, aufbrach. Bahá'u'lláhs Verkündigung wird alljährlich durch das zwölftägige Ridván-Fest gefeiert, das Shoghi Effendi als das "heiligste und bedeutsamste aller Bahá'í-Feste" bezeichnet (siehe Erläuterungen 138 und Erläuterungen 140).

108

"des Bayán" (¶77)

`Bayán` ist der Titel, den der Báb dem Mutterbuch der Bábí-Offenbarung, Seinem Buch der Gesetze, gegeben hat, doch bezeichnet dieser Begriff auch den gesamten Kanon Seiner Schriften. Der Persische Bayán ist das Hauptwerk für die Lehre und die Primärquelle der Gesetze des Báb. Der Arabische Bayán hat den gleichen Inhalt, ist aber von geringerem Umfang und Gewicht. Shoghi Effendi hat den Persischen Bayán in seinem Werk Gott geht vorüber beschrieben und ausgeführt, man solle in ihm "eher eine Lobpreisung des Verheißenen sehen, als einen Kanon von Gesetzen und Geboten zur ständigen Führung künftiger Geschlechter". Abdu'l-Bahá schreibt: "Der Bayán ist durch den Kitáb-i-Aqdas aufgehoben mit Ausnahme der Gesetze, die dort aufgeführt und bestätigt sind."

109

"Bücher zu vernichten" (¶77)

In der Tafel `Ishráqát` verweist Bahá'u'lláh darauf, daß der Báb die Gesetze des Bayán Seiner Zustimmung unterworfen hat. Dabei erklärt Er, Er habe einige Gesetze des Báb übernommen, indem Er sie "in anderer Formulierung dem Kitáb-i-Aqdas eingliederte", während Er andere aufhob. Zur Vernichtung von Büchern: Der Bayán hatte den Bábí geboten, alle Bücher zu vernichten, bis auf die, welche zur Verteidigung der Sache Gottes und Seiner Religion geschrieben worden waren. Bahá'u'lláh hebt dieses Gesetz des Bayán auf.

Zum Wesen und zur Härte der Gesetzgebung des Bayán gibt Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief folgenden Hinweis: "Die strengen Gesetze und Anweisungen, die der Báb offenbarte, können nur richtig gewürdigt und verstanden werden, wenn man sie im Lichte Seiner Aussagen zu Wesen, Zweck und Charakter Seiner eigenen Sendung betrachtet. Aus diesen Aussagen ergibt sich klar, daß die Bábí-Sendung im wesentlichen eine religiöse und wahrhaft soziale Revolution war. Sie mußte deshalb von kurzer Dauer, aber voller tragischer Ereignisse und umfassender, drastischer Reformen sein. Diese drastischen Schritte des Báb und Seiner Gefährten sollten die Grundlagen der schiitischen Orthodoxie untergraben und so dem Kommen Bahá'u'lláhs den Weg bereiten. Der Báb mußte, um die Unabhängigkeit dieser neuen Offenbarung unter Beweis zu stellen und das Feld für die nahende Offenbarung Bahá'u'lláhs zu bestellen, strenge Gesetze erlassen, auch wenn die meisten von ihnen niemals in Kraft waren. Allein die Tatsache, daß Er sie offenbarte, war schon ein Beweis für die Unabhängigkeit Seiner Offenbarung, der ausreichte, um weit und breit Unruhe zu erzeugen und den Widerstand des Klerus so zu provozieren, daß dieser schließlich den Märtyrertod des Báb bewirkte."

110

"Wir erlauben euch, Wissenschaften zu studieren, die euch von Nutzen sind, doch keine, die in müßigem Wortstreit enden." (¶77)

Die Schrift gebietet, Wissen zu erlangen und Kunst und Wissenschaften zu studieren. Die Bahá'í werden ermahnt, Fachleute und Gelehrte zu achten, und vor Studien gewarnt, die nur zu müßigen Disputen führen.

In Seinen Tafeln rät Bahá'u'lláh den Gläubigen, "nützliche" , "Fortschritt und Entwicklung" der Gesellschaft fördernde Wissenschaften und Künste zu studieren, und warnt sie vor Wissenschaften, die mit Worten beginnen und mit Worten enden und deren Verfolg zu "eitlen Disputationen" führt. In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief bezeichnet Shoghi Effendi Wissenschaften, die mit Worten beginnen und mit Worten enden, als "unergiebige Ausflüge in metaphysische Haarspaltereien". In einem anderen Brief erklärt er, was Baha'u'lláh in erster Linie mit solchen "Wissenschaften" gemeint habe, seien "solche theologischen Abhandlungen und Kommentare, die den Menschengeist eher belasten als ihm helfen, zur Wahrheit zu gelangen"

111

"Er, der mit Gott Zwiesprache hielt" (¶80)

Dies ist ein traditioneller jüdischer und islamischer Titel des Mose. Bahá'u'lláh erklärt, mit dem Advent Seiner Offenbarung sei "menschlichen Ohren das Vorrecht eingeräumt zu hören, was Er, der mit Gott Zwiesprache hielt, auf dem Sinai hörte".

112

"Sinai" (¶80)

Der Berg, auf dem Gott Mose das Gesetz offenbarte.

113

"des Geistes Gottes" (¶80)

Dies ist einer der Titel Jesu Christi in der islamischen Literatur und im offenbarten Bahá'í-Schrifttum.

114

"Karmel ... Zion" (¶80)

Karmel, der "Weinberg Gottes", ist der Berg im Heiligen Land, auf dem der Schrein des Báb und das administrative Weltzentrum des Glaubens gelegen sind. Zion ist ein Hügel in Jerusalem, der Tradition nach die Grabstätte König Davids und Sinnbild für Jerusalem als heilige Stadt.

115

"Rote Arche" (¶84)

Die `Rote Arche` weist auf die Sache Bahá'u'lláhs hin. Seine Anhänger werden als die "Gefährten der Roten Arche" bezeichnet und vom Báb im Qayyúmu'l-Asmá gepriesen.

116

"O Kaiser von Österreich! Er, der Tagesanbruch des Lichtes Gottes, lag im Gefängnis von Akká zu der Zeit, da du dich aufmachtest, die Aqsá-Moschee zu besuchen." (¶85)

Franz Josef (1830-1916), Kaiser von Österreich und König von Ungarn, machte 1869 eine Pilgerreise nach Jerusalem. Während er im Heiligen Land war, versäumte er, sich nach Bahá'u'lláh zu erkundigen, der damals in Akká gefangen lag. Die Aqsá-Moschee, wörtlich die "entfernteste" Moschee, ist im Qur'án erwähnt und steht für den Tempelberg in Jerusalem.

117

"O König von Berlin!" (¶86)

Kaiser Wilhelm 1. (Wilhelm Friedrich Ludwig, 1797-1888), der siebte König von Preußen, wurde im Januar 1871 in Versailles nach dem Sieg Deutschlands über

Frankreich zum ersten Deutschen Kaiser ausgerufen.

118

"Rufe dir den ins Gedächtnis, dessen Macht die deine überragte und dessen Rang den deinen übertraf" (¶86)

Dies ist ein Hinweis auf Napoleon III. (1808-1873), den Kaiser der Franzosen, der vielen Historikern als der herausragendste westliche Monarch seiner Zeit galt. Bahá'u'lláh schickte ihm zwei Sendbriefe. Im zweiten sagt Er klar voraus, Napoleons Reich werde "in Verwirrung gestürzt" , "seine Herrschaft werde ihm entgleiten" und sein Volk von "großem Aufruhr" heimgesucht. Innerhalb eines Jahres erfuhr Napoleon III. bei der Schlacht von Sedan 1870 eine vernichtende Niederlage durch Wilhelm 1. Danach ging er nach England ins Exil, wo er drei Jahre später starb.

119

"O Volk von Konstantinopel!" (¶89)

Das hier mit `Konstantinopel` übersetzte Wort ist im Original "ar-Rúm" oder "Rom", im Nahen Osten die Bezeichnung Konstantinopels und des Oströmischen Reiches, später der Stadt Byzanz und ihres Reiches und schließlich des Osmanischen Reiches.

120

"O Ort, an den Küsten der beiden Meere gelegen!" (¶89)

Ein Hinweis auf Konstantinopel, heute Istanbul. An der 31 km langen Meerenge des Bosporus gelegen, die das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet, ist Istanbul die größte Stadt und der größte Hafen der Türkei. Konstantinopel war von 1453 bis 1922 die Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Während Baháu'lláhs Aufenthalt dort hatte der tyrannische Sultan Abdu'l-Aziz den Thron inne. Die osmanischen Sultane waren als die Kalifen auch die Oberhäupter des sunnitischen Islam. Bahá'u'lláh sagte den Sturz des Kalifats voraus, das 1924 abgeschafft wurde.

121

"O Ufer des Rheins!" (¶90)

In einem Brief aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) erklärt Abdu'l-Bahá, Bahá'u'llahs Aussage, Er habe die Ufer des Rheins "mit Blut bedeckt" gesehen, beziehe sich auf den Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871), und weitere Leiden stünden bevor. In seinem Werk Gott geht vorüber sagt Shoghi Effendi, der Deutschland nach seiner Niederlage im Ersten Weltkrieg auferlegte "bedrückend schwere Vertrag" habe "das `Wehklagen Berlins` bewirkt, das ein halbes Jahrhundert zuvor so schicksalsschwer vorhergesagt worden war".

122

"Land von Tá" (¶91)

Tá ist der Anfangsbuchstabe von Tihrán, der Hauptstadt Irans. Bahá'u'lláh hat oft Städtenamen durch ihre Anfangsbuchstaben bezeichnet. Nach der Abjad-Rechnung ist der Zahlenwert von Tá neun, was demjenigen des Namens Bahá entspricht.

123

"da in dir die Manifestation Seiner Herrlichkeit geboren ward" (¶92)

Dies ist ein Hinweis auf die Geburt Bahá'u'lláhs in Teheran am 12. November 1817.

124

"O Land von Khá!" (¶94)

Ein Hinweis auf die iranische Provinz Khurásán und die benachbarten Gebiete, wo auch die Stadt Ishqábád liegt.

125

"So jemand einhundert Mithqál Gold erwirbt, gehören neunzehn Mithqál davon Gott und sind Ihm ... zu geben." (¶97)

Dieser Vers begründet die Huqúqu'lláh, das Recht Gottes auf einen festen Anteil an den Vermögenswerten eines Gläubigen. Diese freiwillige Abgabe fiel zunächst an Baháu'lláh als die Manifestation Gottes, nach Seinem Hinscheiden an Abdu'l-Bahá als Mittelpunkt des Bundes. In Seinem Testament bestimmte Abdu'l-Bahá, daß die Huqúqu'lláh "über den Hüter der Sache Gottes" zu leisten seien. Da es keinen Hüter mehr gibt, ist es über das Universale Haus der Gerechtigkeit als Oberhaupt des Glaubens zu entrichten. Der Fonds wird für die Förderung des Gottesglaubens und seiner Interessen sowie für humanitäre Werke ausgegeben. Die Huqúqu'lláh-Zahlung ist eine geistige Pflicht, deren Erfüllung dem Gewissen eines jeden Bahá'í überlassen bleibt. Die Gemeinde wird zwar an die Bestimmungen des Huqúq-Gesetzes erinnert, doch darf der einzelne Gläubige auf die Zahlung nicht angesprochen werden.

Einige Details dieses Gesetzes sind in `Fragen und Antworten` näher ausgeführt. Die Huqúqu'lláh-Zahlung ist auf den Wert des persönlichen Vermögens zu berechnen. Wer Vermögen im Wert von wenigstens neunzehn Mithqál Gold besitzt (Fragen und Antworten 8), hat die geistige Pflicht, einmalig neunzehn Prozent des Gesamtwerts als Huqúqu'lláh abzuführen (Fragen und Antworten 89). Wenn danach Einkünfte nach Abzug aller Kosten den Vermögenswert abermals um neunzehn Mithqál Gold anwachsen lassen, hat man neunzehn Prozent des Zuwachses zu zahlen, und so fort für jeden weiteren Zuwachs (Fragen und Antworten 8 und Fragen und Antworten 90).

Gewisse Vermögensarten wie das Wohnhaus sind von der Huqúqu'llah-Zahlung ausgenommen (Fragen und Antworten 8, Fragen und Antworten42 und 95). Besondere Vorschriften gelten für den Fall finanzieller Verluste (Fragen und Antworten 44 und Fragen und Antworten 45), für ertraglose Anlagen (Fragen und Antworten 102) und für die Huqúqu'lláh-Zahlung im Todesfall (Fragen und Antworten 9, Fragen und Antworten 69 und Fragen und Antworten 80) , (zu letzterem Fall siehe Erläuterungen 47). Ausführliche Textstellen aus Tafeln, den `Fragen und Antworten` sowie anderen Schriften zur geistigen Bedeutung der Huqúqu'lláh und zu den Einzelheiten ihrer Anwendung sind in der Textzusammenstellung Huqúqu'lláh veröffentlicht.

126

"Zahlreiche Bittgesuche der Gläubigen um das Gesetz Gottes ... sind vor Unseren Thron gelangt. Darum haben Wir diese heilige Tafel offenbart und sie mit dem Mantel Seines Gesetzes geschmückt, auf daß das Volk die Befehle seines Herrn befolge." (¶98)

"Einige Jahre lang", erklärt Bahá'u'lláh in einer Tafel, "gelangten Bittgesuche aus verschiedenen Ländern in die Heiligste Gegenwart, die inständig um das Gesetz Gottes baten, doch Wir hielten die Feder zurück, bis die festgesetzte Zeit gekommen war." Erst zwanzig Jahre nach der Geburt Seiner prophetischen Mission im Síyáh-Chál von Teheran offenbarte Baháu'lláh den Kitáb-i-Aqdas, die Schatzkammer für die Gesetze Seiner göttlichen Sendung. Selbst dann hielt Er den Aqdas einige Zeit zurück, ehe er den Gläubigen in Persien gesandt wurde. Dieser gottgewollte Verzug in der Offenbarung des Gottesgesetzes für dieses Zeitalter und die spätere schrittweise Anwendung ihrer Bestimmungen sind ein Beispiel für das Prinzip der fortschreitenden Offenbarung, das sogar innerhalb der Amtszeit eines jeden Propheten wirksam ist.

127

"zu dem ... hochroten Ort" (¶100)

Ein Hinweis auf die Gefängnisstadt Akká. In der Schrift wird das Wort "hochrot" in mehrerlei allegorischem und symbolischem Sinn gebraucht (siehe auch Erläuterungen 115).

128

"der Sidratu'l-Muntahá" (¶100)

Wörtlich "der fernste Lotosbaum", von Shoghi Effendi als "der Baum, über den hinaus keiner gehen kann" übersetzt. Es handelt sich um ein islamisches Symbol, zum Beispiel im Bericht über Muhammads Nachtreise, für den Punkt im Himmel, über den hinaus weder Mensch noch Engel sich Gott nähern dürfen, und somit für die Grenzen des göttlichen Wissens, das der Menschheit offenbart wird. Daher wird der Begriff im offenbarten Bahá'í-Schrifttum oft benutzt, um die Manifestation Gottes selbst zu bezeichnen (siehe auch Erläuterungen 164).

129

"das Mutterbuch" (¶103)

Der Begriff "Mutterbuch" bezeichnet zumeist das zentrale Buch einer Religion. Im Qur'án und in den islamischen Hadíthen steht dieser Begriff für den Qur'án. Das Mutterbuch der Bábí-Sendung ist der Bayán, das der Sendung Bahá'u'lláhs der Kitáb-i-Aqdas. Allgemeiner, so der Hüter in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief, kann dieser Begriff auch als "Sammelbezeichnung für die von Bahá'u'lláh offenbarte Lehre" insgesamt verwendet werden. Daneben wird der Begriff auch für das "Himmlische Mutterbuch", die göttliche Quelle aller Offenbarung, gebraucht.

130

"Wer auslegt, was vom Himmel der Offenbarung herabgesandt ward, und dessen offenkundigen Sinn ändert" (¶105)

In verschiedenen Tafeln macht Bahá'u'lláh die Unterscheidung zwischen allegorischen Versen, die der Ausdeutung zugänglich sind, und Versen mit Bezug auf Gegenstände wie Gesetze und Gebote, Andacht und Ritus, deren Bedeutung klar ist und von den Gläubigen Gehorsam verlangt.

Wie in Erläuterungen 145 und Erläuterungen 184 ausgeführt, setzte Bahá'u'lláh Seinen ältesten Sohn Abdu'l-Bahá als Nachfolger und Interpreten Seiner Lehre ein. Abdu'l-Bahá Seinerseits bestimmte, daß Ihm Sein ältester Enkel Shoghi Effendi als Ausleger der Schrift und als Hüter der Sache Gottes folge. Die Interpretationen Abdu'l-Bahás und Shoghi Effendis gelten den Bahá'í als göttlich inspiriert und bindend.

Die Existenz einer autoritativen Interpretation hindert den einzelnen nicht daran, sich dem Studium der Lehre zu widmen und dabei zu einer persönlichen Auslegung, einem eigenen Verständnis zu gelangen. In der Schrift wird jedoch ein klarer Unterschied gemacht zwischen der autontativen Auslegung und dem Schriftverständnis des einzelnen, zu dem er beim Studium der Lehre gelangt ist. Die aus dem individuellen Verständnis der Lehre resultierende, persönliche Auslegung ist die Frucht seiner Verstandeskraft, die zu einer tieferen Erkenntnis des Glaubens führen kann. Ihr fehlt jedoch die Autorität. Wer seine Auffassungen vorträgt, darf die Autorität des offenbarten Wortes nicht aus den Augen verlieren und die autoritative Auslegung nicht bestreiten oder gegen sie ankämpfen. Er soll sich nicht auf Meinungsstreit einlassen, sondern seine Gedanken als einen Beitrag zur allseitigen Erkenntnis präsentieren und erkennen lassen, daß sie seine persönliche, unverbindliche Meinung zum Ausdruck bringen.

131

"Meidet die Gemeinschaftsbecken der persischen Bäder" (¶106)

Baháu'lláh verbietet den Gebrauch der Wasserbecken in den herkömmlichen öffentlichen Badehäusern Persiens. Dort war es üblich, daß alle sich im selben Becken wuschen und das Wasser selten gewechselt wurde. Demzufolge war es verschmutzt und unhygienisch, es entwickelte einen durchdringenden Gestank.

132

"Meidet auch die übelriechenden Wasserbecken in den Höfen der persischen Häuser" (¶106)

Die meisten persischen Häuser hatten ein Wasserbecken im Hof, das als Vorrat zum Putzen, zum Wäschewaschen und zu anderen häuslichen Zwecken diente. Da es sich um stehendes, oft wochenlang nicht gewechseltes Wasser handelte, entwickelte es leicht einen sehr unangenehmen Geruch.

133

"Es ist euch verboten, eine Ehefrau eures Vaters zu heiraten." (¶107)

Die Heirat der Stiefmutter ist hier ausdrücklich verboten. Das gilt auch für den Stiefvater. Wo Bahá'u'lláh in einem Gesetz Rechte und Pflichten des Mannes gegenüber der Frau statuiert, gilt dieses Gesetz mutatis mutandis auch für die Frau gegenüber dem Mann, soweit der Kontext dies nicht ausschließt. Abdu'l-Bahá und Shoghi Effendi weisen darauf hin, daß der Text nur die Stiefmutter erwähnt, was aber nicht bedeute, daß alle anderen Verbindungen innerhalb einer Familie zulässig sind. Nach Baháu'lláh obliegt die Gesetzgebung zu "den Ehehindernissen der Verwandtschaft" dem Universalen Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 50). Abdu'l-Bahá schrieb, je weiter entfernt die Blutsbande zwischen einem Ehepaar sind, desto besser. Solche Ehen seien die Grundlage der leiblichen Wohlfahrt und stärkten die Freundschaftsbande unter den Menschen.

134

"das Thema der Knaben" (¶107)

Der im arabischen Original stehende Begriff hat die Bedeutung der Päderastie. Shoghi Effendi interpretiert diesen Hinweis als Verbot aller gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Die Sexualethik der Bahá'í zielt auf Ehe und Familie als dem Grundpfeiler der Gesellschaft; sie dient dem Schutz und der Stärkung dieser göttlichen Institution. Deshalb ist nach dem Bahá'í-Recht der Beischlaf nur zwischen Ehemann und Ehefrau erlaubt.

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärte Shoghi Effendi: "Ungeachtet dessen, wie ergeben und edel die Liebe zwischen Menschen des gleichen Geschlechts auch sei, sie in sexuellen Akten zu äußern, ist falsch. Zu sagen, daß diese Liebe vollkommen sei, ist keine Entschuldigung. Baha'u'lláh hat alle Formen der Immoralität verboten, und eine homosexuelle Verbindung sieht Er als eine solche an, ganz abgesehen davon, daß sie wider die Natur ist. Hierunter zu leiden, ist für eine ihrer moralischen Pflichten bewußte Seele eine schwere Bürde; doch durch ärztlichen Rat und Beistand, durch willensstarke, entschiedene Anstrengungen und durch das Gebet kann sie diese Behinderung überwinden."

Baháu'lláh hat vorgesehen, daß das Universale Haus der Gerechtigkeit die Strafen für Ehebruch und gleichgeschlechtliche Unzucht je nach der Schwere der Tat bestimmt (Fragen und Antworten 49).

135

"Niemand soll vor aller Augen heilige Verse murmeln, während er durch die Straßen oder über den Markt geht" (¶108)

Dies ist ein Hinweis auf die Gepflogenheit mancher Geistlicher früherer Religionen, die in heuchlerischer Verstellung in der Öffentlichkeit Gebete murmeln, um ihre Frömmigkeit zur Schau zu stellen und das Lob ihrer Anhänger einzuheimsen. Baháu'llah verbietet ein solches Verhalten und betont die Wichtigkeit demütiger, echter Hingabe an Gott.

136

"Jedem ist geboten, ein Testament zu verfassen." (¶109)

Nach Bahá'u'lláhs Lehre hat jeder die Pflicht, ein Testament zu machen, wobei er frei ist, über sein Vermögen nach Gutdünken zu verfügen (siehe Erläuterungen 38). Baha'u'lláh macht deutlich, daß "der Erblasser" bei der Abfassung seines Testaments "die volle Verfügungsgewalt über sein Vermögen" hat, da Gott ihm gestattet, "mit dem, was Er ihm verliehen hat, so zu verfahren, wie es ihm beliebt" (Fragen und Antworten 69). Die Vorschriften des Kitáb-i-Aqdas zur Aufteilung des Nachlasses gelten für den Fall, daß jemand ohne Testament verstorben ist (siehe Erläuterungen 38, Erläuterungen 39, Erläuterungen 40, Erläuterungen 41, Erläuterungen 42, Erläuterungen 43, Erläuterungen 44, Erläuterungen 45, Erläuterungen 46, Erläuterungen 47, Erläuterungen 48).

137

"der Größte Name" (¶109)

Wie in Erläuterungen 33 dargelegt, kann der "Größte Name Gottes" verschiedene Formen annehmen, die alle auf dem Wort "Bahá" fußen. In Anwendung dieser Vorschrift überschreiben die Bahá'í des Ostens ihr Testament mit Wendungen wie `O Du Herrlichkeit des Allherrlichen!`, `Im Namen Gottes, des Allherrlichen` oder `Er ist der Allherrliche`.

138

"Aller Feste Krönung sind die beiden Größten Feste und die beiden anderen Feste, die auf die Zwillingstage fallen." (¶110)

Dieser Absatz führt vier große Feste des Bahá'í-Jahres ein. Die von Bahá'u'lláh als die "beiden Größten Feste" bezeichneten sind erstens das Ridván-Fest, das an Bahá'u'lláhs Verkündigung Seiner prophetischen Sendung im Garten Ridván bei Baghdád während zwölf Tagen im April und Mai 1863 erinnert, von Ihm als "der König der Feste" bezeichnet, und zweitens die Verkündigung des Báb im Mai 1844 in Shiráz. Der erste, neunte und zwölfte Tag des Ridván-Festes sind Feiertage (Fragen und Antworten 1), desgleichen der Tag der Verkündigung des Báb.

Die "beiden anderen Feste" sind die Geburtstage Bahá'u'lláhs und des Báb. Im islamischen Mondkalender fallen sie auf zwei aufeinanderfolgende Tage: Bahá'u'lláh wurde am zweiten Tag des Monats Muharram 1233 d.H. (12. November 1817) geboren, der Báb am ersten Tag desselben Monats 1235 d.H. (20. Oktober 1819). Sie werden deshalb als "die Zwillingsgeburtstage" bezeichnet. Bahá'u'lláh sagt, daß sie vor Gott als ein Tag gelten (Fragen und Antworten 2). Sollten sie auf die Fastenzeit fallen, so gilt nach Bahá'u'lláh das Fastengebot für diese Tage nicht (Fragen und Antworten 36). Da der Bahá'í-Kalender ein Sonnenkalender ist (siehe Erläuterungen 26 und Erläuterungen 147), obliegt dem Universalen Haus der Gerechtigkeit die Entscheidung, ob die beiden heiligen Geburtstage auf der Grundlage des Sonnen- oder des Mondkalenders zu feiern sind.

139

"den ersten Tag des Monats Bahá" (¶111)

Im Bahá'í-Kalender tragen der erste Monat des Jahres und der erste Tag jedes Monats den Namen "Bahá". Der Tag Bahá des Monats Bahá ist somit das Bahá'í-Neujahr, Naw-Rúz, vom Báb als Festtag bestimmt und von Bahá'u'lláh bestätigt (siehe Erläuterungen 26 und Erläuterungen 147).

Über die sieben Feiertage hinaus, die diese Abschnitte des Kitáb-i-Aqdas verordnen, wurde zu Lebzeiten Bahá'u'lláhs der Jahrestag des Märtyrertodes des Báb als Feiertag begangen. Entsprechend führte Abdu'l-Bahá das Gedenken an das Hinscheiden Bahá'u'lláhs ein, so daß es insgesamt neun Feiertage gibt. Zwei weitere Gedenktage sind der Tag des Bundes und der Jahrestag des Hinscheidens Abdu'l-Bahás. Sie werden festlich begangen, sind aber nicht arbeitsfrei (siehe den Abschnitt über den Bahá'í-Kalender in `The Bahá'í-World` Bd.20 Haifa 1998).

140

"Das Größte Fest ist fürwahr der König aller Feste." (¶112)

Dieser Vers bezieht sich auf das Ridván-Fest (siehe Erläuterungen 107 und Erläuterungen 138).

141

"Gott hat vormals allen Gläubigen geboten, vor Unserem Thron einzigartige Gegenstände als Gabe aus ihrem Besitz darzubringen. Zum Zeichen Unserer gnädigen Gunst haben Wir sie von dieser Pflicht befreit." (¶114)

Dieser Absatz hebt eine Bestimmung des Bayán auf, wonach alle Gegenstände, die in ihrer Art unvergleichlich sind, dem, den Gott offenbaren wird, bei Seinem Erscheinen zu übergeben sind. Der Báb erläuterte, die Manifestation Gottes stehe über jedem Vergleich, und deshalb sollte alles, was in seiner Art unvergleichlich ist, Ihm zukommen, sofern Er nicht anders entscheidet.

142

"zur Stunde der Morgendämmerung" (¶115)

Zur Teilnahme an den Morgengebeten im Mashriqu'l-Adhkár, dem Bahá'í-Haus der Andacht, erläutert Bahá'u'lláh, daß zwar die im Buch Gottes angegebene Zeit die "Stunde der Morgendämmerung" ist, aber jede Zeit von der "frühesten Dämmerung" an, "zwischen Dämmerung und Sonnenaufgang oder sogar bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang" annehmbar ist (Fragen und Antworten 15).

143

"Diese Tafeln sind geschmückt mit dem Siegel dessen, der den Morgen dämmern läßt, der Seine Stimme erhebt zwischen Himmel und Erde." (¶117)

Bahá'u'lláh hat mehrfach die absolute Unverfälschtheit Seiner Schrift als Wort Gottes bekräftigt. Manchen Seiner Tafeln ist eines Seiner Siegel aufgedrückt. The Bahá'í World, Bd.V p.4 zeigt eine Photographie einiger Siegel Bahá'u'lláhs.

144

"Dem Menschen ist Verstand gegeben. Darum nehme er nichts zu sich, was ihn dessen beraubt" (¶119)

In der Schrift gibt es zahlreiche Textstellen, die den Genuß von Wein und anderen berauschenden Getränken verbieten und die gesundheitsschädlichen Wirkungen solcher Rauschmittel auf den Menschen beschreiben. In einer Tafel erklärt Bahá'u'lláh: "Hütet euch, daß ihr den Wein Gottes nicht gegen euren Wein vertauscht, denn er wird euch den Verstand verzehren und eure Gesichter vom Antlitz Gottes, des Allherrlichen, des Unvergleichlichen, des Unerreichbaren, abwenden. Nahet ihm nicht, denn er ist euch durch den Befehl Gottes, des Erhabenen, des Allmächtigen, verboten."

Abdu'l-Bahá erläutert, daß der Aqdas "sowohl leichte wie starke Getränke" verbietet, und nennt als Grund für das Verbot alkoholischer Getränke, daß "Alkohol den Geist in die Irre führt und den Leib schwächt".

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief führt Shoghi Effendi aus, daß dieses Verbot nicht nur den Weingenuß umfaßt, sondern "alles, was den Verstand verwirrt". Er stellt klar, daß der Genuß von Alkohol nur erlaubt ist im Rahmen einer Heilbehandlung "nach dem Rat eines kompetenten, gewissenhaften Arztes, der ihn zur Heilung einer bestimmten Krankheit vielleicht verschreiben muß".

145

"wendet euer Angesicht Ihm zu, den Gott bestimmt hat, der aus dieser urewigen Wurzel entsproß" (¶121)

Hier verweist Bahá'u'lláh auf Abdu'l-Bahá als Seinen Nachfolger und ruft die Gläubigen auf, sich Ihm zuzuwenden. Im Kitáb-i-Ahd, dem Buch des Bundes, Seinem Testament, enthüllt Bahá'u'lláh den Sinn dieses Verses: "Mit diesem heiligen Vers ist kein anderer gemeint als der Mächtigste Zweig." `Der Mächtigste Zweig` ist einer der Titel, die Baháu'llah Abdu'l-Bahá verliehen hat (siehe auch Erläuterungen 66 und Erläuterungen 184).

146

"Im Bayán wurde euch verboten, Uns Fragen zu stellen." (¶126)

Der Báb untersagte Seinen Anhängern, `Dem, Den Gott offenbaren wird` (Bahá'u'lláh), Fragen zu stellen, es sei denn, diese Fragen würden schriftlich unterbreitet und bezögen sich auf Gegenstände, die Seiner erhabenen Stufe würdig sind. Bahá'u'lláh hebt dieses Verbot des Báb auf. Er lädt die Gläubigen ein, Fragen zu stellen, die ihnen "nötig erscheinen", warnt sie aber vor "müßigen Fragen", wie sie die Gedanken der "Menschen früherer Zeiten" beschäftigten.

147

"Die Zahl der Monate eines Jahres, festgelegt im Buche Gottes, ist neunzehn." (¶127)

Entsprechend dem Badí-Kalender besteht das Bahá'í-Jahr aus neunzehn Monaten zu je neunzehn Tagen; zur Anpassung an das Sonnenjahr kommen zwischen dem achtzehnten und dem neunzehnten Monat Schalttage (in normalen Jahren vier, in Schaltjahren fünf) hinzu. Der Báb benannte die Monate nach Eigenschaften Gottes. Naw-Rúz, das Bahá'í-Neujahr, ist astronomisch fixiert und fällt auf die Tagundnachtgleiche im März (siehe Erläuterungen 26). Die Namen der Monate und der Wochentage sowie weitere Einzelheiten finden sich in The Bahá'í World Bd.XX Haifa 1998.

148

"Der erste von ihnen ward geschmückt mit diesem Namen, der die Welt der Schöpfung beschirmt." (¶127)

Im Persischen Bayán verlieh der Báb dem ersten Monat des Jahres den Namen "Bahá" (siehe Erläuterungen 139)

150

"der Punkt des Bayán" (¶129)

Der "Punkt des Bayán" ist einer der Titel, mit dem der Báb sich selbst bezeichnete.

151

"daß der Verstorbene in fünf Tücher aus Seide oder Baumwolle gehüllt werde" (¶130)

Im Bayán bestimmte der Báb, daß der Leichnam in fünf Tücher aus Seide oder Baumwolle zu hüllen sei. Bahá'u'lláh bestätigt diese Bestimmung und fügt hinzu: "Wer über begrenzte Mittel verfügt, für den genügt ein einziges Tuch aus einem der beiden Stoffe." Auf die Frage, ob mit den "fünf Tüchern" `fünf Leichentücher von voller Länge` oder `fünf Tücher, wie sie seither gebräuchlich waren`, gemeint sind, antwortete Bahá'u'lláh, daß "die Verwendung von fünf Tüchern gemeint" ist (Fragen und Antworten 56). Zur Art und Weise, wie der Leichnam unter Verwendung von "fünf Tüchern" oder von nur "einem ... Tuch" eingehüllt werden soll, ist in der Schrift nichts enthalten. Gegenwärtig steht den Bahá'í frei, in dieser Sache nach ihrem Ermessen zu verfahren.

152

"Es ist euch verboten, den Leichnam mehr als eine Stunde Weges aus der Stadt zu bringen" (¶130)

Der Zweck dieses Verbots ist, die Zeitdauer des Leichentransports auf eine Stunde zu begrenzen, unabhängig vom Transportmittel für den Weg zur Begräbnisstätte. Bahá'u'lláh betont: "Je früher das Begräbnis stattfindet, desto angemessener und annehmbarer ist es." (Fragen und Antworten 16) Als Ort des Todes kann die gesamte Stadt oder Gemeinde, in der der Verstorbene verschied, aufgefaßt werden. Somit kann der einstündige Transport von der Stadtgrenze bis zur Begräbnisstätte gerechnet werden. Nach dem Geist des Gesetzes Bahá'u'lláhs soll der Verstorbene nahe dem Ort seines Todes begraben werden.

153

"Gott hebt die im Bayán verfügten Reisebeschränkungen auf" (¶131)

Der Báb verfügte für Reisen gewisse Beschränkungen, die bis zum Kommen des im Bayán Verheißenen gelten sollten. Nach dessen Erscheinen waren die Gläubigen gehalten, sich - nötigenfalls zu Fuß - aufzumachen, um Ihm zu begegnen, war es doch der Zweck und die Frucht ihres Daseins, in Seine Gegenwart zu gelangen.

154

"Erhöht und lobpreiset die beiden Häuser an den geheiligten Zwilhngsorten sowie die anderen Orte, an denen der Thron eures Herrn ... aufgestellt war" (¶133)

Bahá'u'lláh bestimmt als die "beiden Häuser" Sein Haus in Baghdád, das Er "das Größte Haus" nennt, und das Haus des Báb in Shíráz. Beide Häuser hat Er zu Pilgerstätten bestimmt (siehe Fragen und Antworten 29 und Fragen und Antworten 32 sowie Erläuterungen 54). Wie Shoghi Effendi darlegt, handelt es sich bei den "anderen Orten, an denen der Thron eures Herrn ... aufgestellt war", um Gebäude, in denen die Manifestation Gottes wohnte. Bahá'u'lláh sagt, daß "die Bewohner der dortigen Gegend" entscheiden mögen, "ob sie eines oder alle Häuser", in denen Er wohnte, "vor dem Verfall bewahren" wollen (Fragen und Antworten 32). Die Bahá'í-Institutionen haben zahlreiche Liegenschaften, die zu den beiden Manifestationen Gottes in Beziehung stehen, identifiziert, dokumentiert sowie nach Möglichkeit erworben und restauriert.

155

"Habt acht, daß nichts, was im Buch verzeichnet war, euch hindere, auf dieses Lebendige Buch zu hören" (¶134)

Das "Buch" ist die Aufzeichnung des offenbarten Wortes der Manifestation Gottes. Das "Lebendige Buch" bezieht sich auf die Person der Manifestation. Dies ist ein Hinweis auf eine Äußerung des Báb im Persischen Bayán. Er bezeichnet dort Ihn, den Gott offenbaren wird, als "das Lebendige Buch". In einer Tafel erklärt Bahá'u'lláh selbst: "Das Buch Gottes ist in der Gestalt dieses Jünglings herab gesandt."

Bahá'u'lláh bezeichnet sich im hier behandelten Vers und abermals in Vers 168 als das "Lebendige Buch". Er warnt die Gläubigen "aller Religionen" davor, "aus ihren heiligen Büchern Gründe zusammenzusuchen", um damit das Wort des "Lebendigen Buches" zu widerlegen. Desgleichen ermahnt Er das Volk, es solle sich nicht durch das, was im "Buch" verzeichnet ist, davon abhalten lassen, Seine Stufe zu erkennen und sich fest an das zu klammern, was in dieser neuen Offenbarung enthüllt wurde.

156

"... jene Worte ... die zum Preise dieser Offenbarung aus der Feder Meines Herolds strömten" (¶135)

Der Lobpreis, den Bahá'u'lláh hier anführt, stammt aus dem Arabischen Bayán.

157

"Die Qibla ist fürwahr Er, den Gott offenbaren wird. Wohin Er sich begibt, dahin folgt sie, bis Er Seine letzte Ruhe findet." (¶137)

Zur ausführlichen Behandlung dieses Verses siehe Erläuterungen 7 und Erläuterungen 8.

158

"Es ist nicht erlaubt, jemanden zu ehelichen, der nicht an den Bayán glaubt. Nimmt nur ein Ehepartner diesen Glauben an, so hat der andere keinen Anspruch auf dessen Habe ..." (¶139)

Die hier von Bahá'u'lláh angeführte Stelle des Bayán lenkt die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf das unmittelbar bevorstehende Kommen "dessen, den Gott offrnbaren wird". Das Verbot der Eheschließung mit einer Person, die nicht Bábí ist, samt der Vorschrift, daß das Eigentum eines gläubig gewordenen Ehepartners nicht rechtmäßig an den Nicht-Babí-Partner übergehen könne, hatte der Báb ausdrücklich in der Schwebe gehalten. Baháu'lláh hob diese Gesetze auf, ehe sie in Kraft waren, und weist, indem Er sie zitiert, auf die vom Báb eindeutig vorausgeschaute Möglichkeit hin, daß Seine Sache früher als die des Báb zu Ansehen gelangt.

Wie Shoghi Effendi in seinem Werk Gott geht vorüber ausführt, sollte der Bayán "eher als eine Lobpreisung des Verheißenen denn als Kanon von Gesetzen und Geboten zur ständigen Führung künftiger Geschlechter angesehen werden". "Betont streng in seinen Vorschriften und Statuten", so fährt er fort, "umwälzend in seinen Grundsätzen, die dazu bestimmt waren, die Geistlichkeit und das Volk aus einer jahrhundertelangen Erstarrung und Dumpfheit aufzurütteln und veralteten, korrupten Institutionen einen unerwarteten, vernichtenden Schlag zu versetzen, kündet es mit seinen drastischen Bestimmungen das Kommen des verheißenen Tages, da der `Rufer zu harter Arbeit rufen wird`, da Er `alles zerstören wird, was je vor Ihm war, wie der Gesandte Gottes die Sitten derer zerstörte, die vor Ihm waren`" (siehe auch Erläuterungen 109).

159

"der Punkt des Bayán" (¶140)

Ein Titel des Báb

160

"Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir ..." (¶143)

In der Schrift finden sich viele Texte, welche das Wesen der Manifestation und ihre Beziehung zu Gott erläutern. Bahá'u'lláh betont das einzigartige, transzendente Wesen der Gottheit: "Da es kein Band unmittelbaren Verkehrs geben kann, das den einen, wahren Gott an Seine Schöpfung bindet", bestimmt Gott, "daß in jedem Zeitalter und in jeder Sendung eine reine, unbefleckte Seele in den Reichen von Erde und Himmel offenbar werde." Dieses "geheimnisvolle, himmlische Wesen", die Manifestation Gottes, hat eine menschliche Natur, die der "Welt des Stoffes" zugehört, und eine geistige Natur, die "aus Gottes eigener Substanz geboren ist". Er hat Ihm ferner eine "doppelte Stufe" verliehen: "Die erste Stufe, die sich auf Seine innerste Wirklichkeit bezieht, verkörpert Ihn als den, dessen Stimme die Stimme Gottes selbst ist ... Die zweite Stufe ist die menschliche Stufe, erläutert durch die Verse: `Ich bin nur ein Mensch wie ihr.`¹ `Sprich: Preis sei meinem Herrn! Bin ich mehr als ein Mensch, ein Apostel?`²"

¹ vgl. Qur'an 18/11

² vgl. Qur'an 17/94

Bahá'u'lláh versichert auch, daß im Reich des Geistes eine "wesenhafte Einheit" zwischen allen Manifestationen Gottes bestehe. Sie alle enthüllen "Gottes Schönheit", offenbaren Seine Namen und Attribute und verkünden Sein Wort: "Sollte eine der allumfassenden Manifestationen Gottes erklären: `Ich bin Gott!`, so spräche sie gewißlich die Wahrheit, und es gäbe daran keinen Zweifel. Denn wiederholt wurde dargetan, daß durch ihre Offenbarung, ihre Eigenschaften und Namen die Offenbarung Gottes, Seine Namen und Seine Attribute in der Welt offenkundig gemacht sind."

Wenn auch die Manifestationen die Namen und Attribute Gottes offenbaren und der Menschheit den Zugang zur Erkenntnis Gottes eröffnen, dürfen sie jedoch nach Shoghi Effendi "niemals ... mit jener unsichtbaren Wirklichkeit, mit dem Wesen der Gottheit selbst gleichgesetzt werden". Über Bahá'u'lláh schreibt der Hüter, daß der "zum Träger einer derart überwältigenden Offenbarung erkorene menschliche Tempel" niemals mit der "Wirklichkeit" Gottes gleichgesetzt werden darf.

Zur Einzigartigkeit der Stufe Bahá'u'lláhs und zur Größe Seiner Offenbarung versichert Shoghi Effendi, Bahá'u'lláhs Kommen habe die Prophezeiungen in den heiligen Schriften der früheren Religionen über den "Tag Gottes" erfüllt: "Für Israel war Er nicht weniger als die Verkörperung des `ewigen Vaters`, des `Herrn der Heerscharen`, herniedergekommen `mit zehntausend Heiligen`, für die Christenheit Christus, wiedergekommen `in der Herrlichkeit des Vaters`, für den schiitischen Islam die Wiederkehr des Imám Husayn, für den sunnitischen Islam die `Herabkunft des Geistes Gottes` (Jesus Christus), für die Anhänger Zarathustras der verheißene Sháh-Bahrám, für die Hindus die Verkörperung Krischnas, für die Buddhisten der fünfte Buddha."

Bahá'u'lláh beschreibt die Stufe der "Göttlichkeit", die Er mit allen Manifestationen Gottes teilt, als "... die Stufe, auf der das Selbst stirbt und man in Gott lebt. Wo immer ich von Göttlichkeit spreche, bedeutet dies meine gänzliche, vollständige Selbstauslöschung. Auf dieser Stufe habe ich keine Gewalt mehr über mein eigenes Wohl und Wehe, noch über mein Leben oder meine Auferstehung."

Und über Seine Beziehung zu Gott bezeugt Er: "Wenn ich, o Gott, über das Verhältnis nachsinne, das mich mit Dir verbindet ... so fühle ich mich bewogen, allen erschaffenen Dingen zu verkünden: `Wahrlich, Ich bin Gott!`; und wenn ich mein eigenes Selbst betrachte, siehe, so finde ich, daß es geringer ist als der Staub."

161

"die Zahlung der Zakát" (¶146)

Mit Zakát bezeichnet der Qur'án ein regelmäßiges, für Muslime verpflichtendes Almosen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich dieses Konzept zu einer Almosensteuer, die, ab einem bestimmten Betrag, zur Abgabe eines Anteils aus bestimmten Einkommensarten als Hilfe für die Armen, für wohltätige Zwecke und zur Unterstützung des Glaubens verpflichtete. Die Mindesterträge waren für verschiedene Vermögenswerte unterschiedlich, ebenso der auf die Bemessungsgrundlage anzuwendende Prozentsatz.

Wie Bahá'u'lláh erklärt, folgt das Bahá'í-Gesetz der Zakát "dem ... was im Qur'án offenbart ist" (Fragen und Antworten 107). Da Einzelheiten wie die Freigrenzen, die steuerpflichtigen Einkommensarten, die Zahlungstermine und die Prozenttabellen für die verschiedenen Arten von Zakát im Qur'án nicht geregelt sind, werden diese Fragen in der Zukunft vom Universalen Haus der Gerechtigkeit zu regeln sein. Shoghi Effendi erklärte, bis zu einer solchen Gesetzgebung sollten die Gläubigen nach ihren Mitteln und Möglichkeiten regelmäßige Beiträge zum Bahá'í-Fonds leisten.

162

"Betteln ist verboten, und es ist verboten, dem Bettler zu geben." (¶147)

In einem Brief erläutert Abdu'l-Bahá die Bedeutung dieses Verses: "Betteln ist verboten, und es ist ebenfalls verboten, denen Almosen zu geben, die das Betteln zu ihrem Beruf machen." Im selben Brief heißt es: "Das Ziel ist, die Bettelei völlig zu beseitigen. So jemand nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wenn er in Armut geraten oder hilflos ist, obliegt es den Reichen und den Bevollmächtigten, ihm monatliche Unterhaltsleistungen zu gewähren ... Mit `Bevollmächtigten` sind die Repräsentanten des Volkes gemeint, das heißt die Mitglieder des Hauses der Gerechtigkeit." Das Verbot, Bettlern Almosen zu geben, hindert den einzelnen und Geistige Räte nicht, Arme und Bedürftige finanziell zu unterstützen oder ihnen die Möglichkeit zu geben, sich Fertigkeiten zum selbständigen Erwerb ihres Lebensunterhalts anzueignen (siehe Erläuterungen 56).

163

"Eine Geldstrafe ... ward ehedem ... für den bestimmt, der einem anderen Kummer bereitet hat." (¶148)

Bahá'u'lláh hebt das Gesetz des Persischen Bayán auf, das zur Zahlung einer Geldstrafe verpflichtete, wenn man einem anderen Kummer bereitet hat.

164

"der geheiligte Lotosbaum" (¶148)

Der `geheiligte Lotosbaum` bezieht sich auf den Sidratu'l-Muntahá, den "Baum, über den hinaus keiner gehen kann" (siehe Erläuterungen 128). Hier wird er symbolisch auf Bahá'u'lláh bezogen.

165

"Sprecht die Verse Gottes jeden Morgen und jeden Abend." (¶149)

Bahá'u'lláh erklärt, das erste "Erfordernis" für die Rezitation der "Verse Gottes" sei "die liebevolle Hingabe" der Gläubigen, "das Wort Gottes zu lesen" (Fragen und Antworten 68). Zur Definition der `Verse Gottes` sagt Bahá'u'lláh, daß sich dies auf "alles bezieht, was aus dem Himmel göttlicher Rede herabgesandt ward". Shoghi Effendi stellt in einem Brief an die Gläubigen des Ostens klar, daß der Begriff `Verse Gottes` Abdu'l-Bahás Schriften nicht einschließt und daß dies auch für seine eigenen Schriften gilt.

166

"Es ward euch geboten, die Möbel eurer Wohnung alle neunzehn Jahre zu erneuern." (¶151)

Bahá'u'lláh bestätigt das Gebot des Arabischen Bayán zur Erneuerung der Wohnungseinrichtung alle neunzehn Jahre, sofern man dazu in der Lage ist. Nach Abdu'l-Bahá dient dieses Gebot der Förderung von Reinheit und Sauberkeit. Er sagt, der Sinn dieses Gesetzes sei, daß man Möbelstücke auswechselt, die alt geworden sind, ihren Glanz verloren haben und abstoßend wirken. Das Gesetz bezieht sich nicht auf Wertgegenstände, Antiquitäten oder Schmuck.

167

"Wascht euch die Füße" (¶152)

Die Gläubigen werden im Kitáb-i-Aqdas ermahnt, regelmäßig zu baden, saubere Kleidung zu tragen und ganz allgemein der Inbegriff der Sauberkeit und der Feinheit zu sein. Die `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt W.D.3.y.1.- VII. faßt die einschlägigen Bestimmungen zusammen. Zum Waschen der Füße erklärt Bahá'u'lláh, warmes Wasser sei dafür vorzuziehen, Waschen in kaltem Wasser ist jedoch gleichfalls erlaubt (Fragen und Antworten 97)

168

"Der Gebrauch von Kanzeln ist euch verboten. Wer euch die Verse seines Herrn vortragen will, der sitze auf einem Stuhl auferhöhtem Platz" (¶154)

Diese Vorschrift findet sich schon im Persischen Bayán. Der Báb verbot den Gebrauch von Kanzeln für Ansprachen und für Lesungen des heiligen Textes. Statt dessen solle man für den Sprecher einen Stuhl auf ein Podium stellen, so daß alle das Wort Gottes deutlich vernehmen können.

In Kommentaren zu diesem Gesetz machten Abdu'l-Bahá und Shoghi Effendi klar, daß im Mashriqu'l-Adhkár (wo Predigten verboten sind und nur die Verse der heiligen Schriften gelesen werden) der Sprecher stehen oder sitzen kann und daß, so es zum besseren Verstehen erforderlich sein sollte, man eine niedrige bewegliche Plattform verwenden könne, daß aber eine Kanzel nicht erlaubt sei. Bei Versammlungen außerhalb des Mashriqu'l-Adhkár kann der Rezitierende oder Sprecher ebenfalls sitzen, stehen oder ein Podium benutzen. In einem Brief, in dem Er abermals auf das Kanzelverbot eingeht, betont Abdu'l-Bahá, die Bahá'í sollten Ansprachen im Geiste tiefster Demut und Selbstverleugnung halten.

169

"Glücksspiel" (¶155)

Was unter dieses Verbot fällt, ist im Schrifttum Bahá'u'lláhs nicht näher dargestellt. Sowohl Abdu'l-Bahá als auch Shoghi Effendi weisen darauf hin, daß es dem Universalen Haus der Gerechtigkeit obliegt, die Details zu diesem Verbot festzulegen. Auf Fragen, ob Lotterien, Pferdewetten, Fußballtoto sowie Bingo und dergleichen unter das Glücksspielverbot fallen, erklärte das Universale Haus der Gerechtigkeit, daß diese Einzelheiten erst in der Zukunft erwogen werden. Bis dahin wird den Räten und den Gläubigen empfohlen, von diesen Dingen kein Aufhebens zu machen und sie dem Gewissen des einzelnen zu überlassen. Das Haus der Gerechtigkeit hat bestimmt, daß Geldmittel für den Glauben nicht durch Lotterien, Tombolas und Glücksspiele aufgebracht werden dürfen.

170

"Opium ... Hütet euch vor allen Stoffen, die den Tempel des Menschen stumpf und träge machen" (¶155)

Dieses Verbot des Opiumkonsums wiederholt Bahá'u'lláh im letzten Vers des Kitáb-i-Aqdas. In diesem Zusammenhang sagte Shoghi Effendi, Voraussetzung für ein "reines, heiliges Leben" sei die "völlige Abstinenz ... von Opium und ähnlichen Drogen, die zur Abhängigkeit führen". Heroin, Haschisch und andere Hanfderivate wie Marihuana, aber auch halluzinogene Rauschmittel wie LSD, Peyote und ähnliche Stoffe fallen unter dieses Verbot. Abdu'l-Bahá schreibt:

"Was ... Opium betrifft: Es ist abscheulich und verflucht, und Gott möge uns vor Seiner Strafe für den, der es nimmt, beschützen! Der Text des Heiligsten Buches verbietet es ausdrücklich und verurteilt seinen Genuß in höchstem Maße. Die Vernunft sieht im Opiumrauchen eine Wahnsinnstat, und die Erfahrung zeigt, daß der Opiumraucher alles verliert, was die Stufe des Menschen ausmacht. Möge Gott alle vor einem so abscheulichen Tun beschützen, welches die Grundlage des Menschseins zerstört und den Süchtigen für Zeit und Ewigkeit zugrunde

richtet. Opium ergreift Besitz von der Seele des Menschen, so daß sein Gewissen stirbt, sein Verstand erlischt und seine Wahrnehmungskraft schwindet. Es tötet das Leben und löscht die natürliche Wärme. Schlimmeres Leid als das, was Opium anrichtet, kann man sich nicht vorstellen. Wohl denen, die nicht einmal das Wort über die Lippen bringen. Bedenkt somit, wie erbärmlich derjenige ist, der es zu sich nimmt!"

"O ihr, die ihr Gott liebt! Gewalt, Zwang, Repression und Unterdrückung sind in diesem Zeitalter Gottes, des Allmächtigen, allesamt verurteilt. Doch alle diese Mittel sind angebracht, um den Opiumkonsum zu verhindern und die Menschheit von dieser verheerenden Plage zu erlösen. Ansonsten gilt: Wehe und Elend einem jeden, der seine Pflicht vor seinem Herrn versäumt!"

In einem Brief schreibt Abdu'l Bahá zum Opium: "Die Konsumenten, die Käufer und die Verkäufer sind allesamt der Gnade und Güte Gottes beraubt", und in einem anderen Brief:

"Du hast darauf hingewiesen, daß manche Perser sich an den Genuß von Haschisch gewöhnt haben. Gnädiger Gott! Dies ist ein verheerendes Rauschmittel, und sein Verbot ist ausdrücklich offenbart. Sein Genuß führt zum Zerfall des Verstands und zur völligen Stumpfheit der Seele. Wie kann ein Mensch die Frucht des Höllenbaumes begehren und durch ihren Genuß so weit kommen, daß er die Eigenschaften eines Monstrums annimmt? Wie kann man nur diese verbotene Droge genießen und sich dadurch selbst der Segnungen des Allbarmherzigen berauben! Alkohol verzehrt den Verstand und läßt den Menschen sinnlose Taten begehen, doch Opium, diese faule Frucht des Höllenbaums, und das elende Haschisch lassen den Verstand verlöschen, den Geist erstarren, die Seele versteinern, den Leib verkümmern und den Menschen empfindungslos zuschanden werden."

Es sei angemerkt, daß das Verbot bestimmter Drogen ihre Anwendung dann nicht ausschließt, wenn ein kompetenter Arzt sie im Rahmen seiner Behandlung verordnet.

171

"das `Geheimnis der Großen Umkehr im Zeichen des Souveräns`" (¶157)

Nach der Prophezeiung von Shayk Ahmad-i-Ahsá'í (1753-1831), dem Begründer der Shaykhí-Schule, der ersten der "beiden Leuchten, die den Beginn des Bábí-Glaubens ankündigten", werden mit dem Kommen des Verheißenen alle Dinge umgekehrt: Die Letzten werden die Ersten und die Ersten die Letzten sein. Baháu'lláh behandelt in einer Tafel "das Sinnbild und den Hinweis" auf das "Geheimnis der Großen Umkehr im Zeichen des Souveräns". "Durch diese Umkehr", erklärt Er, "hat Er bewirkt, daß das Hohe erniedrigt und das Niedrige erhöht werde." Er erinnert daran, wie "in den Tagen Jesu jene, die für ihre Gelehrsamkeit berühmt waren, die Gebildeten und Schriftgelehrten, Ihn verleugneten, während einfache Fischer sich eilten, Einlaß in das Reich Gottes zu erlan-gen" (siehe auch Erläuterungen 172). Weitere Informationen über Shaykh Ahmad-i-Ahsá'í finden sich in Nabíls Bericht, Kapitel 1 und 10.

172

"die `Sechs ... die kraft dieses `aufrechten Alíf` erhoben ist" (¶157)

In seinen Schriften hob Shaykh Ahmad-i-Ahsá'í den arabischen Buchstaben "Váv" besonders hervor. Wie Nabíl in seinem Bericht darlegt, war dieser Buchstabe "dem Báb ein Sinnbild für den Eintritt in einen neuen Zyklus göttlicher Offenbarung." Bahá'u'lláh hat später im Kitáb-i-Aqdas mit den Wendungen `Geheimnis der Großen Umkehr` und `Zeichen des Souveräns` darauf verwiesen.

Der Name des Buchstabens "Váv" besteht seinerseits aus drei Buchstaben: Váv, Alif und Váv. Nach der Abjad-Rechnung ist der Zahlenwert dieser Buchstaben 6, 1 und 6. In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief an einen Gläubigen im Orient gibt Shoghi Effendi eine Erklärung zu diesem Aqdas-Vers. Danach bezieht sich das "aufrechte Alif" auf das Kommen des Báb. Der erste Buchstabe mit dem Wert sechs, der dem Alif voransteht, versinnbildlicht die dem Báb vorangegangenen Offenbarungen, während der dritte Buchstabe, gleichfalls mit dem Wert sechs, für Bahá'u'lláhs höchste Manifestation, offenbart nach dem Alif, steht.

173

"Es ist euch verboten, Waffen zu tragen, außer wenn dies nötig ist" (¶159)

Bahá'u'lláh bestätigt eine Bestimmung des Bayán, die das Tragen von Waffen verbietet, sofern dies nicht notwendig ist. Was die Umstände angeht, unter denen das Waffentragen für eine Einzelperson `nötig` ist, so gestattet Abdu'l-Bahá dies zum Selbstschutz in gefährlicher Umgebung. Auch Shoghi Effendi sagt in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief, daß ein Bahá'í notfalls, wenn die Staatsgewalt nicht präsent ist, das Recht hat, sein Leben zu verteidigen. Es gibt auch andere Situationen, in denen Waffen vonnöten sind und eingesetzt werden dürfen, etwa in Gebieten, wo die Menschen für ihre Nahrung und Kleidung auf die Jagd gehen, oder bei Sportarten wie Bogenschießen, beim Schießsport und beim Fechten.

Im Bereich der Gesellschaft geht das Prinzip kollektiver Sicherheit, wie es Bahá'u'lláh verkündet (vgl. Ährenlese 117) und Shoghi Effendi ausgeführt hat (vgl. Die Weltordnung Bahá'u'lláhs), keineswegs davon aus, daß die Anwendung von Gewalt abgeschafft wird. Vielmehr führt dieses Prinzip zu einem "System, in dem die Gewalt zur Dienerin der Gerechtigkeit gemacht" und die Existenz einer internationalen Friedensstreitmacht vorgesehen ist, welche die "organische Einheit des ganzen Gemeinwesens sichert". In der Tafel "Bishárát" gibt Bahá'u'lláh der Hoffnung Ausdruck, "daß die Träger der Macht Gottes ... auf der ganzen Welt Kriegswaffen in Werkzeuge des Aufbaus verwandeln und Kampf und Streit aus der Menschen Mitte verbannen". In der gleichen Tafel betont Bahá'u'lláh die Bedeutung der Freundschaft mit den Gläubigen aller Religionen, wo Er erklärt, daß "das Gesetz des heiligen Krieges aus dem Buche getilgt ist".

174

"und es ist euch erlaubt, euch in Seide zu kleiden" (¶159)

Nach islamischem Recht ist es dem Mann generell verboten, Seide zu tragen, außer zur Zeit des heiligen Krieges. Dieses Verbot, das nicht auf dem Qur'án fußt, hat der Báb aufgehoben.

175

"hat euch der Herr von den Beschränkungen befreit, die vormals für Kleidung und den Schnitt des Bartes galten" (¶159)

Viele Regeln zur Kleidung hatten ihren Ursprung in den Gesetzen und den überlieferten Ordnungen und Bräuchen der Religionen. Zum Beispiel legte sich die schiitische Geistlichkeit eine besondere Art von Kopfbedeckung und Gewandung zu. Zeitweise verbot sie den Menschen, europäische Kleidung zu tragen. In dem Bestreben, der Gepflogenheit des Propheten zu folgen, führte die muslimische Praxis auch eine Reihe von Beschränkungen zum Schnitt und zur Länge des Bartes ein.

Bahá'u'lláh beseitigte diese Beschränkungen bei der Kleidung und der Barttracht. Er überläßt solche Dinge dem "Ermessen" des einzelnen und fordert die Gläubigen gleichzeitig auf, die Grenzen des Schicklichen nicht zu überschreiten und in allem, was die Kleidung betrifft, das rechte Maß zu halten.

176

"O Land von Káf und Rá!" (¶164)

Káf und Rá sind die beiden ersten Konsonanten von Kirmán, einer Stadt und Provinz in Iran.

177

"Wir ... nehmen wahr, was still und heimlich aus dir hervorgeht." (¶164)

Diese Stelle bezieht sich auf die Machenschaften einer Gruppe von Azalí, Anhängern Mirza Yahyas (siehe Erläuterungen 190), in der Stadt Kirmán. Zu ihnen gehörten Mulla Ja'far, sein Sohn Shaykh Ahmad-i-Ruhi und Mirza Aqa Khan-i-Kirmani (beides Schwiegersöhne Mirza Yahyas), ferner Mirza Ahmad-i-Kirmani. Sie suchten nicht nur den Glauben zu untergraben, sondern beteiligten sich auch an politischen Intrigen, die im Meuchelmord an Násiri'd-Dín Sháh gipfelten.

178

"Ruft euch den Shaykh in Erinnerung, Muhammad-Hasan" (¶166)

Shaykh Muhammad-Hasan, ein führender Vertreter des schiitischen Islam, verwarf den Báb. Er war der Verfasser umfangreicher Werke über das schiitische Recht und soll um 1850 gestorben sein.

Nabfís Bericht schildert die Begegnung in Najaf zwischen Mullá Alíy-i-Bastámí, einem der Buchstaben des Lebendigen, und Shaykh Muhammad-Hasan. Bei diesem Treffen verkündete Mullá Alí, daß der Báb sich offenbart hatte, und pries die Macht Seiner Offenbarung. Auf Initiative des Scheichs wurde Mullá Alí sofort zum Ketzer erklärt und aus der Versammlung ausgestoßen. Er wurde vor Gericht gestellt, zur Zwangsarbeit verurteilt und nach Istanbul überstellt.

179

"ein Weizensieber" (¶166)

Dies ist ein Hinweis auf Mullá Muhammad Ja'far Gan-dum-Pák-Kun, der in Isfahán als erster den Glauben des Báb annahm. Er wird im Persischen Bayán erwähnt und gepriesen als einer, der "das Gewand der Jüngerschaft anlegte". Nabíls Bericht schildert, wie der "Weizensieber" die Botschaft rückhaltlos annahm und voll Eifer für die neue Offenbarung eintrat. Er schloß sich den Verteidigern

der Festung Shaykh Tabarsí an und kam während der Belagerung ums Leben.

180

"Habt acht, daß das Wort `Prophet` euch nicht von dieser Größten Verkündigung abhalte" (¶167)

Bahá'u'lláh warnt die "Einsichtigen", sich durch ihre Schriftinterpretationen nicht von der Anerkennung der Manifestation Gottes abhalten zu lassen. In allen Religionen neigen die Gläubigen aus Treue gegenüber dem Stifter dazu, in Seiner Offenbarung das letztgültige Wort Gottes zu sehen und die Möglichkeit weiterer Propheten auszuschließen. Dies war so im Judentum, im Christentum und im Islam. Bahá'u'lláh verwirft dieses Konzept der Endgültigkeit der Offenbarung sowohl bei den Offenbarungsreligionen der Vergangenheit als auch bei Seiner eigenen. Über die Muslime schreibt Er im Kitáb-i-Iqán, daß "das Volk des Qur'án ... sich durch das Wort `Siegel der Propheten` die Augen verschleiern", "den Blick trüben ließ und sich dadurch der Gnade all Seiner mannigfachen Gaben beraubte". Er bestätigt, daß "diese Worte ... eine schmerzliche Prüfung für die ganze Menschheit" sind, und beklagt das Schicksal jener, die "an diesen Worten kleben und nicht an Ihn glauben, der ihr wahrer Offenbarer ist". Der Báb äußert sich zum selben Thema, wenn Er warnt: "Laßt euch nicht durch Namen wie durch einen Schleier trennen von Ihm, dem Herrn aller Namen, nicht einmal durch den Namen Prophet, denn auch dieser ist nur ein Geschöpf Seines Wortes."

181

"oder der Begriff `Statthalterschaft` euch aussperre von der ... Souveränität dessen, der Gottes Statthalter ist" (¶167)

Das hier mit `Statthalterschaft` übersetzte Wort heißt im arabischen Ursprungstext "viláya". Der Begriff hat eine weitgespannte Bedeutung, unter anderem " Statthalterschaft", "Hütertum", " Schutzherrschaft" und "Nachfolge". Es wird für Gott selbst, Seine Manifestation oder die ernannten Nachfolger einer Manifestation Gottes verwendet. In dem Aqdas-Vers warnt Bahá'u'lláh davor, durch solche Begriffe gegenüber der "Souveränität" der neuen göttlichen Manifestation, des wahren "Statthalters Gottes", blind zu sein.

182

"Ruft euch Karim ins Gedächtnis" (¶170)

Haji Mirza Muhammad Karim Khan-i-Kirmani (1810 bis etwa 1873) war der selbsternannte Führer der Shaykhi-Gemeinde nach dem Tod von Siyyid Kázim, den Shaykh Ahmad-i-Ahsá'í (siehe Erläuterungen 171 und Erläuterungen 172) zu seinem Nachfolger ernannt hatte. Er widmete sich der Verbreitung der Lehre des Shaykh Ahmad, doch seine Ansichten führten zu Kontroversen sowohl unter seiner Anhängerschaft als auch unter seinen Gegnern.

Im Rufe stehend, einer der führenden Gelehrten und produktivsten Schriftsteller seiner Zeit zu sein, verfaßte er zahlreiche Bücher und Episteln zu verschiedenen damals gepflegten Wissenszweigen. Er bekämpfte aktiv den Báb und Bahá'u'lláh und griff in seinen Abhandlungen den Báb und dessen Lehre an. Im Kitáb-i-Iqán verurteilt Bahá'u'lláh Ton und Inhalt seiner Schriften. Dabei bezieht Er sich besonders auf ein Werk mit negativen Anspielungen auf den Báb. Shoghi Effendi nennt ihn "ungewöhnlich ehrgeizig und heuchlerisch" und beschreibt, wie er "auf ausdrückliches Ersuchen des Sháh den neuen Glauben und seine Lehre in einer Abhandlung bösartig angriff".

183

"O ihr Gelehrten in Bahá" (¶173)

Bahá'u'lláh preist die Gelehrten unter Seinen Gläubigen. In Seinem Buch des Bundes verkündet Er: "Selig sind die Herrschenden und die Gelehrten im Volke Bahás." Auf diese Aussage Bezug nehmend, schreibt Shoghi Effendi:

"In diesem heiligen Zyklus zählen zu den `Gelehrten` auf der einen Seite die Hände der Sache Gottes und auf der anderen die Lehrer und Verbreiter Seiner Lehre, die nicht zu den Händen zählen, jedoch eine herausragende Stellung in der Lehrverkündigung haben. Was die `Herrscher` betrifft, so sind dies die Mitglieder der örtlichen, nationalen und internationalen Häuser der Gerechtigkeit. Die Pflichten dieser Personengruppen werden in der Zukunft festgelegt werden."

Die "Hände der Sache Gottes" wurden von Bahá'u'lláh ernannt und mit verschiedenen Aufgaben, insbesondere mit dem Schutz und der Verbreitung des Glaubens, beauftragt. In Seinem Werk `Vorbilder der Treue` bezeichnet Abdu'l-Bahá andere herausragende Gläubige als "Hände der Sache Gottes". Sein Testament enthält eine Bestimmung, wonach der Hüter des Glaubens nach eigenem Ermessen "Hände der Sache Gottes" ernennen kann. Shoghi Effendi erhob zunächst eine Reihe von Gläubigen nach ihrem Tod in diesen Rang. In seinen letzten Lebensjahren ernannte er insgesamt 32 Gläubige aus allen Kontinenten. Zwischen dem Hinscheiden Shoghi Effendis 1957 und der Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit 1963 leiteten die "Hände der Sache Gottes" in ihrer Eigenschaft als "Hauptsachwalter" der keimenden Weltordnung Bahá'u'lláhs die Geschicke des Glaubens (siehe Erläuterungen 67). Im November 1964 entschied das Universale Haus der Gerechtigkeit, daß die weitere Ernennung von "Händen der Sache Gottes" auch nicht im Wege der Gesetzgebung ermöglicht werden könne. Darum hat es durch Beschluß vom Jahr 1968 die Aufgaben dieser Institution, den Schutz und die Verbreitung des Glaubens, den hierfür eigens geschaffenen Kontinentalen Beraterämtern und dem 1973 errichteten Internationalen Lehrzentrum mit Sitz im Heiligen Land übertragen.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit ernennt die Berater, die dem Internationalen Lehrzentrum angehören, sowie die kontinentalen Berater. Die Mitglieder des Hilfsamtes werden von den kontinentalen Beratern ernannt. Alle diese Personen fallen unter die Begriffsbestimmung "Gelehrte", wie sie Shoghi Effendi in der oben angeführten Erklärung gibt.

184

"legt alles, was ihr im Buche nicht versteht, Ihm vor, der diesem mächtigen Stamm entsproß" (¶174)

Baha'u'lláh überträgt Abdu'l-Bahá das Recht der Interpretation Seiner Schrift (siehe auch Erläuterungen 145).

185

"Schule hocherhabener Einheit" (¶175)

In diesem Vers und dem unmittelbar folgenden tritt Bahá'u'lláh einem der Gründe entgegen, mit denen einige Bábí Seinen Anspruch zurückwiesen, der Verheißene des Bayán zu sein. Sie begründeten ihre Ablehnung mit einem Sendbrief, den der Báb an "Ihn, den Gott offenbaren wird", gerichtet hatte. Auf die Rückseite hatte der Báb geschrieben: "Möge der Blick dessen, den Gott offenbaren wird, diesen Sendbrief in der ersten Schule erleuchten." Dieser Sendbrief ist in `Der Bab. Eine Auswahl aus Seinen Schriften` veröffentlicht. Diese Bábí behaupteten, da Bahá'u'lláh zwei Jahre älter sei als der Báb, sei es Ihm unmöglich gewesen, den Sendbrief "in der ersten Schule" entgegenzunehmen. Bahá'u'lláh erklärt hier, der Hinweis gelte Ereignissen, die sich in den geistigen Welten jenseits unserer Seinsebene ereigneten.

186

"Wir nahmen die Verse Gottes ... entgegen, als Er sie Uns gab" (¶175)

In Seinem Sendbrief an "Ihn, den Gott offenbaren wird", bezeichnet der Báb den Bayán als Sein Geschenk an Bahá'u'lláh. Vgl. `Der Bab. Eine Auswahl aus Seinen Schriften.`

187

"O Volk des Bayán!" (¶176)

Dies bezieht sich auf die Anhänger des Báb.

189

"ehe die Buchstaben `Sei!` verbunden und verknüpft wurden" (¶181)

Die Befehlsform "Sei!" ist im arabischen Original das Wort "kun", das aus den beiden Buchstaben "káf" und "nún" besteht. Sie sind von Shoghi Effendi im Englischen mit "BE" übersetzt worden. Im Qur'án wird dieses Wort als Gottes Befehl verwendet, der die Schöpfung ins Dasein ruft.

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erläutert Shoghi Effendi die Bedeutung dieser Buchstaben. Sie bilden das Wort "Sei!", das "die schöpferische Macht Gottes ausdrückt, der durch Seinen Befehl alle Dinge ins Dasein ruft", sowie "die Macht der Manifestation Gottes, Seine große geistige Schöpferkraft".

190

"dieser neuen Weltordnung" (¶184)

Im Persischen Bayán erklärt der Báb: "Wohl dem, der seinen Blick auf die Ordnung Baháu'lláhs lenkt und seinem Herrn dankt! Denn Er wird sicherlich offenbar werden. Gott hat es wahrlich unwiderruflich im Bayán verfügt." Nach Shoghi Effendi ist diese "Ordnung" identisch mit dem System, das Bahá'u'lláh im Aqdas ins Auge faßt. Dort bezeugt Er den umwälzenden Einfluß dieses Systems auf das Leben der Menschheit und offenbart die Gesetze und Grundsätze, die dieses System steuern.

Die Wesenszüge der "neuen Weltordnung" sind im Schrifttum Bahá'u'lláhs und Abdu'l-Bahás sowie den Briefen Shoghi Effendis und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit beschrieben. Die Institutionen der heutigen Gemeindeordnung der Bahá'í bilden die "strukturelle Grundlage" der Weltordnung Bahá'u'lláhs. Sie werden heranreifen und sich zum Bahá'í-Weltgemeinwesen entwickeln. In dieser Hinsicht versichert Shoghi Effendi, wird die Gemeindeordnung, "sobald ihre Elemente, ihre organischen Institutionen, mit Kraft und Effizienz zu arbeiten beginnen, ihren Anspruch und ihre Eignung unter Beweis stellen, nicht nur der Keim, sondern das Modell der neuen Weltordnung zu sein, dazu bestimmt, zur festgesetzten Zeit die ganze Menschheit zu umfassen".

Zu weiteren Informationen über die Entwicklung dieser neuen Weltordnung siehe die in `Die Weltordnung Baha'u'lláhs` veröffentlichten Briefe Shoghi Effendis.

191

"O du Quell der Verirrung!" (¶184)

Dies bezieht sich auf Mirza Yahya, genannt Subh-i-Azal (Morgen der Ewigkeit), einen jüngeren Halbbruder Bahá'u'lláhs, der sich gegen Ihn erhob und gegen Seine Sache opponierte. Mirza Yahya wurde vom Báb nominell als Führer der Bábí-Gemeinde bis zur kurz bevorstehenden Manifestation des Verheißenen bestellt. Auf Anstiftung des Sayyid Muhammad-i-Isfahani (siehe Erläuterungen 192) mißbrauchte Mirza Yahya das Vertrauen des Báb, behauptete, dessen Nachfolger zu sein, und schmiedete Ränke gegen Bahá'u'lláh, ja versuchte sogar, Ihn zu ermorden. Als Bahá'u'lláh in Adrianopel ihm gegenüber Seinen Anspruch in aller Form erhob, ging Mirza Yahya so weit, daß er selbst beanspruchte, Empfänger einer unabhängigen Offenbarung zu sein. Sein usurpatorischer Anspruch wurde schließlich von allen zurückgewiesen, einige wenige ausgenommen, die "Azali" genannt werden (siehe Erläuterungen 177). Mirza Yahya wird von Shoghi Effendi "Erzbrecher des Bundes des Báb" genannt (siehe Gott geht vorüber, Kapitel 10).

192

"erinnere dich, wie Wir dich bei Tag und bei Nacht für den Dienst an der Sache Gottes erzogen" (¶184)

In seinem Werk Gott geht vorüber verweist Shoghi Effendi auf die Tatsache, daß Bahá'u'lláh, der dreizehn Jahre älter war als Sein Halbbruder, Mirza Yahya in dessen Jugend beraten und geleitet hatte.

193

"Gott hat den ergriffen, der dich in die Irre geführt." (¶189)

Dies bezieht sich auf Sayyid Muhammad-i-Isfahani, den Shoghi Effendi als den "Antichrist der Bahá'í-Offenbarung" beschreibt, einen Mann von verderbtem Charakter und großem persönlichem Ehrgeiz. Er verführte Mirza Yahya dazu, sich gegen Bahá'u'lláh zu erheben und die Stufe der Prophetenschaft für sich selbst zu beanspruchen (siehe Erläuterungen 190). Obwohl Gefolgsmann des Mirza Yahya, wurde Sayyid Muhammad mit Bahá'u'lláh nach Akka verbannt, wo er fortfuhr, gegen Bahá'u'lláh zu hetzen und Ränke zu schmieden. Die Umstände seines Todes beschreibt Shoghi Effendi in seinem Werk Gott geht vorüber wie folgt:

"Eine neue Gefahr bedrohte nun offensichtlich Bahá'u'lláhs Leben. Er hatte Seinem Gefolge bei verschiedenen Gelegenheiten, schriftlich und mündlich, entschieden jede Vergeltung gegenüber seinen Peinigern untersagt. Einen verantwortungslosen arabischen Konvertiten hatte Er sogar nach Beirut zurückgeschickt, weil dieser daran gedacht hatte, das an seinem geliebten Führer verübte Unrecht zu rächen. Gleichwohl spürten sieben seiner Gefährten drei ihrer Verfolger auf und erschlugen sie, unter ihnen waren Sayyid Muhammad und Aqa Jan. Die Bestürzung der ohnehin schwer bedrängten Gemeinde war unbeschreiblich. Bahá'u'lláhs Empörung kannte keine Grenzen. In einer kurz nach dieser Tat offenbarten Tafel beschreibt Er Seine Gefühle wie folgt: `Wollten Wir davon sprechen, was über Uns gekommen ist, so müßten die Himmel zerbersten und die Berge einstürzen.` Und bei einer anderen Gelegenheit schreibt Er: `Meine Gefangenschaft bereitet Mir keine Pein, was Mich schmerzt, ist das Verhalten derer, die Mich lieben, die den Anspruch erheben, Mir zuzugehören, und doch begehen, was Mein Herz und Meine Feder weinen läßt.`"

194

"Wählt eine einzige Sprache ... und führt ... eine gemeinsame Schrift ein." (¶189)

Bahá'u'lláh gebietet die Einführung einer Weltsprache und einer Weltschrift. Er sieht zwei Stufen dieses Prozesses vor: zuerst die Auswahl einer bestehenden oder künstlich geschaffenen Sprache, die dann an allen Schulen der Welt als Hilfssprache neben der Muttersprache zu lehren ist. Die Staaten der Welt sind aufgerufen, durch ihre Parlamente dieses bedeutsame Gesetz zu erlassen. Die zweite Stufe in fernerer Zukunft ist die Einführung einer einzigen Sprache und Schrift für alle Erdenbewohner.

195

"Zwei Zeichen haben Wir bestimmt für die Mündigkeit des Menschengeschlechts" (¶189)

Das erste Zeichen für die Mündigkeit der Menschheit ist im Schrifttum Baháu'lláhs das Entstehen einer Wissenschaft, die, als "göttliche Philosophie" bezeichnet, auch zur Entdeckung eines grundlegenden Zugangs zur Umwandlung der Elemente führen wird - ein Hinweis auf eine glanzvolle, verblüffende, künftige Erweiterung menschlicher Erkenntnis.

Zum "zweiten" Zeichen, von dem Baha'u'lláh sagt, daß es im Kitáb-i-Aqdas offenbart sei, erklärt Shoghi Effendi, Bahá'u'lláh habe "in Seinem Heiligsten Buch die Auswahl einer einzigen Sprache und die Einführung einer gemeinsamen Schrift für alle, die auf Erden wohnen, verfügt - ein Befehl, dessen Ausführung, wie Er selbst in Seinem Buch versichert, ein Zeichen für die `Mündigkeit des Menschengeschlechts` ist".

Weitere Einsicht in den Prozeß des Mündigwerdens der Menschheit und der Weiterentwicklung zur Mündigkeit bietet die folgende Erklärung Baháu'lláhs:

"Eines der Reifezeichen der Welt ist, daß es niemand mehr auf sich nehmen will, die Last der Königswürde zu tragen. Das Königtum wird niemanden finden, der gewillt wäre, seine Last allein zu tragen. Jener Tag wird der Tag sein, an dem die Weisheit unter den Menschen offenbar sein wird."

Shoghi Effendi hat das Mündigwerden der Menschheit mit der Verwirklichung ihrer Einheit, der Errichtung eines Weltgemeinwesens verknüpft, die ein noch nie dagewesenes Stimulans sein wird für "das intellektuelle, moralische und geistige Leben des ganzen Menschengeschlechts".

Windows / Mac